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Madame de Maintenon

Madame de Maintenon

Titel: Madame de Maintenon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Buckley
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Schicksalsgenossen. Das Schiff war überfüllt, auch für diejenigen, die, wie die d'Aubignés, aufs Oberdeck durften, und auch dort mußten sich Passagiere und Mannschaften den vorhandenen Raum bei Tag und bei Nacht mit quiekendem und gackern
dem Vieh teilen. Passagiere, die so weitsichtig gewesen waren, einen Vorrat an »Wurzeln oder Blättern
58 von Engelwurz, Gewürznelken oder Rosmarin« mitzubringen, wurden gebeten, »die üblen Gerüche des Schiffes zu bekämpfen«.
    Obwohl sie selbst Geld hatten borgen müssen, um ihre Passage zu bezahlen, ging es der Familie d'Aubigné dennoch besser als fast allen anderen an Bord. Es gab noch ein paar andere »Edelleute« in einer ähnlichen Situation wie Constant; in La Rochelle hatte er sich bereits mit dreien von ihnen angefreundet: Jean Friz de Bonnefon, »Junker und Herr« von Cardeluz; Michel de Jacquières, Herr von Herville, frisch verheiratet, seine Frau offenbar in Frankreich zurücklassend; und Merry Rolle, Herr von Gourselles. Es scheint, daß nicht einer von ihnen auch nur einen Morgen Land besaß, genau wie Constant, aber zusammen bildeten sie ein Quartett von guten Kameraden, einer für alle und alle für einen, zumindest solange alles glatt lief. Sie hatten sich darüber verständigt, wie es weitergehen sollte, wenn sie auf den Inseln angekommen waren, und sie hatten vor, die Sache gemeinsam anzupacken.
    Die Bediensteten der d'Aubignés, möglicherweise ein Ehepaar, sollten als Kammerdiener und Hausmädchen für die Familie arbeiten. Ihr Vertragsarbeiter war einer von vielen an Bord, die sich allesamt für 36 Monate verdingt hatten: ein künftiger »Herr« hatte die Passage für sie bezahlt, und dafür mußten sie drei Jahre lang unbezahlte Arbeit leisten. Die Dauer seiner Knechtschaft war zwar begrenzt, aber im Alltag war ein solcher »Sechsunddreißiger« nicht viel besser dran als ein Sklave. Sein Herr konnte faktisch über ihn verfügen, als wäre er Eigentum, und durfte ihn auspeitschen, vermieten oder verkaufen, wie es ihm gefiel. »Einige der engagés
59 leben wie die Eingeborenen«, notierte Maurile de Saint-Michel, ein Priester, der sich »der schwierigen und gefährlichen Aufgabe widmete, die Wilden zu bekehren«, und zur gleichen Zeit unterwegs zu den Inseln war. »Sie verstec
ken sich in den Wäldern und leben von den Früchten des Waldes, und sie kommen nur des Nachts heraus, um dies und das zu stehlen. Ich kenne mehrere von ihnen, die sich für dieses Leben entschieden haben, statt wie Sklaven bei denen zu leben, die ihre Passage für sie bezahlt haben.« Es gab unter den engagés sogar einige Frauen, doch die meisten der weiblichen Passagiere der Isabelle waren lediglich arme Mädchen, die man vor kurzem aus den Arbeitshäusern entlassen hatte, einige darunter ehemalige Prostituierte, die als Kolonialbräute das traurige Schicksal erlebten, an einen bisher unbekannten einsamen Siedler auf einer ebenso unbekannten Insel verheiratet zu werden.
    Die Nahrung bestand, abgesehen von den frisch geschlachteten Tieren, hauptsächlich aus gesalzenem Kabeljau und trockenem Zwieback. Es war seinerzeit durchaus nicht unüblich, daß Schiffe ihre eigenen Gärten in Holzkisten mit sich führten, so daß zumindest eine Zeitlang frisches Gemüse zur Verfügung stand, doch das war auf der Isabelle offenbar nicht der Fall, denn viele der Passagiere erkrankten rasch an Skorbut. Die ersten Fälle traten schon wenige Tage nach der Abreise auf, so daß man sie ebensogut auf ihre unzureichende übliche Ernährung an Land wie auf etwaige Mängel auf See zurückführen konnte; auf jeden Fall trug das nicht zur Popularität des Kapitäns bei, von dem bekannt war, daß sein eigener Pate der Versorger des Schiffes war. Da sie sich auf einem französischen Schiff befanden, blieb den Passagieren zumindest der »abscheuliche Pudding
60 « erspart, der damals auf englischen Schiffen gängige Kost war, »eine Mischung aus zerstoßenem Zwieback oder Mehl, Speck, Rosinen, Salz und Pfeffer … zusammengebunden in einem Tuch und in demselben Topf gekocht wie die Suppe … zusammen serviert mit altem Käse, der darüber gerieben wurde, was einen unerträglichen Gestank erzeugte«. Wenn ihnen der Pudding erspart blieb, so mußten die d'Aubignés gelegentlich auch ohne Trinkwasser auskommen. Man hatte zu we
nig davon an Bord genommen, und das wenige Wasser wurde bald brackig und schmutzig. Zum Glück hatte Constant daran gedacht, ein Dreißig-Pint-Faß Branntwein in die Vorräte der

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