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Mit Fünfen ist man kinderreich

Mit Fünfen ist man kinderreich

Titel: Mit Fünfen ist man kinderreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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    Er war Schriftleiter einer Jugendzeitschrift und stellte mich als Redaktionssekretärin ein. Ausschlaggebend hierfür schien in erster Linie meine Fähigkeit gewesen zu sein, anständigen Kaffee zu kochen. Das benutzte Geschirr hatte ich später auf der Toilette zu spülen. Woanders gab es keine Wasserleitung. Wenn ich gelegentlich mit unseren Graphikern kollidierte, die Pinsel und Farbtöpfe wuschen, dann hatten die Kaffeetassen Vorrang.
    Eine nicht minder verantwortungsvolle Tätigkeit war das Aufspüren ständig verschwundener Manuskripte, Feuerzeuge, Telefonnummern und Krawatten, die bei Redakteuren nicht unbedingt zur Arbeitskleidung gehören und nach Möglichkeit sofort abgelegt wurden.
    Darüber hinaus hatte ich das Telefon zu bedienen und Termine zu überwachen. Letztere waren überwiegend privater Natur und betrafen meinen Chef. Offensichtlich billigte er sich die unverbrieften Rechte eines Junggesellenstatus zu und wechselte seine Freundinnen ebenso häufig wie seine Hemden und seine Wohnungen. Ob er die Miete nicht bezahlt hatte oder die Nachforschungen abgelegter Bräute erschweren wollte, weiß ich nicht. Jedenfalls hatte ich mich schon mit der Absicht getragen, die polizeilichen Anmeldeformulare fotokopieren zu lassen und nur die neue Anschrift jeweils handschriftlich einzufügen, als er plötzlich seßhaft wurde und die Dinger nicht mehr brauchte.
    Nachdem ich meine Fähigkeiten als Telefonistin hinreichend bewiesen und darüber hinaus organisatorisches Talent gezeigt hatte, indem ich die Zusammenkünfte zwischen dem ›Don Juan‹ und seinen Damen so koordinierte, daß eine nichts von der anderen erfuhr, hielt man mich größerer Dinge für fähig, und ich avancierte nebenbei zur Briefkastentante.
    Jetzt durfte ich Teenager trösten, die Schauspielerin, Primaballerina oder Stewardeß werden wollten, und liebeskranken Backfischen erklären, daß ein verpatztes Rendezvous nicht unbedingt ein Selbstmordgrund sei. Zwischendurch suchte ich weiter nach Krawatten, Manuskripten und verlegten Telefonnummern neuer Favoritinnen.
    Übrigens konnte ich die Damen, die sich meinem Chef in so reicher Zahl an den Hals warfen, sogar verstehen. Die gesamte weibliche Belegschaft unseres zwölfköpfigen Redaktionsteams – ich eingeschlossen – schwärmte ein bißchen für ihn. Er sah gut aus, war nicht dumm, hatte unverschämt viel Charme und schien auch noch sein Metier zu beherrschen. Zumindest ließen die ständig steigenden Auflagenziffern unserer Zeitschrift derartige Vermutungen zu.
    Wohl nicht zuletzt aus diesem Grunde hatte er bei unserem Verleger absolute Narrenfreiheit. Außerdem residierte der Gewaltige im Erdgeschoß des Pressehauses, während wir im siebenten Stock thronten. Dazwischen lagen immerhin 128 Treppenstufen. Natürlich gab es auch einen Lift, aber der Herr Verleger lehnte die Benutzung dieses zugegebenermaßen reichlich antiquierten Gehäuses ab, seitdem er einmal in dem Käfig steckengeblieben war und zwei Stunden auf seine Befreiung warten mußte. Äußerte er jetzt die Absicht, sich wieder einmal auf unseren Olymp zu begeben, dann setzte prompt das telefonische Frühwarnsystem ein. Wir hatten also genügend Zeit, Anzeichen außerdienstlicher Beschäftigungen wie Nagellackflaschen oder gerade getippte Privatbriefe verschwinden zu lassen und intensive Arbeit im Sinne unserer Anstellungsverträge vorzutäuschen.
    Es wurde aber auch wirklich gearbeitet! Denn uns machte unsere Tätigkeit viel Spaß. Außer einem grämlichen Oberlehrertyp, der uns bald verließ und das Archiv einer Fachzeitschrift übernahm, wo er vermutlich mit seinen Zeitungsausschnitten langsam verstaubte, gab es in unserem Team kein Mitglied über dreißig. Wir waren also alle noch ziemlich unverbraucht und idealistisch genug, gelegentliche Überstunden als unvermeidlich hinzunehmen. Davon waren im allgemeinen aber nur der Redaktionsleiter und die Graphiker betroffen, die sowieso nie rechtzeitig fertig wurden. Das ist bei ihnen eine Berufskrankheit! Und ich blieb freiwillig länger, um sie zwecks Hebung der Arbeitsmoral mit Kaffee und notfalls auch mit belegten Broten zu versorgen.
    Eines Tages wurde mir aber klar, daß ich bei meinen kulinarischen Hilfsdiensten keineswegs nur das leibliche Wohl meiner Kolleginnen im Auge hatte. Meine anfangs harmlose Schwärmerei für unseren Chef ging inzwischen so tief, daß ich kurzerhand meinem damaligen Tennisplatzflirt den Laufpaß gab – übrigens zum großen Mißfallen meiner

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