Macabros 010: Duell mit den Höllengeistern
Carminia über den
dicken Teppich, so daß ihre Schritte nicht zu hören waren.
Am Körper trug sie nur ein mit schwarzen Spitzen besetztes
orangefarbenes Neglige, das mehr preisgab, als es verdecken
sollte.
Mit jedem Schritt, jedem Wort, das über ihre Lippen kam,
verriet Carminia ihr brasilianisches Temperament.
Sie bewegte sich flink und grazil wie eine Gazelle. An ihrem
wohlproportionierten Körper gab es kein Gramm Fett.
Sie schimpfte. Auf deutsch und in ihrer Heimatsprache.
Ein Außenstehender, der diese merkwürdige
Auseinandersetzung gehört hätte, würde sich gefragt
haben, was diese beiden Menschen eigentlich veranlaßte, unter
einem Dach zu leben.
Wie ein Wasserfall sprudelten die Worte über ihre Lippen.
Björn verstand zwar etwas portugiesisch, aber der Großteil
dessen, was sie so sagte, ging ihm verloren. Doch er konnte sich
zusammenreimen, um was es ging.
Carminia hatte die Angewohnheit, beim Staubsaugen lautstark das
Radio oder den Schallplattenspieler anzudrehen. Das alles wäre
weniger bedeutungsvoll gewesen, hätte sie nicht prompt dazu das
Gegenteil von dem gesungen, was gerade aus dem Lautsprecher kam.
Staubsauger lief, Platten spielten, Carminia sang… ein
größeres Durcheinander an Tönen konnte man selbst auf
einem Rummelplatz nicht finden. Sie schimpfte noch über die
ungerechte Behandlung, die ihr in diesem Haus zuteil würde, als
Hellmark wie ein Blitz aus dem Badezimmer kam.
Ehe die Brasilianerin es sich versah, wurde sie von den starken
Armen des Freundes umfangen und in die Höhe gehoben.
»Jetzt bist du ganz lieb und still, Hemdenmatz!« befahl
Björn.
Aber die Brasilianerin dachte nicht daran. Viel allerdings kam
nicht mehr über ihre Lippen. Hellmark verschloß ihren
verführerischen Mund mit einem Kuß.
Carminia Brado gab komische Laute von sich, riß ihre Arme
hoch und trommelte auf Hellmarks nackte Schultern.
»Mmhhmm, huummm, hmmm…«, tobte sie.
»Alle Klarheiten beseitigt, Schoko!« stellte Björn
fest, als er endlich seine Lippen von den ihren löste. »Und
jetzt sind wir wieder ganz fröhlich. Wir trinken gemeinsam
unseren Kaffee, und dann mach ich mich auf die Socken. Du hast dann
den ganzen Vormittag für dich, da kannst du Staubsaugen und
singen und Radio hören, solange es dir Spaß macht.«
Er wirbelte sie durch die Luft und stellte sie auf die Beine. Sie sah
ihn aus großen Augen an. Dann mußten beide lachen.
*
Eine halbe Stunde später verließ er das Haus.
Mit dem Lamborghini fuhr er aus der Doppelgarage. Dort blieb ein
zweiter Wagen, ein schneeweißes Sportcabriolet, das Carminia
oft fuhr.
Hellmark erreichte schon nach zwanzig Minuten den verabredeten
Treffpunkt.
Das Experiment sollte in der Privatwohnung Walter Staußings
stattfinden.
Es war halb neun Uhr morgens.
Die Luft war trüb, über dem Genfer See wogten
Nebelschleier. Ein kühler Wind ging.
Staußing wohnte in einem älteren Miethaus mit hohen
Fenstern.
Die Vorhänge waren nicht zurückgezogen, als Björn
in die Wohnung eingelassen wurde.
Staußing selbst öffnete.
»Willkommen in meinem Haus, Herr Hellmark. Ich freue mich,
daß Sie gekommen sind.«
»Sind die Herren schon da?« erkundigte sich Hellmark,
während er in der geräumigen Diele ablegte.
Dunkle, geschnitzte Möbel und kostbare Ölgemälde
zeugten von Vermögen und Geschmack.
Staußing war achtundfünfzig Jahre alt. Sein Haar war
fast weiß, so daß er älter wirkte, als er eigentlich
war.
Der hervorragend ausgestatteten Bibliothek schloß sich ein
kleines, fensterloses Studierzimmer an.
Darin war alles vorbereitet.
In der Mitte des Raumes stand eine hochbeinige Liege, die mehr
einem Tisch ähnlich sah.
Um den Tisch herum, in einem angemessenen Abstand, drei einfache
Eichenholzstühle.
Zwei Männer standen in dem Studierzimmer. Ein Japaner und ein
Franzose.
Björn bekam die Herren vorgestellt. Es handelte sich um Dr.
Jushiro Negutse aus Tokio und Dr. Pierre Barlon aus Paris.
Beide waren jünger als Staußing.
Hellmark wurde begrüßt, und aufmerksam registrierte er
die erste Neugierde.
Im Studierzimmer brannten eine Deckenleuchte und die
Schreibtischlampe in der Ecke.
Staußing verschloß die Verbindungstür. Sie
hielten sich nun zu viert in dem etwa zwanzig Quadratmeter
großen Raum auf.
Negutse und Barlon vergewisserten sich, daß die Tür
auch wirklich verschlossen war.
Der Schlüssel zur Tür wurde nun in einer Lade des
Schreibtisches verschlossen.
Das Experiment war durchgesprochen. Björn
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