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Maerchen Fuer Kinder

Titel: Maerchen Fuer Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Christian Andersen
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gerade, als ob meine Mutter mich küßte!«
    »Kleine Köchin,« sagte der Haushofmeister, »ich werde Dir eine feste Anstellung in der Küche und die Erlaubnis, den Kaiser speisen zu sehen, verschaffen, wenn Du uns zur Nachtigall führen kannst, denn sie ist zu heute Abend angesagt.«
    So zogen sie allesamt hinaus in den Wald, wo die Nachtigall zu singen pflegte; der halbe Hof war mit. Als sie im besten Zuge waren, fing eine Kuh zu brüllen an.
    »O!« sagten die Hofjunker, »nun haben wir sie; das ist doch eine merkwürdige Kraft in einem so kleinen Tiere! Die habe ich sicher schon früher gehört!«
    »Nein, das sind Kühe, welche brüllen!« sagte die kleine Köchin. »Wir sind noch weit von dem Orte entfernt!«
    Nun quakten die Frösche im Sumpfe.
    »Herrlich!« sagte der chinesische Schloßpropst. »Nun höre ich sie, es klingt gerade wie kleine Kirchenglocken.«
    »Nein, das sind Frösche!« sagte die kleine Köchin. »Aber nun, denke ich, werden wir sie bald hören!«
    Da begann die Nachtigall zu singen.
    »Das ist sie,« sagte das kleine Mädchen. »Hört, hört! Und da sitzt sie!« Sie zeigte nach einem kleinen, grauen Vogel oben in den Zweigen.
    »Ist es möglich?« sagte der Haushofmeister. »So hätte ich sie mir nimmer gedacht; wie einfach sie aussieht! Sie hat sicher ihre Farbe darüber verloren, daß sie so viele vornehme Menschen um sich erblickt!«
    »Kleine Nachtigall,« rief die kleine Köchin ganz laut, »unser gnädigster Kaiser will, daß Sie vor ihm singen möchten!«
    »Mit dem größten Vergnügen,« sagte die Nachtigall und sang dann, daß es eine Lust war.
    »Es ist gerade wie Glasglocken!« sagte der Haushofmeister. »Und seht die kleine Kehle, wie sie arbeitet! Es ist merkwürdig, daß wir sie früher nie gesehen haben; sie wird großes Aufsehen bei Hofe machen!«
    »Soll ich noch einmal vor dem Kaiser singen?« sagte die Nachtigall, welche glaubte, der Kaiser sei auch da.
    »Meine vortreffliche, kleine Nachtigall,« sagte der Haushofmeister, »ich habe die große Freude, Sie zu einem Hoffeste heute Abend einzuladen, was Sie Dero hohe Kaiserliche Gnaden mit Ihrem prächtigen Gesange bezaubern werden!«
    »Der nimmt sich am besten im Grünen aus!« sagte die Nachtigall, aber sie kam doch gern mit, als sie hörte, daß der Kaiser es wünschte.
    Auf dem Schlosse war alles aufgeputzt. Die Wände und der Fußboden, welche von Porzellan waren, glänzten im Strahle vieler tausend goldener Lampen; die prächtigsten Blumen, welche recht klingeln konnten, waren in den Gängen aufgestellt; da war ein Laufen und ein Zugwind, aber alle Glocken klingelten so, daß man sein eigenes Wort nicht hören konnte.
    Mitten in dem großen Saal, wo der Kaiser saß, war ein goldener Stab hingestellt, auf dem sollte die Nachtigall sitzen; der ganze Hof war da, und die kleine Köchin hatte die Erlaubnis erhalten, hinter der Thür zu stehen, da sie nun den Titel einer wirklichen Hofköchin bekommen hatte. Alle waren in ihrem größten Staate, und alle sahen nach dem kleinen, grauen Vogel, dem der Kaiser zunickte.
    Die Nachtigall sang so herrlich, daß dem Kaiser die Thränen in die Augen traten; die Thränen liefen ihm über die Wangen hernieder, und da sang die Nachtigall noch schöner; das ging recht zu Herzen. Der Kaiser war sehr erfreut und sagte, daß die Nachtigall einen goldenen Pantoffel um den Hals tragen solle. Aber die Nachtigall dankte, sie habe schon Belohnung genug erhalten.
    »Ich habe Thränen in des Kaisers Augen gesehen, das ist mir der reichste Schatz; eines Kaisers Thränen haben eine besondere Kraft! Gott weiß es, ich bin genug belohnt!« Und darauf sang sie wieder mit ihrer süßen, herrlichen Stimme.
    »Das ist die liebenswürdigste Stimme, die ich kenne!« sagten die Damen ringsherum, und dann nahmen sie Wasser in den Mund, um zu klucken, wenn jemand mit ihnen spräche; sie glaubten, dann auch Nachtigallen zu sein. Ja, die Diener und Kammermädchen ließen melden, daß auch sie zufrieden seien, und das will viel sagen, denn sie sind am schwierigsten zu befriedigen. Ja, die Nachtigall machte wahrlich Glück.
    Sie sollte nun bei Hofe bleiben, ihren eigenen Käfig samt der Freiheit haben, zweimal des Tages und einmal des Nachts heraus zu spazieren. Sie bekam zwölf Diener mit, welche ihr alle ein Seidenband um das Bein geschlungen hatten, woran sie sie fest hielten. Es war durchaus kein Vergnügen bei einem solchen Ausflug.
    Die ganze Stadt sprach von dem merkwürdigen Vogel, und begegneten

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