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Macabros 091: Die Pestreiter

Macabros 091: Die Pestreiter

Titel: Macabros 091: Die Pestreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Shocker
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wie möglich mit Jim zu beschäftigen, daß er
die grauenvollen Erlebnisse schnell wieder vergaß.
    Wenn ein heimlicher Beobachter die Art und Weise verfolgt
hätte, mit der sich die beiden Jungen behandelten, hätte er
geglaubt, daß mit beiden nicht gut Kirschen essen war,
daß einer den anderen nicht riechen konnte. Diese rauhen
Umgangsformen waren nicht mehr als ein Flachs. Einer wäre
für den anderen durchs Feuer gegangen.
    Die beiden so ungleichen Freunde einigten sich auf den Spaß.
Pepe lief los, und Jim begann wie von Sinnen zu zählen.
    Da blieb der schwarzgelockte Junge aus den Urwäldern
Yucatáns stehen, verdrehte die Augen und wandte sich um. Noch
ehe er zehn Schritte weit gelaufen war, hatte Jim bis
›fünfundzwanzig‹ gezählt.
    »So schaffe ich es nie!« maulte Pepe. »Ehe ich
hinter dem Hügel verschwunden bin, hast du bis hundert
gezählt und heftest dich an meine Fersen. Das ist
gemogelt.«
    »Das ist nicht gemogelt sondern nur schnell
gezählt«, stellte Jim die Sache klar.
    Pepe nickte. Sein Blick ging über Jim hinweg in die Ferne.
Der Strand war weitläufig, von seidenweichem weißem Sand
bedeckt, das Meer türkisfarben, und in den hohen Palmen bewegte
die frische Meeresbrise leise raschelnd die Blätter.
    Im Hintergrund waren die sauber gebauten Blockhütten zu
erkennen, in denen die Marlos-Bewohner lebten. Doch es waren schon
mehr Hütten entstanden als Menschen auf der Insel waren. Trotz
aller Versuche Hellmarks und seiner Freunde – unter ihnen Anka
Sörgensen, Tina Morena, Alan Kennan und Camilla Davies –
Gleichgesinnte zu finden, sich mit ihnen im Kampf gegen die mehr oder
weniger offene Dämonen-Invasion auf dieser Welt zu
verbünden, waren sie auf diesem Gebiet kaum einen Schritt
weitergekommen.
    Jenseits der Blockhütten, die nahe am Strand standen, machte
die Bucht eine sanfte Biegung. Dahinter hob sich mächtig ein
Felsmassiv in die Höhe, dessen Eingang aus diesem Blickwinkel
nicht zu sehen war. Es handelte sich um die Geisterhöhle, in der
Björn Hellmark sein spezielles Refugium hatte und seine
Trophäen aufbewahrte, die er im Kampf mit den Dämonen
errungen hatte.
    »Damit du nicht wieder auf die Idee kommst, allzu schnell zu
zählen und dich dann wie eine Dampflok in Bewegung zu setzen,
lasse ich dir einen kleinen Denkzettel zurück.«
    Es ging blitzschnell. Pepes Worte waren noch nicht verklungen, da
passierte es schon, und Jim bekam den ›Denkzettel‹ zu
spüren.
    Einer der untersten Zweige an der Palme, unter der der Guuf-Junge
stand, knackte.
    Pepe verfügte über die Gabe, alle möglichen
Gegenstände zu verbiegen, Knoten hineinzubringen, und so
bereitete es ihm auch keine Schwierigkeit, mit seinem Geist ein
Stück Holz zu beeinflussen, das direkt über Jims Kopf
hing.
    Der Zweig traf den Guuf, noch ehe der beide Hände
hochreißen und ihn auf die Seite schlagen konnte.
    »Und jetzt zählst du ganz langsam bis hundert«,
sagte der parapsychisch begabte Pepe. »Wenn du wieder so zu
rasseln beginnst, laß ich den ganzen Baum umkippen. Bis du dann
drübergeklettert bist, dürfte genug Zeit vergangen sein, um
mich vor dir in Sicherheit zu bringen.«
    »Was ich dir auch geraten haben möchte«, knurrte
Jim. »Ich eile hinter dir her wie ein Wiesel, und dann bringe
ich einen Teil von der Palme mit, damit versohle ich dir
etwas.«
    »Es ist ungeheuerlich!« plärrte plötzlich eine
helle Stimme aus der Höhle.
    Jim und Pepe warfen fast gleichzeitig den Kopf empor.
    »Der eine will den Baum zu Fall bringen, der andere ihn
auseinandernehmen wie einen alten Motor«, beschwerte sich nun
eine kraftvoll und böse klingende Stimme. Zwischen den
Blättern tauchte ein Gesicht auf, nicht größer als
der Kopf eines Vogels. Das war Whiss, ein Wesen, das etwa die
Größe eines Raben hatte, die Körperform eines
Menschen mit winzigen Armen, Händen und Beinen und zarten,
schmetterlingshaften Flügeln auf den Schultern. Der Kopf war ein
Mittelding zwischen Vogel und Schildkröte und wies stark
hervortretende Glupschaugen auf. »Weder das eine noch das andere
laß’ ich in dieser Phase zu, ihr Bengels.« Die Stimme
von Whiss wechselte abermals. Das war seine Stärke. Als
Stimmenimitator war er unschlagbar. Er konnte jede Sprache, jeden
Klang nachahmen, jeden Laut wie ein Tonbandgerät wiedergeben.
Jetzt redete er so, daß man Rani Mahay, den Koloß von
Bhutan, oben in der Krone vermutete. »Ich bitte mir
äußerste Ruhe aus, das ist sehr wichtig.« Er teilte
mit seinen kleinen Händen

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