Mach mal Feuer, Kleine - Roman
sein Bruder Gejza, den man in den Bach getrieben hatte. Dort war er, bis zur Bewusstlosigkeit betrunken, eingeschlafen und in dem seichten Wasser wie ein Katzenjunges ertrunken.
Mária gelang es, mit dem kleinen Andrejko auf dem Arm in den Wald zu entkommen. Sie rannte so schnell sie konnte, sie stolperte, rutschte auf der aufgeweichten Erde aus, und immer wieder stand sie auf und rannte weiter. Sie blieb erst stehen, als sie keine Schreie und kein Jammern mehr aus der Siedlung hörte. Die ganze Nacht kauerte sie im Erlengehölz oberhalb der Siedlung, wärmte Andrejko mit ihrem Atem und sprach besänftigend auf ihn ein, damit er nicht losplärrte, damit die Dörfler sie nicht fanden. Erst bei Tagesanbruch, als die Sonne allmählich den Morgennebel auflöste, kehrte Mária nach Hause zurück. Steif vor Kälte stieg sie über ausgehängte Türen, zerschlagene Töpfe und zerrissenes Bettzeug, verängstigt drückte sie Andrejko an die Brust, streichelte ihn und dankte Gott, dass er den Kleinen verschont hatte.
Als im Laufe des Tages auch die anderen zurückkamen, legten sie Bretter zwischen Stühle, hoben Gejza und Imro darauf und suchten die auseinandergelaufenen Hühner und Hunde zusammen. Die Mutter der beiden Toten, die alte Maryna, weinte und jammerte laut, und keiner vermochte sie zu trösten. Ihre verzweifelten Klagerufe hallten noch tagelang durch die Siedlung.
Aber nach den Gendarmen, nach der Polizei, nach der hat keiner gerufen, die wäre ohnehin nicht gekommen, und auf Scherereien war hier keiner scharf. Weder die Weißen noch die Schwarzen.
|9| Zu diesem Zeitpunkt bahnte sich Dezider Dunka auf Bielčiks Fohlen, einem wunderschönen Braunen mit weißer Blesse, schon längst seinen Weg durch das dichte Gehölz von Borsučiny. Immer weiter stieg er bergauf, der polnischen Grenze entgegen.
|10| 3.
Andrejko war noch keine vier Jahre alt, als Onkel Fero zurückkam.
Die Dunkas aus der Siedlung hielten große Stücke auf den Onkel, weil er es von allen am weitesten gebracht hatte. Fero trug schwere Goldringe und eine schwarze Krawatte, und seinen Anzug ließ er sich beim Schneider nähen wie ein Herr, wie ein Gadsche.
Der Onkel kam in der Nacht, er wollte in Poljana niemandem begegnen, dort hatte man wegen seiner langen Finger noch ein Hühnchen mit ihm zu rupfen. Um Zorn und Rache von der Siedlung fernzuhalten, hatte sich Fero seinerzeit aus dem Staub machen müssen, und weil sein Herz unruhig war und seine Seele sich nach Reisen sehnte, verlegte er sich auf die Eisenbahn.
Die Nachtzüge waren ihm am liebsten: die Räder aus Stahl, die ihren unerbittlichen Rhythmus auf die Schienen hämmern, die Erde, die unter den Füßen nach hinten zu fliehen scheint, und die Dunkelheit, die sich schützend über alles legt, was besser verborgen bleibt. Und da die Strecke von Prag oder Bratislava in die Ostslowakei sehr lang war, schaffte es kaum ein Maurer oder Betonmischer, der seinen Lohn nach Hause brachte, kaum ein Student, der über die Feiertage zu seiner Mama fuhr, die ganze Nacht wach zu bleiben und Koffer, Rucksack oder Tasche im Auge zu behalten.
|11| Fero humpelte und ließ sich schwer auf einen Stuhl fallen. Nachdem er wieder zu Atem gekommen war, erzählte er, wie er gestern im Zug auf eine fremde Bande gestoßen war, die Kerle hätten ihn am Hals gepackt und ihn ordentlich vermöbelt, einer von ihnen hatte sein Taschenmesser gezückt und ihm ein Kreuz auf jede Wange geritzt. Zu guter Letzt, da war der arme Fero in ihren Händen schon ganz mürbe geworden, hatten sie ihn durchs Fenster geschoben. Der hat sowieso keine Fahrkarte, lachten sie in die Dunkelheit … Die haben über mich gelacht, diese Arschlöcher, diese Hunde, brüllte Fero, und die Dunkas duckten sich vor lauter Angst, schrien aber gleich darauf wieder los, mit den Fäusten drohten sie in die Ferne, dorthin, wohin Feros zerschundene Hand zeigte.
Zum Glück war der Zug gerade in den Bahnhof von Margecany eingefahren, und der Onkel hatte sich zwar jede Menge Prellungen geholt, war aber mit dem Leben davongekommen. Neun Leben hat die Katze, zehn der Zigeuner. Stolz trommelte er auf seine Brust, und die anderen wurden still und nickten eifrig …
Am nächsten Morgen stellte Fero fest, dass in der Nacht seine goldene Armbanduhr verschwunden war, die Erinnerung an ein besonders gelungenes
tschoro
. Aus alter Gewohnheit tastete er nach der schweren Goldkette, die er seit Jahren nicht vom Hals genommen hatte, aber seine Hand griff ins
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