Macabros 125: Das Zauber-Pergament
errungen hatte.
Die Geister-Höhle war ein besonderer Ort.
Geheimnisvoller Schein tauchte sie in geisterhaftes Zwielicht und
verstärkte dadurch noch den Eindruck des Ungewöhnlichen und
Einmaligen dieses Ortes.
Mittelpunkt der Höhle war eine pyramidenförmig sich nach
oben hin verjüngende Treppe, auf der in regelmäßigen
Abständen steinerne Throne standen. Auf jedem Thron saß
ein Skelett, in ein farbenprächtiges Gewand gehüllt.
Hierher hatten sich seinerzeit die Weisen und Priester des bedrohten
Urkontinents Xantilon zurückgezogen, als sie erkannten,
daß es für die Insel keine Rettung mehr gab. Sie nahmen
Kenntnisse mit in der Hoffnung, sie weitergeben zu können an den
Mann, der einst auf Xantilon lebte und wiedergeboren werden
würde. Für ihn waren die Informationen gespeichert. Dieser
Mann war Björn Hellmark.
Durch eine Kette unglücklicher Umstände und hektischer
Aktivitäten mächtiger Feinde war Björn Hellmark nur
bruchstückhaft in den Besitz des Wissens gekommen. Damals, als
die unsichtbare Inselund mit ihr die Geister-Höhle auftauchte,
erfuhr er zum ersten Mal in aller Deutlichkeit, wer seine Feinde
wirklich waren und was sie von ihm wollten.
Von diesem Moment an mußte er sich weitere Informationen
hart erkämpfen und hatte heute einen Überblick über
die Mächte der Finsternis, über den Aufbau und die
Strategie der Dämonen-Hierarchie wie kein anderer auf der
Welt.
Seit dem letzten Abenteuer aber glaubte er, seinem Ziel, die
Dämonengöttin Rha-Ta-N’my zu vernichten, die die Erde
in Besitz nehmen wollte und schon viele Brückenköpfe –
sichtbare wie unsichtbare – errichtet hatte, einen Schritt
näher gekommen zu sein.
Die Unheimliche mit den tausend Gesichtern, die überall und
nirgends war, mußte irgendwann in ihrem Dasein eine
Schwäche gezeigt haben. Oder einer, der wie er nun die
Göttin der Dämonen jagte, war – hinter ihr Geheimnis
gekommen.
Der Gedanke kam ihm ganz plötzlich, und er elektrisierte
ihn.
»Al Nafuur!« flüsterte er unwillkürlich, und
schickte seinen Geist weit über die Grenzen der Höhle und
der etwa vierzig Quadratmeter großen Insel hinaus.
Er rief nach einem Freund, dem er viel verdankte, und der ihm in
der Vergangenheit immer wieder mal wertvolle Hinweise geben
konnte.
Gerade der letzte Kontakt, der nach langer Pause zustande kam,
zeigte, daß wieder etwas in Bewegung geraten war.
»Al Nafuur!« Diesmal sprach der große blonde Mann
mit dem braungebrannten Gesicht den Namen des Toten im Zwischenreich
nicht aus, sondern dachte ihn nur intensiv. »Irgendwann in der
Vergangenheit wußte jemand einen Weg…« Und vor seinem
geistigen Auge erstand nochmal der brüchige Stein, der die Form
eines Pergaments hatte und in dem eine rätselhafte Inschrift
eingekerbt war. In dem Moment, als er sie vorlas, um auch seinem
Freund Rani Mahay davon Kenntnis zu geben, war der Stein zerfallen
und die Inschrift vergangen.
Aber Björn Hellmark hatte sie sich genau eingeprägt und
nach seiner Rückkehr auf die Insel sofort eine Zeichnung
angefertigt, um das Aussehen und die Form des Reliktes
festzuhalten.
Ganz bewußt gab Björn Hellmark auch jetzt in Gedanken
das Aussehen dieses Steines und den Text weiter, den er darin
gefunden hatte.
»Rha-Ta-N’my – auch du bist zu besiegen! Wenn der,
der dich bekämpfen will, das Pergament findet… – weist
das auf einen Wissenden hin, Al Nafuur. Ist dir etwas über die
Identität dieser Person bekannt? Kannst du mich
hören?«
»Ja, ich kann dich hören, Björn«, deutlich
vernahm er die Stimme seines Geistführers im Bewußtsein.
Der telepathische Kontakt ins Zwischenreich, in dem der Geist des
Zauberpriesters von Xantilon herrschte, klappte hervorragend.
»Und es ist mir möglich, mit dir frei und gefahrlos zu
sprechen. Deine Überlegungen sind folgerichtig. Es muß
einen gegeben haben, der in der alten Schrift Xantilons die Botschaft
in Stein meißelte, eine Botschaft, die weder durch Drudans
Träume, noch durch Rha-Ta-N’mys Aktivitäten auf der
Erde und in jener Dimension ausgelöscht werden konnte. Sie
erlosch erst, als einer sie las, der damit etwas anfangen konnte. Es
war so etwas – wie Magie, das sich hier gezeigt
hat…«
»Dann war es also ein Magier, der von Rha-Ta-N’my
wußte?« dachte Björn angestrengt.
»Vielleicht«, antwortete die Stimme in seinem
Bewußtsein. »Über den, der die Botschaft einst schuf,
weiß ich nichts. Aber vielleicht, Björn, sollte man den
Ort, wo du sie gefunden
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