Maerchen Fuer Kinder
Türken gingen ja alle so wie er in Schlafrock und Pantoffeln. Da begegnete er einer Amme mit einem kleinen Kinde. »Höre Du, Türkenamme,« fragte er, »was ist das für ein großes Schloß hier dicht bei der Stadt, wo die Fenster so hoch sitzen?«
»Da wohnt die Tochter des Königs!« erwiderte diese. »Es ist prophezeit, daß sie über einen Geliebten sehr unglücklich werden würde, und deshalb darf niemand zu ihr kommen, wenn nicht der König und die Königin mit dabei sind!«
»Ich danke!« sagte der Kaufmannssohn, ging hinaus in den Wald, setzte sich in seinen Koffer, flog auf das Dach und kroch durch das Fenster zur Prinzessin.
Sie lag auf dem Sopha und schlief; sie war so schön, daß der Kaufmannssohn sie küssen mußte; sie erwachte und erschrak gewaltig, aber er sagte, er sei der Türkengott, der durch die Luft zu ihr heruntergekommen sei, und das gefiel ihr.
So saßen sie bei einander, und er erzählte ihr Geschichten von ihren Augen; das waren die herrlichsten, dunklen Seen, und da schwammen die Gedanken gleich Meerweibchen; und er erzählte von ihrer Stirn, die war ein Schneeberg mit den prächtigsten Sälen und Bildern; und er erzählte vom Storch, der die lieblichen, kleinen Kinder bringt.
Ja, das waren schöne Geschichten! Dann freite er um die Prinzessin und sie sagte sogleich ja!
»Aber Sie müssen am Sonnabend herkommen,« sagte sie, »da sind der König und die Königin bei mir zum Thee! Sie werden sehr stolz darauf sein, daß ich den Türkengott bekomme, aber sehen Sie zu, daß Sie ein recht hübsches Märchen wissen, denn das lieben meine Eltern ganz außerordentlich; meine Mutter will es erbaulich und vornehm und mein Vater belustigend haben, sodaß man lachen kann!«
»Ja, ich bringe keine andere Brautgabe als ein Märchen!« sagte er, und so schieden sie, aber die Prinzessin gab ihm einen Säbel, der war mit Goldstücken besetzt, und die konnte er gerade gebrauchen.
Nun flog er fort, kaufte sich einen neuen Schlafrock und saß dann draußen im Walde und dichtete ein Märchen; das sollte bis zu Sonnabend fertig sein, und das ist nicht leicht.
Es wurde fertig, und da war es Sonnabend.
Der König, die Königin und der ganze Hof warteten mit dem Thee bei der Prinzessin. Er wurde freundlich empfangen.
»Wollen Sie uns nun ein Märchen erzählen,« sagte die Königin, »eins, das tiefsinnig und belehrend ist?«
»Aber worüber man doch lachen kann!« sagte der König.
»Jawohl!« erwiderte er und erzählte; da muß man nun gut aufpassen.
»Es war einmal ein Bund Schwefelhölzer, die waren außerordentlich stolz auf ihre hohe Herkunft; ihr Stammbaum, das heißt, die große Fichte, wovon sie jedes ein kleines Hölzchen waren, war ein großer, alter Baum im Walde gewesen. Die Schwefelhölzer lagen nun in der Mitte zwischen einem alten Feuerzeuge und einem alten, eisernen Topfe, und diesem erzählten sie von ihrer Jugend. ›Ja, als wir auf dem grünen Zweige waren,‹ sagten sie, ›da waren wir wirklich auf einem grünen Zweig! Jeden Morgen und Abend gab es Diamantthee, das war der Thau, den ganzen Tag hatten wir Sonnenschein, wenn die Sonne schien, und alle die kleinen Vögel mußten uns Geschichten erzählen. Wir konnten wohl merken, daß wir auch reich waren, denn die Laubbäume waren nur im Sommer bekleidet, aber unsere Familie hatte Mittel zu grünen Kleidern sowohl im Sommer, als im Winter. Doch da kam der Holzhauer, und unsere Familie wurde zersplittert; der Stammherr erhielt Platz als Hauptmast auf einem prächtigen Schiffe, welches die Welt umsegeln konnte, wenn es wollte, die anderen Zweige kamen nach anderen Orten, und wir haben nun das Amt, der niedrigen Menge das Licht anzuzünden; deshalb sind wir vornehmen Leute hier in die Küche gekommen.‹
›Mein Schicksal gestaltete sich auf eine andere Weise!‹ sagte der Eisentopf, an dessen Seite die Schwefelhölzer lagen. ›Vom Anfang an, seit ich in die Welt kam, bin ich vielmal gescheuert und gekocht worden; ich sorge für das Dauerhafte und bin der Erste hier im Hause. Meine einzige Freude ist, nach Tische rein und sauber an meinem Platze zu liegen und ein vernünftiges Gespräch mit den Kameraden zu führen; doch wenn ich den Wassereimer ausnehme, der hin und wieder einmal nach dem Hof hinunter kommt, so leben wir immer innerhalb der Thüren. Unser einziger Neuigkeitsbote ist der Marktkorb, aber der spricht zu unruhig über die Regierung und das Volk; ja, neulich war da ein alter Topf, der vor Schreck darüber
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