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Madru

Madru

Titel: Madru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Hetmann
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Gefängnis lasse ich mich nicht sperren.«
    »Geh nur … hau ab«, sagt sie.
    »Erzähl dem Kind von dem Stein und was die beiden Inschriften bedeuten«, bittet er sie wieder.
    »Dein Märchen«, sagt sie mit einem Lächeln.
    »Es ist nicht nur ein Märchen, glaub mir«, mahnt er.
    »Vielleicht kommst du durch nach Norge«, sagt sie, »ich wette, Björn fährt unter anderem Namen auf einem Robbenfänger.« »Massenweise Tiere totschlagen«, überlegt Madru laut, »ob ich das fertig brächte … nein, du, ich komme wieder. Der Kampf hier ist noch nicht vorbei. Ich habe Fehler gemacht. Ich habe mich in dieser Zeit noch nie so ganz zurechtgefunden.«
    »Ein paarmal haben wir es ihnen ganz schön gezeigt«, sagt Jule lachend. Die Hebamme kommt und fragt, welchen Namen das Kind be-kommen solle. Da muß er nicht lange überlegen. »Alder«, sagt er. »Ein merkwürdiger Name«, findet die Hebamme. »Der Name eines Baumes, ein Name aus alter Zeit«, sagte er, »er bedeutet ›Erle‹.«
    Jemand ruft: »Die Gendarmen kommen!«
    »Fort mit dir«, sagt die Rote Jule, der man das Kind an die Brust ge-legt hat.
    »Was auf dem Stein steht …«, erinnert er sie, nimmt seine Fiedel und ist aus dem Haus.
    Diesmal sind die Gendarmen nicht auf Pferden, wie damals, sondern auf Fahrrädern gekommen. Sie schieben ihre Drahtesel durch den Wald. Sie kommen aus der Richtung, wo der hohe Baum mit den Trittästen steht. Den Baum gibt es immer noch. Sie sehen ganz lustig aus mit ihren Fahrrädern und ihren bunten Röcken. Als sie Madru erkennen, rufen sie ihn an, lassen die Fahrräder fallen, greifen nach den Karabinern, die sie umgehängt haben. Sie laden durch. Sehr rasch sind sie nicht. Dann schiebt sich zwischen ihn und sie eine Nebelwand. Nicht einmal das Haus ist vom Strand aus noch zu erkennen.
    »Nicht so eilig«, hört er eine vertraute Stimme sagen. Es ist Peg. »Sieh an!« Für solch plötzliche Nebeleinbrüche, selbst im Sommer, sei Ängratörn geradezu berühmt, erklärt sie. »Diesmal bin ich allein gekommen. Aber du kannst ganz beruhigt sein, daß die Suppe dick genug ist. Küßchen?« Wie kann er ihr das abschlagen, da sie sich doch solche Mühe gemacht hat. »Ohne Befehl von Bru«, läßt sie ihn wissen, »ganz und gar in eigener Verantwortung.«
    »Und Jenny Grünzahn?« erkundigt er sich.
    »Hat einen Freier mit auf dem Zimmer …!«
    Es fallen Schüsse.
    »Das wollen wir doch sehen«, sagt Peg, die noch rundlicher geworden ist, »ob die dich treffen, Darling. Eher schießen sie sich selbst in den Hintern. Wir haben gut und gern Zeit für einen zärtlichen Abschied. «
    Madru streckt schon den einen Arm aus. In dem anderen hält er die Fiedel. Wie immer fällt es ihm schwer, nein zu sagen, und bei Peg steht er in einer doppelten Schuld. Da sieht er Allwiss aus dem Nebel hervortreten. Der packt ihn gebieterisch am anderen Arm und reißt ihn zurück.
    »Faßt man es«, sagt Allwiss, »Geilheit und Hurerei gehören zu dieser und jener Welt wie das Amen in der Kirche und die Wand aus Kristall. Aber was zuviel ist, das ist zuviel.« Er macht eine bannende Bewegung, murmelt einige Worte und die Gestalt der Frau wird zu Nebel.
    »Für solche Gelegenheiten haben wir immer noch ein Sprüchlein parat«, sagt Allwiss, »schamloses Frauenzimmer!«
    Sie gehen zu dem Ruderboot. Allwiss fordert ihn auf, einzusteigen, dann schiebt er das Boot vom Strand ab. Geschickt springt Al-wiss, der Zwerg, mit einem Satz, mit dem er in zwanzig Jahren noch einen Weltrekord brechen würde, ins Boot und nimmt die Ruder. Vom Ufer her hört man Kommandos und Rufe, die eine gewisse Verwirrung erkennen lassen.
    »Ich wette, jetzt versucht sie es bei den Gendarmen. Kräftige Burschen sind es ja«, sagt Allwiss.
    Madru hat die Fiedel neben sich auf das Sitzbrett gelegt. Er schlägt die Hände vors Gesicht. Es ist ihm elend.
    »Verspielt, alles verspielt«, sagt er zwischen den Fingern hindurch wie durch Gitterstäbe.
    Allwiss läßt sich Zeit mit der Antwort. Schließlich ist er es, der rudern muß.
    »Das sehen wir nicht so«, sagt er schließlich.
    »Und was soll ich tun?« fragt Madru.
    »Ohne Hast ausschreiten, wenn wir am anderen Ufer sind«, antwortet Allwiss, »durch den Wald zum Paß in den Westbergen, über den seinerzeit so unerwartet Lausbart eingefallen ist.« »Und weiter?«
    »Nach Norge … dich in der Welt umsehen. Bru gibt dir Urlaub.« »Und der Große Wald … soll niemand mehr über ihn wachen?« »Wie du die Macht über die drei Elemente

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