Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mädchen im Moor

Mädchen im Moor

Titel: Mädchen im Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
etwas Solides, dachten sie. Er gehört zu den immer aktuellen Berufen, denn Häuser müssen immer angestrichen werden, und niemand wohnt zwischen nackten Wänden.
    So nahm die Entwicklung ihren Lauf, bis das schreckliche Erwachen kam. Vom Abendbrottisch wurde Monika Busse von zwei weiblichen Kriminalbeamten verhaftet. »Einbruch-Diebstahl und Hehlerei!« sagten sie.
    Und Vater Busse schrie: »Das ist ein Irrtum! Monika … sag doch, daß sie sich irren!«
    Und Monika hatte auf den Kunstfaserteppich geblickt und leise geantwortet: »Es ist so Vater … ich habe es getan …«
    Es war ein Augenblick, in dem für Hans Busse eine ganze Welt zusammenbrach. Er bekam einen Herzanfall und verließ nach zwei Wochen das Bett als alter, gebeugter Mann. Man sah ihm an, daß seine Seele verstümmelt worden war.
    Der Prozeß, die Verurteilung, der letzte Besuch bei Monika in der Sprechzelle des Gefängnisses, die Berufungsverhandlung mit dem neuen, gleichlautenden Urteil … das alles ließ er an sich vorbeiziehen wie einen billigen Film. »Sie ist nicht schlecht«, sagte er nur immer wieder. »Sie ist nicht schlecht. Ich kenne doch meine Monika. Glaubt mir doch, sie ist nicht schlecht –«
    Bei der Berufungsverhandlung hatte in der Zuhörerbank auch ein junger Mann gesessen, der sich eifrig Notizen machte und kein Wort, das in diesen vier Stunden Verhandlung gesprochen wurde, versäumte. Einmal, als sich Monika zufällig umblickte, trafen sich ihre Blicke. Sie erkannten sich, und Monika hob müde die Hand, deutete einen Gruß an und senkte dann beschämt den Kopf.
    Nun saß dieser junge Mann im Wohnzimmer Hans Busses am Tisch, trank ein Glas Bier, aß ein Brot mit Schweizer Käse und hatte seine Hand begütigend auf den Arm der schluchzenden Erika Busse gelegt.
    »Ich sehe da einen Revisionsgrund«, sagte er. »Es ist zwar nur eine ganz vage Hoffnung, aber man soll auch den kleinsten Funken anblasen. Er kann zum Feuer werden. Das Gericht hat nämlich etwas unterlassen, und solche Unterlassungen sind immer ein Revisionsgrund … wenn sie anerkannt werden. Ich will es versuchen.«
    »Das können wir nie bezahlen, Herr Doktor.« Hans Busse umklammerte sein Bierglas. »Das kostet doch viel Geld, nicht wahr?«
    »Als wenn ich von Ihnen Geld nähme, Herr Busse.« Dr. Jochen Spieß schüttelte den Kopf. »Wissen Sie noch, wie meine Eltern nebenan einzogen? Da haben Sie zwei Fuhren umsonst gemacht, weil Sie sahen, daß es uns nicht gerade rosig ging. Und ich habe als Schüler gearbeitet und mein Schulgeld verdient, und später als Student war ich Handlanger am Bau, Chemiearbeiter, Tiefbauarbeiter und zuletzt Baggerführer bei einer Ausschachtungsfirma. Ich weiß, was ein leeres Portemonnaie bedeutet, Vater Busse. Und meine junge Praxis als Rechtsanwalt ist auch meistens leer. Wer geht denn schon zu einem jungen Anwalt, der nichts vorzuweisen hat als den billigen Trost: Na, wollen wir's mal versuchen. Es wird schon klappen. Und es hat bisher meistens geklappt … nur war es gerade soviel, daß ich nicht verhungerte.« Dr. Spieß nahm einen Schluck Bier. Erika Busse schüttete ihm sofort nach, damit er nicht das Gefühl habe, es sei nicht genug da.
    »Ich habe der letzten Verhandlung beigewohnt. Ich kenne Monika seit sieben Jahren. Ich habe sie aufwachsen sehen und ich habe als Student –« Dr. Spieß lächelte vor sich hin – »einmal auf der Straße gestanden und ihr nachgeblickt und gedacht: Wenn sie noch zwei Jahre älter ist, würde ich sie in den Arm nehmen …«
    »Aber Herr Doktor –«, sagte Erika Busse und wurde rot. Hans Busse schnaufte nur laut und sah den Rechtsanwalt aus verschleierten Augen an. Auch das noch, dachte er. Sie hätte eine Frau Rechtsanwalt werden können. Jetzt hört man's. Und was tut sie? Sie zieht mit einem Maler los und klaut. Ist dieses Leben nicht wert, daß man sich einen Strick nimmt und auf den Dachboden geht?
    »Das mußte ich Ihnen sagen. Ich habe es lange mit mir herumgetragen.« Dr. Spieß trank wieder, aber diesmal hastiger und mit unruhiger Hand. »Und nun will ich Monika herauspauken! Und es wird mir gelingen –«
    »Aber wie? Wie? Sie hat doch gestanden!« Hans Busse hieb auf den Tisch. »Nicht einmal hat sie geleugnet! Das Mädel muß verrückt gewesen sein.«
    »Ich glaube, da einen Plan zu haben.« Dr. Spieß starrte an die Wand. Dort hing in einem dunkelgrünen Lederrahmen ein Bild Monikas. Ein lachendes, offenes, schönes Gesicht mit flatternden, blonden Locken. Ein Bild voll

Weitere Kostenlose Bücher