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Machtlos

Machtlos

Titel: Machtlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berg
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klassizistischen Stil. Noor war hier aufgewachsen. Ihr Vater war bereits in den frühen Siebzigerjahren als Kaufmann aus Damaskus nach Hamburg gekommen und hatte mit seiner Im- und Exportfirma ein kleines Vermögen erwirtschaftet. Noors Wohnung lag im dritten Stock im Dachgeschoss des Hauses. Er klingelte Sturm, doch es rührte sich nichts. Schließlich versuchte er es bei ihren Eltern. Diesmal musste er nicht lange warten. Eine ältere Frau öffnete die Tür einen Spalt und lugte hinter der Türkette zu ihm herauf. Vermutlich eine von Noors Tanten oder Großtanten. Im Haus der al-Almawis waren ständig Verwandte zu Besuch.
    »Ich suche Noor al-Almawi«, sagte er. »Wissen Sie, wo ich sie erreichen kann?«
    »Noor ist nicht da«, sagte die Frau, und er erkannte die Stimme vom Telefon. Sie wollte die Tür wieder ins Schloss schieben.
    Kurz entschlossen stellte er seinen Fuß in den Spalt. »Bitte, warten Sie. Wir haben miteinander telefoniert«, sagte er. »Ich hatte bei Noor angerufen. Ich brauche Ihre Hilfe. Ich bin Marc Weymann, Valeries Mann.«
    Aus dem Hintergrund hörte er eine männliche Stimme. Die Frau trat zurück, und Marc blickte in das Gesicht von Noors Vater, einem schlanken älteren Mann von distinguiertem Äußeren. »Hallo, Marc, was wollen Sie von Noor?«
    Marc beugte sich vor und flüsterte: »Valerie ist gestern unter Terrorverdacht verhaftet worden.«
    Er sah, wie der Mann unter dem Olivbraun seiner Haut blass wurde. Langsam hakte er die Kette aus und bat Marc herein.
    * * *
    Eric Mayer betrachtete nachdenklich die trotzig aufgeworfenen Lippen der Frau ihm gegenüber. Ihre Angst schien förmlich greifbar, er spürte das Zittern ihres Körpers mehr, als dass er es sah. Dennoch wich sie seinem Blick nicht aus. Starrte ihn aus grauen Augen feindselig an. Er fragte sich, wie viel Kraft es die Anwältin kostete und wie lange sie diesen Widerstand aufrechterhalten konnte. Die Amerikaner drängten, auch wenn sie unter ihrem neuen Präsidenten zurückhaltender geworden waren. Es war bezeichnend, dass ausgerechnet Burroughs die Koordination der amerikanischen Sicherheitsmaßnahmen übernommen hatte. Auch die deutschen Ermittlungsbehörden arbeiteten auf Hochtouren. Der Anschlag von Kopenhagen war ein Rückschlag gewesen für die politischen Ziele, die die Staatengemeinschaft verfolgte, und zeigte zugleich, wie wichtig die neue Ausrichtung war. Er war einem Einsatz der Dänen in Afghanistan gefolgt, bei dem eine Gruppe Schulkinder getötet worden war. Das Bekennerschreiben hatte keine Fragen offengelassen. »Tötet ihr unsere Kinder, töten wir eure.«
    Was würde in Hamburg passieren? Sie saßen auf einem Pulverfass, und die Lunte glühte bereits. Es war nur eine Frage der Zeit.
    Zeit.
    Er konzentrierte sich wieder auf Valerie Weymann. »Warum machen Sie es uns allen unnötig schwer?«, fragte er.
    Sie gab nicht nach. »Ich war immer der Meinung, dass wir in Deutschland in einem Rechtsstaat leben. Sie halten mich seit zwei Tagen hier fest, ohne mir zu sagen, warum, geschweige denn …« Es lag ein Zittern in ihrer Stimme, kaum merkbar. Sie atmete tief durch, als hätte sie es selbst bemerkt. »… geschweige denn, mir Kontakt zu meinem Anwalt zu ermöglichen.«
    »Sagen Sie uns, was wir wissen wollen, und Sie können gehen.«
    Sie zog eine Braue hoch, und er fragte sich, wie es sein musste, ihr im Gerichtssaal gegenüberzustehen. Er hatte sich über sie informiert. Sie war bekannt für ihre spitze Zunge und die glasklare Logik, mit der sie ihre Beweise führte. Sie war erfolgreich mit dem, was sie tat. Sie war attraktiv. Sie hatte Geld. Aus welchem Grund unterstützte sie Noor al-Almawi? Aus Freundschaft? Nein, nicht Valerie Weymann. Wenn sie tatsächlich beteiligt war, war sie gefährlich. Sie war kein Mitläufer. Sie handelte aus Überzeugung.
    »Wenn ich kooperiere, kann ich gehen?« In einer spöttischen Geste breitete sie die Arme aus. »Dann darf ich das hier also als Beugehaft verstehen?«
    Mayer klappte seinen Ordner auf und zog die Fotos heraus. Er ließ sich Zeit, als er sie auf dem Tisch ausbreitete, und beobachtete dabei unter den Lidern hervor ihr Gesicht. Alle Fotos zeigten Noor al-Almawi. Aber sie war nicht allein auf den Bildern. Sie lachte mit einem Mann über einen Straßenclown, sie teilte mit diesem Mann eine Tüte gebrannter Mandeln, sie küsste ihn. Eine feine Falte bildete sich zwischen Valerie Weymanns Brauen.
    »Diese Fotos sind drei Tage vor dem Anschlag in Kopenhagen

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