Macabros 101: Sturz in das Chaos
beisammensein…«
Bolonophom, der diese Worte hörte, kriegte glänzende
Augen. »Du sprichst mir aus dem Herzen!« rief er,
während er mit einem Jubelschrei eine Fackel aus der Halterung
löste und umklammerte. »Du mußt wissen, daß ich
nicht nur Essen, Trinken und die Frauen liebe, sondern auch das
Abenteuer!«
»Das hab’ ich mir fast gedacht, Bolonophom. Solche
Wundertiere, die alles können, gibt’s ja immer wieder und
überall. Wir sollten herausfinden, was aus den Opfern wird, was
aus den Geköpften, welche Pläne die
›Wiederbringer‹ mit den Eingeborenen haben…«
»O ja!« Bolonophom schwenkte die Fackel. »Wir
werden es herausfinden…« Er deutete in die rotglühende
Ferne. »Dort, jenseits des Vorhangs, liegt das Geheimnis.
Laß’ uns die Männer verfolgen, um zu sehen, was aus
ihnen wird und wohin sie sich begeben. Ich muß über das
Schicksal derer, die mich begleiteten, Gewißheit
haben…«
»Und du hast keine Furcht?«
»Furcht, ich?« Er schüttelte heftig den Kopf.
»Wie käme ich dazu in der Begleitung eines unverwundbaren
Gottes…«
*
Sie hingen in einem Netz. Konnten nicht leben und nicht sterben.
Das Netz hielt sie von beidem ab…
Björn Hellmark und Carminia Brado sollten nichts mehr von
ihrer Existenz wissen. So wollte Molochos es. Seine Rechnung aber
ging nur in einem Fall auf. Bei Carminia Brado.
Bei Björn Hellmark hatte sich ein Teil der Psyche gelöst
und erfüllte Macabros. Auf unterster Ebene des
Unterbewußtseins kam es zu einer Kommunikation, von der er
nicht wußte, ob sie Wirklichkeit oder Traum war. Er war
außerstande, eine Unterscheidung zu treffen. Er war zu
schwach…
Ja, schlug ein Signal in unendlicher Ferne an. Ja, es kann –
nur ein Traum sein…
Ich träume von einem Land, in dem sich ein Mann bewegt, der
aussieht wie ich. Er nennt seinen Namen nicht. Aus einem
unerfindlichen Grund nennt ihn ein Fremder ›Gott‹… ein
Gott von den Sternen, ein Gott von einer anderen Welt…
Und ich sehe, wie der Fremde, der Henkers-Priester und der
Unverwundbare sich von der Stelle lösen, an der sie
zusammengetroffen sind… Sie gehen hinein in die rotglühende
Landschaft, in die Ungewißheit… die Stellen, wo die Frauen
als Opfer standen, sind sehr weit entfernt… das andere war
perspektivisch verzerrt herangetragen worden… Alle wandern
über einen Fluß… einen erstarrten Fluß, dessen
Oberfläche wie Glas ist. Aber darunter rumort es. Dort lebt
›Er‹, der Schlafende, der die Opfer und die Herrschaft
will…
Die sechs Priester bleiben zurück. Einer begleitet Bolonophom
und den Mann, der aussieht wie ich.
Dann sind sie in der Ebene vor den kegelförmigen Bergen. Dort
findet Bolonophom einen Llonoll, ein pantherartiges Tier zum Reiten
und Fliegen.
Ein Pfiff… der Llonoll reagiert sofort. Er ist – so
meint Bolonophom – möglicherweise nur eines von mehreren,
die ihren kopflosen Herren gefolgt sind und sie nun suchen… Er
schwingt sich auf den roten Ledersattel… schwingt die Fackel wie
ein Schwert. Das Henkersschwert aber steckt in seinem
Gürtel…
Ein seltsamer Traum… ich möchte aufwachen…
Kann nicht… muß weiterträumen.
Träumen?
Von einem Mann, der auf der Suche nach dem ›Singenden
Fahsaals‹ ist, der seine Legende schmieden muß, damit ich
am Leben bleiben kann! Die Einheit von Geist, Seele und Körper
kann wieder herbeigeführt werden, wenn es ihm gelingt, sich
einen Namen zu machen, wenn die Legende vom Toten Gott in aller Munde
ist, ehe durch das Schicksal, durch Schwäche oder
Unvermögen ein Bruch erfolgt und der Geist ausgelöscht
wird, der zu Björn Hellmark gehört und auch ein Teil seines
Doppelkörpers Macabros war.
In einer Sekunde konnte alles zu Ende sein, wenn Macabros’
Erscheinung nicht erhalten blieb. Unberechenbar war die Zeit, die ihm
zur Verfügung stand.
Und Macabros – gefangen in einer Welt, die 8734 Jahre vor dem
Untergang Xantilons Realität war – wußte daß
die Geschichte neu geschrieben wurde, daß die Legende des Toten
Gottes begonnen hatte – möglicherweise beim Volk der
eingeborenen Traphilen und in der Welt, die im Innern des riesigen
Götzen lag…
ENDE
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