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MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten

MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten

Titel: MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Taschen. Im unbekümmerten Leichtsinn meiner Jugend wartete ich einfach, bis alle ihre Besitztümer an sich genommen hatten und nur noch meine Tasche und Tante Henriettas Schalenkoffer neben dem Bus standen. Aber dieses Vorgehen ersparte mir ein paar blaue Flecke.
    Allerdings nicht die Vorhaltungen von Tante Henrietta.
    »Worauf wartest du so lange? Willst du, dass sich Hilde Liebmann an meinem Gepäck vergreift? Siehst du nicht, dass ich mich zu schwach fühle, mich um die Sachen zu kümmern?«
    »Doch, Tante, das sehe ich.«
    Ich wuchtete meine Tasche mit dem Riemen über die Schulter und versuchte, auch den sperrigen Koffer zu bewegen. Vorn, vor dem Eingang, bildeten unsere Mitreisenden schon einen Pulk, und ich schleppte mich mühsam die Auffahrt hoch, als ein Jeep mit einer Staubwolke an mir vorbeischoss und mich fast zu Fall brachte. Die Türen öffneten sich, und drei junge Männer sprangen heraus. Ihnen folgte langsamer, aber erheblich graziöser, eine Dame. Weißblondes, kinnlanges Haar glänzte wie ein Helm in der Sonne, die Seidenbluse und die grauen Flanellhosen saßen faltenlos und untadelig. Sie legte ihrem schwarzhaarigen Begleiter die Hand vertraulich auf die Schulter.
    »Was ist das denn? Bustouristen? Wie absolut grässlich. Kenneth! Ken!? Ich dachte, ihr hättet ein einigermaßen stilvolles Haus ausgesucht, wenn es schon abseits in der Wildnis liegen muss. Und dann Kegelklubs in ganzen Busladungen - das ist doch unmöglich!«
    Die Dame betrachtete uns über ihre aristokratische Nase hinweg, als wären wir aus der Köderdose der beiden Angler gekrochen, die sich ebenfalls dazugesellten.
    »Das hat John-Tom geregelt. Wo ist der?«
    »Kommt mit dem nächsten Jeep.«
    Der dunkelhaarige junge Mann sah zu mir hin, und mich durchzuckte einen winzigen Augenblick der Gedanke, ich müsse ihn schon mal gesehen haben. Aber das konnte unmöglich sein, und er machte sich auch gleich bei mir unbeliebt, als er mit dem Finger auf mich zeigte und rief: »Hey, Sie da! Gehören Sie auch zu dem Klub da vorn?«
    »Sie da« kann ich noch weniger leiden, als Maggi genannt zu werden. Dieser Mann, dem Aussehen und Benehmen nach eindeutig aus der Gattung karrierefixierter Jungmanager, weckte das Schlimmste in mir. Ich betrachtete mich gewöhnlich als eine graue Maus, aber in Momenten, in denen man mich derart herablassend behandelt, kriecht etwas Urtümliches meinen Rücken empor. Ich fühlte, wie meine Augen sich verengten und die Luft um mich herum kühler wurde.
    »Ja, ich gehöre auch zu den Bildungsreisenden, die hier gebucht haben«, antwortete ich mit einer feinen Betonung auf dem Wort »Bildung«.
    Es war ein glatter Schuss ins Knie.
    »Ach ja, Bildung. Die wollen Sie sich auch noch aneignen? Dann achten Sie nur darauf, die passenden blauen Strümpfe anzuziehen, wenn’s dann so weit ist.«
    Der Mensch drehte sich um, und ich wurde von einer zweiten Staubwolke umhüllt, denn der nächste Jeep preschte heran. Kaum war der Fahrer ausgestiegen, wurde er mit den Worten »John-Tom, was ist denn das für eine Pleite?« empfangen.
    Knurrend zerrte ich das Gepäck Richtung Eingang. Ich fand mich leise schnaufend - Tante Henrietta pflegte offenbar Bleibarren in ihrem Koffer zu transportieren - in der Halle wieder, wo man sich um die Rezeption drängelte. Wenigstens hatte der Dudelsackspieler sein Ständchen beendet, und endlich bestand die Geräuschkulisse nur noch aus den lautstarken Anweisungen, mit denen sich die leicht Schwerhörigen über die Zimmerverteilung verständigten. Im Grunde konnte ich die Empörung der jungen Manager nachfühlen. Unsere Gruppe benahm sich nicht eben kultiviert.
    Da es noch eine geraume Zeit dauern konnte, bis ich an die Reihe kam, hatte ich Muße, mich umzusehen. Im Gegensatz zum äußeren Erscheinungsbild von Drumnadruid Castle, das zu einem großen Teil aus Anbauten aus dem späten neunzehnten Jahrhundert bestand, schien die Halle zur ursprünglich mittelalterlichen Bausubstanz zu gehören. Sie wirkte recht anheimelnd. In einem riesigen Kamin brannte ein mächtiges Torffeuer, denn der Frühsommer war noch kühl und vor allem feucht. Vor dem Kamin gruppierten sich Sessel und Sofas, was einen gemütlichen Aufenthalt versprach, vorausgesetzt, man war gänzlich farbenblind. Denn der begnadete Innenarchitekt hatte leider den Boden der Halle mit einem Spannteppich in einem - wie Frau Liebmann so passend bemerkte - »Tartarenmuster« ausgelegt, das jede Clan-Fehde rechtfertigte. Der Tartan des

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