Maerchen Fuer Kinder
bald blieb er ein großes Stück zurück, zuletzt sank er mit ausgebreiteten Flügeln tiefer und tiefer, er machte noch ein paar Schläge mit den Schwingen, aber es half nichts; nun berührte er mit seinen Füßen das Tauwerk des Schiffes, glitt vom Segel herab, und bums! da stand er auf dem Verdeck.
Da nahm ihn der Schiffsjunge und setzte ihn in das Hühnerhaus zu den Hühnern, Enten und Truthähnen; der arme Storch stand ganz befangen mitten unter ihnen.
»Sieh den!« sagten alle Hühner.
Der kalekutische Hahn blies sich so dick auf, wie er konnte, und fragte, wer er sei. Die Enten gingen rückwärts und stießen einander: »Rapple Dich, rapple Dich!«
Der Storch erzählte vom warmen Afrika, von den Pyramiden und vom Strauße, der einem wilden Pferde gleich die Wüste durchlaufe; aber die Enten verstanden nicht, was er sagte, und dann stießen sie einander: »Wir sind doch darüber einverstanden, daß er dumm ist?«
»Ja, sicher ist er dumm!« sagte der kalekutische Hahn, und dann kollerte er. Da schwieg der Storch ganz still und dachte an sein Afrika.
»Das sind ja herrlich dünne Beine, die Ihr habt!« sagte der Kalekute. »Was kostet die Elle davon?«
»Skrat, skrat, skrat!« grinsten alle Enten, aber der Storch that, als ob er es gar nicht höre.
»Ihr könnt immer mitlachen,« sagte der Kalekute zu ihm, »denn es war sehr witzig gesagt, oder war es Euch vielleicht zu hoch? Ach, er ist nicht vielseitig, wir wollen für uns selbst bleiben!« Und dann gluckte er und die Enten schnatterten: »Gikgak! Gikgak!« Es war erschrecklich, wie sie sich selbst belustigten.
Aber Friedrich ging nach dem Hühnerhause, öffnete die Thür, rief den Storch, und er hüpfte zu ihm hinaus auf das Verdeck. Nun hatte er ja ausgeruht, und es war gleichsam, als ob er Friedrich zunickte, um ihm zu danken. Darauf entfaltete er seine Schwingen und flog nach den warmen Ländern, aber die Hühner gluckten, die Enten schnatterten und der kalekutische Hahn wurde ganz feuerrot am Kopfe.
»Morgen werden wir Suppe von Euch kochen!« sagte Friedrich, und dann erwachte er und lag in seinem kleinen Bette. Es war doch eine sonderbare Reise, die der Sandmann ihn diese Nacht hatte machen lassen!
Donnerstag.
»Weißt Du was?« sagte der Sandmann. »Sei nur nicht furchtsam, hier wirst Du eine kleine Maus sehen!« Da hielt er ihm seine Hand mit dem leichten, niedlichen Tiere entgegen. »Sie ist gekommen, um Dich zur Hochzeit einzuladen. Hier sind diese Nacht zwei kleine Mäuse, die in den Stand der Ehe treten wollen. Sie wohnen unter Deiner Mutter Speisekammerfußboden; das soll eine schöne Wohnung sein!«
»Aber wie kann ich durch das kleine Mauseloch im Fußboden kommen?« fragte Friedrich.
»Laß mich nur machen,« sagte der Sandmann, »ich werde Dich schon klein bekommen!« Und er berührte Friedrich mit seiner Zauberspritze, wodurch dieser sogleich kleiner und kleiner wurde; zuletzt war er keinen Finger lang. »Nun kannst Du Dir die Kleider des Zinnsoldaten leihen; ich denke, sie werden Dir passen, und es sieht gut aus, wenn man Uniform in Gesellschaft hat!«
»Ja freilich!« sagte Friedrich, und da war er im Augenblick wie der niedlichste Zinnsoldat angekleidet.
»Wollen Sie nicht so gut sein und sich in Ihrer Mutter Fingerhut setzen?« sagte die kleine Maus. »Dann werde ich die Ehre haben, Sie zu ziehen!«
»Will sich das Fräulein selbst bemühen!« sagte Friedrich, und so fuhren sie zur Mäusehochzeit.
Zuerst kamen sie unter dem Fußboden in einen langen Gang, der nicht höher war, als daß sie gerade mit dem Fingerhut dort fahren konnten; und der ganze Gang war mit faulem Holze erleuchtet.
»Riecht es hier nicht herrlich?« sagte die Maus, die ihn zog. »Der ganze Gang ist mit Speckschwarten geschmiert worden! Es kann nichts Schöneres geben!«
Nun kamen sie in den Brautsaal hinein. Hier standen zur Rechten alle die kleinen Mäusedamen, die wisperten und zischelten, als ob sie einander zum besten hielten; zur Linken standen alle Mäuseherren und strichen sich mit der Pfote den Schnauzbart. Aber mitten im Saal sah man das Brautpaar; sie standen in einer ausgehöhlten Käserinde und küßten sich gar erschrecklich viel vor aller Augen, denn sie waren ja Verlobte und sollten nun gleich Hochzeit halten.
Es kamen immer mehr und mehr Fremde; die eine Maus war nahe daran, die andere tot zu treten, und das Brautpaar hatte sich mitten in die Thür gestellt, sodaß man weder hinaus noch hinein gelangen konnte. Die ganze
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