Maerchen Fuer Kinder
Klettenwald, sie hat nur einen Strauch!«
Sie holten das kleine Schneckenfräulein. Es währte acht Tage, ehe sie eintraf, aber das war gerade das Vornehme dabei, daran konnte man sehen, daß sie von der rechten Art war.
Dann hielten sie Hochzeit. Sechs Johanniswürmer leuchteten so gut sie konnten; übrigens ging es im ganzen still zu, denn die alten Schnecken konnten Schwärmen und Lustbarkeiten nicht ertragen. Aber eine schöne Rede wurde von der Schneckenmutter gehalten; der Vater konnte nicht reden, er war zu bewegt, und dann gaben sie ihnen den ganzen Klettenwald zur Erbschaft und sagten, was sie immer gesagt hatten, daß es das beste in der Welt sei und wenn sie redlich und ordentlich lebten und sich vermehrten, dann würden sie und ihre Kinder einst nach dem Herrenhofe kommen, schwarz gekocht und auf eine silberne Schüssel gelegt werden.
Nachdem die Rede gehalten war, krochen die Alten in ihre Häuser und kamen nie wieder heraus; sie schliefen. Das junge Schneckenpaar regierte im Walde und erhielt eine große Nachkommenschaft, aber sie wurden nie gekocht und sie kamen nie auf eine silberne Schüssel, woraus sie den Schluß zogen, daß der Herrenhof zusammengestürzt sei und daß alle Menschen in der Welt ausgestorben seien, und da ihnen niemand widersprach, so mußte es ja wahr sein. Der Regen schlug auf die Klettenblätter, um für sie eine Trommelmusik zu veranstalten, und die Sonne schien, um den Klettenwald für sie zu beleuchten, und sie waren sehr glücklich und die ganze Familie war glücklich.
Das Liebespaar.
Ein Kreisel und ein Ball lagen im Kasten beisammen unter anderem Spielzeug, und da sagte der Kreisel zum Ball: »Wollen wir nicht Brautleute sein, da wir doch in dem Kasten zusammen liegen?« Aber der Ball, welcher von Saffian genähet war, und der sich ebenso viel einbildete als ein feines Fräulein, wollte auf dergleichen nicht antworten.
Am nächsten Tage kam der kleine Knabe, dem das Spielzeug gehörte; er bemalte den Kreisel rot und gelb und schlug einen Messingnagel mitten hinein; dies sah gerade recht prächtig aus, wenn der Kreisel sich herumdrehte.
»Sehen Sie mich an!« sagte er zum Ball. »Was sagen Sie nun? Wollen wir nun nicht Brautleute sein, wir passen gut zu einander, Sie springen, und ich tanze! Glücklicher als wir beide würde niemand werden können!«
»So, glauben Sie das?« sagte der Ball. »Sie wissen wohl nicht, daß mein Vater und meine Mutter Saffianpantoffeln gewesen sind und daß ich einen Kork im Leibe habe?«
»Ja, aber ich bin von Mahagoniholz,« sagte der Kreisel, »und der Stadtrichter hat mich selbst gedrechselt, er hat seine eigene Drechselbank, und es hat ihm viel Vergnügen gemacht.«
»Kann ich mich darauf verlassen?« fragte der Ball.
»Möge ich niemals Peitsche bekommen, wenn ich lüge!« erwiderte der Kreisel.
»Sie wissen gut für sich zu sprechen,« sagte der Ball; »aber ich kann doch nicht, ich bin mit einer Schwalbe so gut wie versprochen! Jedesmal, wenn ich in die Luft fliege, steckt sie den Kopf zum Neste heraus und fragt: ›Wollen Sie?‹ und nun habe ich innerlich ›ja‹ gesagt, und das ist so gut wie eine halbe Verlobung. Aber ich verspreche Ihnen, Sie nie zu vergessen!«
»Ja, das wird viel helfen!« sagte der Kreisel, und so sprachen sie nicht mehr mit einander.
Am nächsten Tage wurde der Ball von dem Knaben vorgenommen. Der Kreisel sah, wie er hoch in die Luft flog, gleich einem Vogel, zuletzt konnte man ihn gar nicht mehr erblicken; jedesmal kam er wieder zurück, machte aber immer einen hohen Sprung, wenn er die Erde berührte, und das geschah immer aus Sehnsucht, oder weil er einen Kork im Leibe hatte. Das neunte Mal aber blieb der Ball fort und kam nicht wieder, der Knabe suchte und suchte, aber weg war er.
»Ich weiß wohl, wo er ist,« seufzte der Kreisel; »er ist im Schwalbenneste und hat sich mit der Schwalbe verheiratet!«
Je mehr der Kreisel daran dachte, um so mehr wurde er für den Ball eingenommen. Gerade weil er ihn nicht bekommen konnte, darum nahm die Liebe zu; daß er einen andern genommen hatte, das war das Eigentümliche dabei; und der Kreisel tanzte herum und schnurrte, dachte aber immer an den Ball, welcher in seinen Gedanken immer schöner und schöner wurde. So verstrich manches Jahr – – und da war es eine alte Liebe.
Der Kreisel war nicht mehr jung – –! Aber da wurde er eines Tages ganz und gar vergoldet, nie hatte er so schön ausgesehen; er war nun ein Goldkreisel und sprang,
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