Macabros 103: Nebel-Labyrinth des Tschonn
Dorfplatz, wo das schreckliche Ritual
stattgefunden hat.
Aber Bäume, Büsche und Sträucher waren nirgends zu
sehen.
Eine geheimnisvolle Kraft schien sie in dem Moment, als sie die
Grenze des Eingangs nach Krosh überschritten, an einen anderen
Ort versetzt zu haben.
Macabros packte Kophas am Arm. Der Priester drohte hinter einer
Nebelwand zu verschwinden. Genau das aber wollte Macabros
verhindern.
»Wir bleiben zusammen, Kophas, gleich, was auch geschehen
mag«, stieß er hervor. »Ich habe das Gefühl,
daß du mir doch nicht alles gesagt hast, was du weißt.
Das ist nicht sehr klug, wenn ich’s genau
betrachte…«
»Ich habe dir alles gesagt, was du wissen willst«,
beeilte Kophas sich zu sagen.
»Wieso sind wir im Nebel-Labyrinth? Ich dachte, es liegt an
einem fernen Ort? Bolonophom…« Er drehte sich in die
Richtung, in der er den Loark-Mann aus Varone zum letzten Mal an
Harry Carsons Seite wahrgenommen hatte. Die grauen, wabernden
Schleier, die ihn umgaben, nahmen an Dichte und Intensität
zu.
»He, Bolonophom? Kannst du mich hören?«
Er rief es laut.
»Ja!« klang es aus dem Nebel zurück. »Wo bist
du?«
»Hier!«
»Ich kann dich nicht sehen. Zum Teufel mit diesem Nebel! Er
hat doch hier in dieser Gegend überhaupt nichts zu
suchen…« Bolonophom fluchte mit markigen Worten.
»Bleibt dicht beisammen!« warnte Macabros den
Loark-Krieger. »Vielleicht ist das nur vorübergehend.
Bolonophom. – du hast mir erklärt, daß das
Nebel-Labyrinth des Tschonn weiter westlich, jenseits der Violetten
Berge läge. Wir sind noch davor... der Ort, von dem du
gesprochen hast, liegt weit von uns entfernt. Er soll dem Schutz
rätselhafter Einsiedler dienen, die angeblich etwas über
das ›Singende Fahsaals‹ wissen!«
»So ist es«, wurde ihm aus dem Nebel heraus
bestätigt. »Dieser Nebel ist eine Falle, eine
Abwehrmaßnahme.«
Macabros nickte unwillkürlich. Bolonophoms Worte deckten sich
mit seinen eigenen Überlegungen.
»Nein«, antwortete da Kophas an seiner Seite. Der
Priester war der einzige Mensch, den er noch einigermaßen
wahrnahm. »Es ist das Nebel-Labyrinth des
Tschonn…«
»Wenn du so sicher bist, Kophas, hat das seine
Gründe.«
Macabros ging keinen Schritt weiter. Instinktiv ahnte er,
daß das Weitergehen beabsichtigt war. Er mußte sich
beherrscht und überlegen geben. In Kophas’ Augen war er ein
›Gott‹. Und dem stand nicht an, daß er sich verwirrt
zeigte, und eine Schwäche preisgab. Er mußte Herr der
Situation bleiben.
»Das Nebel-Labyrinth ist ein Teil der Legende, die sich um
das ›Singende Fahsaals‹ rankt«, fuhr der Priester
fort. »Damit will man Interessenten davon abhalten, sich
wirklich auf den Weg zu machen. Das Nebel-Labyrinth ist Schutzwall
und Abwehr zugleich. Wir haben davon gesprochen. Im Innern des
Steinernen Götzen. Das allein ist Grund genug, daß das
Nebel-Labyrinth hier ist. Der Tschonn will nicht, daß wir zu
ihm kommen.«
»Wer oder was ist der Tschonn?«
»Niemand weiß es…«
»Ich habe einen Verdacht, Kophas«, sagte Macabros rauh.
Der Gedanke kam ihm ganz plötzlich, während er die
dünnen Fäden beobachtete, wie sie milchigweiß und
zuckend durch den Nebel stachen, als suchten sie etwas. Er nahm die
zahllosen Wege und Pfade wahr, die sich irgendwo in der grauen Tiefe
verloren. Die Landschaft, die sie umgab, hatte nichts mehr von der an
sich, die eigentlich vor dem Götzen lag. »Es muß mit
dem Götzen zusammenhängen…«
»Ich verstehe nicht, wie du das meinst.«
»Wir hatten uns etwas vorgenommen, sobald das Land Krosh
hinter uns läge…«
»Du wolltest den Steinernen Stein für Stein
abtragen.«
»Richtig. Um an den Grundstein zu kommen, den ihr von Etak
mitbrachtet… Du bist mir noch eine Erklärung schuldig,
Kophas. Wir haben dies nicht ausführlich genug besprochen, weil
ich erst andere Dinge abschließen wollte. Die Befreiung der
Opfer, die Rückkehr der Frauen… das alles scheint nun in
Frage gestellt. Aber ich gebe nicht so schnell auf, Kophas. Ich werde
nicht in dieses Nebel-Labyrinth gehen. Und auch ihr…«, rief
er so laut er konnte, »bleibt stehen, geht nicht weiter…
Bleibt, wo ihr seid. Es wäre das Verkehrteste, was ihr tun
könntet, wenn ihr versuchen wolltet, aus dem Labyrinth
herauszufinden! Genau das ist die Absicht dessen, der diese Situation
provoziert hat. Er will uns voneinander trennen… Bolonophom,
Harry… bleibt zusammen…«
Er versuchte mit seinen Blicken die graue Masse zu
durchdringen.
Er
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