Macabros 046: Blutsiegel des Molochos
hierher, Mister Cassner – und von wo
kommen Sie? Wo haben Sie sich in den letzten acht Tagen
aufgehalten?«
»Zwei seltsame Fragen. Ich komme von zu Hause, Mister
Morgan.«
»Seit wann sind Sie zu Hause?«
Cassner dachte nach, kam aber nicht gleich darauf.
»Was soll eigentlich die Fragerei, Mister Morgan?«
»Es ist unverschämt, ich weiß. Aber ich habe das
Gefühl, daß Sie mir behilflich sein könnten, ein paar
wichtige Dinge zu klären, die während der letzten acht Tage
passiert sind…«
Dazu hatte Cassner keine Zeit. Seine Maschine stand startbereit.
»Ich muß leider gehen. Auf dem Mars wird eine neue
Siedlung eingeweiht, und ich soll eine Rede halten. Joan wird hier
zurückbleiben. Wenn sie Ihnen vielleicht Ihre
Fragen…«
Joan Cassner – auch das war so ein Punkt in seinen
Überlegungen…
»Trinken wir zu Hause eine Tasse Kaffee, Mister Morgan«,
lud Joan ihn ein und nickte auch Frankie Lane zu, der inzwischen aus
dem Turbowagen gekommen war.
Morgan nickte. »Einverstanden. Ich muß da nur noch
schnell etwas mit Oberst Mechinko absprechen. Entschuldigen Sie mich
für einen Moment!«
Morgan verschwand im Wagen. Über das eingebaute Funkvisiophon
nahm er Kontakt zu Mechinko auf und sprach drei Minuten eingehend und
sehr ernst mit ihm.
Dann kehrte er zurück. »Wir können unsern Dienst
später antreten, Frankie. Ich habe soeben um einen Tag
Sonderurlaub für uns nachgesucht…«
*
Gemeinsam mit Joan Cassner fuhren sie zurück in die
Stadt.
Als sie am Bungalow der Cassners ankamen, wurde Morgan noch
nachdenklicher. Die Umgebung und die Lage der Zimmer kam ihm vertraut
vor.
Er ließ sich den Blauen Salon und das Arbeitszimmer zeigen.
Chas Morgan gab seinem Begleiter zu verstehen, Joan Cassner unter
irgendeinem Vorwand in ein Gespräch zu ziehen, damit er für
einige Minuten in einem Zimmer allein sein konnte, um etwas
nachzuprüfen.
Die Gelegenheit bot sich.
Morgan hielt sich in Cassners Arbeitszimmer auf.
Den Schreibtisch, die Form und Farbe der Lampen, die hohen Regale,
die Tür zum Garten hinaus, das Bild des Millionärs…
das alles hätte er auf Anhieb mit geschlossenen Augen
beschreiben können.
Er war schon mal hier gewesen, daran gab es für ihn jetzt
nicht mehr den geringsten Zweifel.
Sein Hirn arbeitete auf Hochtouren…
Er wußte, wo der Safe sich befand. Wieso wußte er
das?
Auf der Fensterbank stieß er durch Zufall auf einen Zettel,
den jemand achtlos dahin geworfen hatte. Daten und Namen standen
darauf.
In gestochen scharfer Schrift stand dort unter anderen auch –
Frankie Lanes Name!
»Anruf von Mr. Lane – 25. 5. 16 Uhr. Anruf von Mister
Lane – 27.5. 14 Uhr, 27. 5. 20 Uhr…«
Frankie hatte am häufigsten hier angerufen. Insgesamt
fünfzehnmal in der vergangenen Woche.
»Tom – Tragk – die Zeitmaschine – die Kugel
des Vergessens – die dreiäugige Sonne«, murmelte
Morgan im Selbstgespräch. Da war es wieder! Die Ahnung –
wurde zur Gewißheit.
Tom hielt es für ausgeschlossen, daß auch nur einer
unter den Agierenden sein könnte, der sich wieder
erinnerte… Und doch war es so! Stück für Stück
gewann Chas Morgan sein Erinnerungsvermögen zurück.
Aus den dunklen Abgründen seines Unterbewußtseins
stiegen die Dinge auf wie Lichtpunkte, die nach und nach alles
aufhellten.
Er war offenbar der einzige, bei dem es nicht gelungen war, das
Gedächtnis vollständig lahmzulegen!
*
Chas Morgan und Frankie Lane blieben nur, um eine einzige Tasse
Kaffee zu trinken: Morgan hatte es mit einem Mal sehr eilig, wieder
wegzukommen.
Chas fuhr danach nicht nach Hause, sondern zum Revier, in dem die
Mordkommission untergebracht war.
Ihm war jetzt alles klar, und er fragte sich, weshalb bei den
anderen die Gedächtnislücke perfekt war, bei ihm aber nicht
funktionierte. Hing das damit zusammen, daß er die
»Gebundenen« fand, daß er »Toms« Spiel
durchschaute und vor allem sich die Zusammenhänge selbst
erarbeitete?
Captain Beverly war der Sachbearbeiter eines Falles. Ob er sich
erinnerte?
Morgan hatte einen guten Vorwand, sich mit Beverly in Verbindung
zu setzen. Der ungeklärte Fall der Minerallagerplünderung
auf dem Mond war immer noch aktuell.
Da Chas Morgan einer der Beteiligten war, konnte er verlangen,
Einblick in die bisher angelegten Akten zu nehmen.
Sie wurden in einem elektronisch gesicherten Safe aufbewahrt wie
viele andere Dinge, die Top secret waren und für die die
Ermittlungen noch liefen.
Morgan blätterte scheinbar
Weitere Kostenlose Bücher