Macabros 091: Die Pestreiter
übereinander und bildeten unter
sich einen Hohlraum. In dem lag Pepe.
Sie zogen ihn vorsichtig heraus und trugen ihn in das kleine
friedliche Hüttendorf zurück.
Am liebsten hätte Carminia sofort Björn
verständigt. Aber es war sinnlos, sich auf die Suche nach ihm zu
begeben. Den genauen Aktionsort kannte sie nicht.
Pepe brauchte als erstes ihre Hilfe.
Die beiden Frauen versorgten mit den vorhandenen Mitteln die
Wunde, so gut es ging. Aber damit allein war es nicht getan. Die
Hinterkopfverletzung sah böse aus, und Pepe war noch immer nicht
zu sich gekommen.
Da verließ Carminia die Insel auf die Weise, zu der jeder
imstande war, der sich längere Zeit auf Marlos aufhielt.
Sie konzentrierte sich auf den Punkt, den sie erreichen wollte und
die Teleportation ereignete sich praktisch von allein.
Carminia Brado versetzte sich in das Treppenhaus der Praxis des
Arztes Dr. Henry Mills.
Auf normalem Weg durch die Tür betrat sie dann die
eigentlichen Praxisräume und meldete sich am Empfang. In einem
verglasten Raum saßen zwei junge, ausgesprochen hübsche
Sprechstundenhilfen. Die eine war groß und dunkelhaarig,
schlank und gerade gewachsen, die andere einen Kopf kleiner,
dunkelblond und sehr charmant.
»Ich muß Dr. Mills sprechen. Es ist dringend! Es
handelt sich um einen Unfall.« Carminia Brado sprach ganz
mechanisch.
Das Wort Unfall allein reichte, um die Dinge in Gang zu
bringen.
Die Blonde nahm den Hörer ab, bat Carminia Brado um ihren
Namen und machte Dr. Mills Mitteilung.
Der Arzt kam umgehend.
»Ist etwas mit Jim?« fragte er, als er der schönen
Brasilianerin gegenüberstand. Mills hatte vor einigen Tagen den
jungen Guuf behandelt. Doch Jims Schlafkrankheit war durch eine
geistige Kraft ausgelöst worden, nicht durch eine
körperliche Störung.
»Nein, das mit dem Unfall hat seine Richtigkeit, Doc…
Pepe ist schwerverletzt. Er ist unter stürzende Bäume
geraten.«
Carminia und Mills gingen Seite an Seite aus der Praxis, der Arzt
zog die Tür hinter sich ins Schloß.
Im Treppenhaus waren sie unbeobachtet.
Carminia berührte Mills’ Hand. Eine Sekunde später
schon verschwanden die beiden Menschen wie ein Spuk. Daß ihre
Körper jedoch substantiell gewesen waren, erkannte man daran,
daß an der Stelle, an der sie sich eben noch befanden, fauchend
die Luft zusammenschlug.
Carminia materialisierte mit Doc Mills mitten in der Hütte,
in der der verbundene Pepe lag.
Henry Mills untersuchte den Jungen. Seine Miene wurde zusehends
ernster.
»Er kann nicht hier bleiben«, sagte er
schließlich. »Er hat sich eine böse Verletzung
zugezogen. Wir müssen ihn röntgen, dann kann ich mehr
sagen. Ich fürchte, wir werden jedoch um eine Operation nicht
herumkommen.«
Er behielt recht.
Im Hospital ›St. Helens‹, das nur wenige Minuten von
seiner Praxis entfernt lag und in dem er eine eigene Abteilung hatte,
fiel die Entscheidung, daß Pepe bleiben mußte.
Die Röntgenaufnahme hatte es an den Tag gebracht.
»Im Hirn hat sich ein Blutgerinnsel festgesetzt. Wir
müssen es operativ entfernen. Der Eingriff wird nicht leicht
sein, Miss Brado, ich muß ehrlich zu Ihnen sein. Die Chancen,
daß wir es schaffen, stehen fifty-fifty.«
*
Noch benommen von dieser Nachricht, kehrte Carminia auf die Insel
zurück.
Sie versetzte sich auf den höchsten Punkt des Erdhügels,
von dem aus der Blick über den fraglichen Palmenwald ging, in
dem das Unglück passiert war, das keiner von ihnen mitbekommen
hatte.
Im Hain befand sich eine regelrechte Bresche. Sie war kreisrund,
als wäre ein riesiger, kugeliger Körper an dieser Stelle zu
Boden gegangen.
Ein Meteorit? Ein UFO?
Nein, ein Einschlag oder Absturz solcher Art wäre mit
großer Geräuschentwicklung verbunden gewesen.
Da kam ihr eine andere Idee.
Diese kreisförmige Fläche – sie war groß
genug, um Arsons Zeitschiff aufzunehmen, mit dem der Mann mit der
Silberhaut vor Wochen von Marlos gestartet und bis zur Stunde nicht
zurückgekehrt war.
Arson hatte sich vorgenommen, in die Vergangenheit der Insel
Xantilon zurückzukehren und nach dem verschollenen ›Schwert
des Toten Gottes‹ zu suchen, das Björn abhanden gekommen
war. Apokalypta, die ›Ewige Unheilbringerin‹, die
kriegerische Dämonin, sah sich schon am Ziel ihrer Wünsche,
als sie Hellmark in eine Falle lockte und in die Vergangenheit
entführte. Durch Geschick und ein Quentchen Glück, ohne das
alles nicht zu schaffen gewesen wäre, hatte Hellmark sein Leben
retten können.
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