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Maechtig, mutig und genial

Maechtig, mutig und genial

Titel: Maechtig, mutig und genial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Karnofsky
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Unterdrückung, aber auch von Widerstand und Solidarität innerhalb der Gruppe, fanden vor allem in den 1970er und 1980er Jahren in Europa und den USA großes Interesse. Sie halfen, die Probleme von Frauen in der sogenannten Dritten Welt verständlich zu machen und Unterstützung zu mobilisieren. Allerdings sind diese sogenannten
testimonios
auch tückisch, denn sie halten einer genauen Überprüfung einzelner Fakten oft nicht stand und führten im Fall von Rigoberta Menchú zu einer heftigen Polemik mit politischem Hintergrund. Doch gerade das hat ihre öffentliche Wirkung erhöht, und die Berichte helfen uns, das Leben und Denken von Frauen aus der Unterschicht oder der indigenen Bevölkerung besser zu verstehen. Dass wir nicht das bereits in den 1960er Jahren unter dem Titel
Quarto de despejo
(dt.:
Tagebuch der Armut
) veröffentlichte Tagebuch von Carolina María de Jesus aus den
favelas
von Rio de Janeiro oder die Aufzeichnungen einer ausgebeuteten Hausangestellten ausgewählt haben, liegt daran, dass es uns in diesem Buch darum ging, Frauen zu porträtieren, die eine große gesellschaftliche, künstlerische oder politische Wirkung gehabt haben. Doch auch die Informationslageüber das Leben von Präsidentinnen oder Unternehmerinnen ist unterschiedlich und hat unsere Auswahl beeinflusst. So ist Panamas Ex-Präsidentin Mireya Moscoso ebenso politische Erbin ihres Mannes wie die Nicaraguanerin Violeta Barrios de Chamorro. Aber letztere war nicht nur ihrer panamaischen Kollegen als Präsidentin um einige Jahre zuvor gekommen, sie hat zudem ihre Memoiren geschrieben, und die Verfasserin hatte die Gelegenheit, sie persönlich zu befragen. Auf ein Porträt der Präsidentin Costa Ricas, Laura Chinchilla, wird ebenfalls verzichtet, weil vergleichsweise weniger Material über sie vorliegt als über ihre brasilianische Kollegin Dilma Rousseff – die obendrein eine aufstrebende globale Macht regiert.
    Zwar war die Kolumbianerin Noemí Sanín die erste Außenministerin Lateinamerikas, dennoch wird hier stellvertretend für sie und andere Außenministerinnen (wie die Mexikanerin Rosario Green) die ehemalige kolumbianische Außenministerin María Emma Mejía porträtiert – weil sie zudem in den – gescheiterten – Friedensprozess mit der Guerilla involviert war und später Generalsekretärin der Union Südamerikanischer Staaten wurde.
    Zum Material sei erwähnt, dass jedem Porträt immer nur eine Auswahl der verwendeten Quellen zum Weiterlesen angefügt wird, wobei auf Deutsch vorliegendem sowie über Internet verfügbarem Material der Vorzug gegeben wird. In die Porträts vor allem der noch lebenden Frauen fließen Details aus Presseartikeln ein, die nicht alle erwähnt werden, aber auch unveröffentlichtes Interviewmaterial der Verfasserinnen.

I.
MÄCHTIG

MALINCHE
MEXIKO, UM 1501–1529
    Malintzin, Malinche, Doña Marina – die unterschiedlichen Namen, unter denen diese indigene Frau, die Hernán Cortés auf seinen Eroberungszügen unterstützte, bekannt wurde, zeigen schon ihren »multikulturellen« Lebenslauf. Gerade ihre Verankerung in mehreren Kulturen führte aber auch dazu, dass sie aus unterschiedlichen Perspektiven in verschiedenen Epochen sehr unterschiedlich beurteilt wurde. So avancierte die noch Mitte des 20. Jahrhunderts als Inbegriff des weiblichen Verrats stilisierte Malinche am Ende des Jahrhunderts zu einer Identifikationsfigur für junge Mexikanerinnen in den USA. Deshalb ist sie auch bis heute die vermutlich bekannteste, aber auch noch immer umstrittenste Frau in Mexiko.
    Als der spanische Eroberer Hernán Cortés am 20. April 1519 mit etwas mehr als 500 Soldaten, 14 Geschützen und 16 Pferden an der mexikanischen Küste nahe dem heutigen Ort Veracruz landete, traf er auf ein politisches System verschiedener indigener Völker, die größtenteils dem aztekischen Stadtstaat Tenochtitlan, dem heutigen Mexiko-Stadt, tributpflichtig waren, dabei aber relativ große Eigenständigkeit bewahrt hatten. Durch geschickten taktischen Einsatz der Geschütze und Pferde überwand Cortés den Widerstand der einheimischen Bevölkerung. Der Frieden mit den dortigen Herrschern wurde durch den Austausch von Geschenken besiegelt, einem während der Conquista üblichen Verfahren, um Allianzen mit den Einheimischen zu schaffen. Teil dieser »Geschenke« waren 20indigene Frauen – vielleicht das folgenschwerste »Geschenk« in der Geschichte der spanischen Eroberung Amerikas, denn eine der Frauen war Malintzin, eine

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