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Macho Man: Roman (German Edition)

Macho Man: Roman (German Edition)

Titel: Macho Man: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moritz Netenjakob
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Soldaten in die Flucht geschlagen – wow! Wenn man mich vorher gefragt hätte: »Wie schlägt man sechs türkische Soldaten in die Flucht?«, hätte ich gesagt: »Dazu braucht man mindestens zwölf nahkampferprobte Ninja-Krieger und Panzerfäuste« – und ich hab's mit einem Blick geschafft! Noch nie in meinem Leben habe ich mich so männlich gefühlt.
    In meiner Jugend gab es nur wenige Momente, in denen ich mich männlich gefühlt habe. Einmal hat mir Tante Lieselotte eine Bomberjacke geschenkt, in der ich, wie ich fand, ziemlich cool aussah ... Gut, vielleicht ist es nicht sooo männlich, in einer Jacke rumzulaufen, die einem die Tante geschenkt hat. Aber die sah wenigstens nicht so peinlich aus wie die Nicki-Pullover, die meine Mutter mir immer gekauft hat.
    Auf jeden Fall: Jetzt und hier, inmitten dieser idyllischen Bucht bei Antalya, umrahmt von den Taurus-Felsen, spüre ich zum ersten Mal in meinem Leben mit vollem Bewusstsein das Testosteron in meinen Adern. Ein geiles Gefühl: Ich bin ein Mann. Ich kichere zwar wie ein albernes Teenie-Mädchen, wenn ich Shrek oder Findet Nemo gucke, aber wenn es sein muss, kann ich auch die Welt retten. Ich schaue Aylin mit dem männlichsten Blick an, der sich je auf meinem Gesicht eingefunden hat. Aylin guckt kurz irritiert. Dann muss sie lachen. Mein Testosteronspiegel sinkt erstaunlich schnell.
    5 Falls Sie sich auf eine wilde Sexszene gefreut haben: Tut mir leid, wir hatten keinen Sex. Es war einfach nur ein wunderschöner Kuss. Wenn es noch passieren sollte, werd ich's auch schreiben.
    6 Liebe Fußnotenhasser, es tut mir leid. Auf den nächsten 27 Seiten kommen keine mehr – versprochen.

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    7
    Ich sitze seit gut zwanzig Minuten auf dem Klo und ertappe mich selbst dabei, wie ich im Geiste eine Kabinenansprache als Christoph Daum halte, in der ich die Mannschaft des 1. FC Köln auf die Partie gegen Eintracht Frankfurt einschwöre. Ist so was eigentlich normal? Oder bin ich der einzige Mensch der Welt, der so was tut? Normale Menschen denken wahrscheinlich gar nichts, während sie auf dem Klo sitzen. Oder einfach ganz normale Dinge wie: »Seltsam, wenn ich Spargel gegessen habe, riecht mein Urin total anders« oder: »Soll ich den Baby-Silberfisch unter dem Waschbecken Knut nennen?«
    Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass andere Menschen auch auf dem Klo sitzen und im Geiste einer imaginären Mannschaft das 4-4-2-System erklären. Ich hatte sogar einen imaginären Tobsuchtsanfall, weil mein imaginärer Mittelstürmer mir nicht zugehört hat. Das ist so bescheuert, dass ich mich nicht mal traue, meiner Therapeutin davon zu erzählen. Und es ist erst recht kein Thema für einen Stehempfang:
    »Und – was hast du heute so gemacht?«
    »Och, erst hab ich meine E-Mails gecheckt, und dann hab ich mich aufs Klo gesetzt und im Geiste als Christoph Daum mit den Spielern des 1. FC Köln gesprochen.«
    »Klasse, das mach ich auch immer.«
     
    Langsam komme ich wieder zu mir. Ich bin in Antalya. Ich habe gestern meine absolute Traumfrau geküsst. Und heute bin ich schon wieder mit ihr verabredet. Ich bin ein Riesen-Glückspilz und muss mein Glück mit jemandem teilen ...
    »Dübndüdüüü! Hey, Mark, alter Kiffer, wie läuft's denn so im Puff?«
    »Daniel, alter Schrumpfdödel! Alles klar auf der Andrea Doria?«
    »Ja, also emotionstechnisch war gestern echt ein panikmäßiger Hammertag.«
    »Ey, das sind ja geile Panik-News! Also war bräutetechnisch alles easy?!«
    »Ey logo – dübndüdüüü...«
    Vielleicht sollte ich mein Glück lieber doch nicht mit jemandem teilen. Ein Gefühl, das sich verstärkt, als ich den Typen der Deutschen Vermögensberatung erspähe, der irgendetwas Grünes aus einem Cocktailglas saugt. Er winkt mit einem Briefumschlag und meint, er würde meine Anträge noch heute Nachmittag losschicken, aber der Versicherungsschutz sei bereits um Mitternacht in Kraft getreten. Jetzt könne ich mir getrost den Fuß brechen. Wut steigt in mir hoch. Eine Wut, die ich normalerweise hinter einer Udo-Lindenberg-Imitation versteckt hätte. Aber ich bin jetzt der Mann, der sechs türkische Soldaten in die Flucht geschlagen hat.
    In einem Anflug von Übermut schnappe ich mir den Briefumschlag und reiße ihn genüsslich in Stücke. Der Vermögensberater starrt mich mit offenem Mund an. Ich wünsche ihm noch einen schönen Tag, gehe weiter und fühle mich großartig – für etwa zwei Minuten. Dann plagt mich für knapp fünf Minuten ein schlechtes

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