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Macabros 040: Tal der tausend Foltern

Macabros 040: Tal der tausend Foltern

Titel: Macabros 040: Tal der tausend Foltern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Shocker
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Hand abgeschirmt, führte Brown eine Taschenlampe mit.
Der breitgefächerte Strahl beleuchtete den steinernen Boden und
ließ die Schatten der nächtlichen Besucher in dem alten
Gebäude zu gespenstischen Schemen werden, die groß und
bizarr mit ihnen an Decke und Wänden mitwanderten.
    Sie passierten zwei Hallen. Die Statuen schienen unter dem
schwankenden Licht zu geisterhaftem Leben zu erwachen.
    Hohl hallten die Schritte der vier Männer in den endlos
wirkenden Sälen wider.
    Es ging in den Keller hinunter.
    Sie kamen an mehreren massiven Türen vorüber, die
verschlossen waren. Der Gang machte endlich einen scharfen Knick
– und endete vor einer Tür die weit offen stand. Hier unten
roch es modrig und feucht. Die vergitterten Fenster wurden niemals
geöffnet.
    Der Kellerraum, in den Lee Brown sie führte, enthielt
zahlreiche ungeöffnete Kisten, die bis zur Decke aufgestapelt
waren. Dies war ein Teil der ägyptischen Sammlung, welche der
Öffentlichkeit noch nicht zugänglich gemacht worden
war.
    Die von Brown zu so ungewöhnlicher Stunde eingeladenen
Freunde sahen an der ihnen gegenüberliegenden Kellerwand einen
aufrechtstehenden Mumiensarg in Menschengestalt. Die Farben des
Sarges waren erstaunlich frisch. Er war größer als alle
anderen, die die Wissenschaftler jemals gesehen hatten.
    »Was ist das?« fragte Sean O’Hanon interessiert.
»Eine Nachbildung?«
    »Ein Original«, sagte Lee Brown.
    »Unmöglich«, warf Spencer Loredge ein. »Allein
die Größe ist so auffallend, daß man sofort an eine
Fälschung denkt. Er ist zu hoch und auch viel zu
breit.«
    »Richtig«, sagte Brown ungerührt. »Es ist auch
kein gewöhnlicher Sarkophag. Er ist nie dafür geschaffen
worden, eine Mumie aufzunehmen…«
    »Das kann ich mir denken«, nickte Spencer Loredge
eifrig. Er war zweiundfünfzig, wirkte aber jünger.
»Das Ding ist ein Studentenpulk. Vielleicht hat es sich einer
auch gebaut, um die Konstruktion eines Sarkophags zu studieren.
Vielleicht wollte er sich eines Tages darin begraben
lassen.«
    Lee Brown fühlte die Blicke der Freunde auf sich
gerichtet.
    Er wußte, was in ihren Köpfen vorging. Sie hielten ihn
für verrückt. Was sollten sie auch von einem Mann halten,
der vor vierzehn Monaten spurlos aus London verschwunden war und der
nun in der Nacht wieder auftauchte und so tat, als wäre er
überhaupt nicht fortgewesen?
    Er hielt es ja nicht einmal für notwendig, mit einem
klärenden Wort auf diese ungewöhnliche Situation
einzugehen.
    »Auch die Farbe… sie ist viel zu frisch«,
unterstützte Walter Gruyter seinen Kollegen Loredge. »Das
sieht ein Laie, daß das Ding kopiert ist.«
    »Meint ihr?« Brown blickte sich in der Runde um.
»Was würdet ihr wohl sagen, wenn ich euch sage, daß
dieser Sarkophag runde viertausend Jahre alt ist?«
    Sie sagten überhaupt nichts. Sie lächelten nur
mitleidig. In diesen Sekunden dachten sie alle das gleiche: es
wäre besser gewesen, sie hätten nach dem Anruf Browns
sofort die Polizei verständigt. Aber Lee hatte ihnen das
Versprechen abgenommen, nichts zu unternehmen. Und sie hatten ihm ihr
Wort gegeben.
    Lee Brown war krank. Er hatte das Gefühl für die
Realitäten verloren. Allem Anschein nach war er monatelang durch
das Land geirrt und niemand wurde auf ihn aufmerksam. Das klang zwar
unwahrscheinlich, doch in der heutigen Zeit, wo sich jeder selbst der
Nächste war, kam das nicht so selten vor, wie man glauben
mochte. Wer redete schon einen an, der durch die Straßen lief
und niemand belästigte?
    Durch einen Zufall war er nach London zurückgekommen und
hatte das British Museum aufgesucht, zu dem er Schlüssel
besaß.
    »Wie bist du an den Sarkophag herangekommen?« wollte
Walter Gruyter wissen. Er betastete den guterhaltenen Gegenstand,
fuhr mit dem Finger über die glatten, leuchtenden Farben.
    »Die erste vernünftige Frage«, stellte Lee Brown
zufrieden fest. »Eines Tages meldete sich in meinem Hotel ein
Mann, der mir seinen Namen nicht nannte. Er wußte, daß
ich mich für das Grabmal des Somschedd interessierte. Er wollte
mir einen Hinweis geben, wenn ich ihm verspräche, über
unsere Begegnung zu schweigen. Er interessierte sich ebenfalls
für das Leben Somschedds. Er gab sich als Privatgelehrter aus.
Er zeigte mir einen von Steinen und Wüstensand verdeckten
Stollen. Gemeinsam mit diesem Ägypter habe ich die Grabkammer
Somschedds gefunden. Unter dem Sarkophag, in dem er zur Strafe lebend
beigesetzt worden war, befand sich ein geheimer Raum, in dem

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