Märchenkranz für Kinder - Märchen der Welt ; 67
Könige entgegen.
Als dieser seiner drei Töchter so schön und vergnügt sah, ward er sehr erfreut, und herzte und küßte sie auf das Zärtlichste, am meisten aber Hulda, sein Goldtöchterchen.
Am andern Tage wurde ein herrliches Gastmahl angestellt, und viele vornehme Herren und Damen vom Hofe dazu eingeladen. Während sie nun Alle da saßen an der glänzenden Tafel, und der König seine Töchter in ihren schönen Kleidern erblickte, fragte er die älteste: »Sage mir doch, warum hast du denn gerade ein grünes Kleid zu meinem Empfange gewählt?«
»Da ich Eure Thaten erfuhr,« antwortete sie, »so glaubte ich, durch die grüne Farbe am besten meine Freude und Hoffnung, Euch bald wieder zu sehen, ausdrücken zu können.«
Der König war mit dieser Antwort zufrieden, und fragte nun seine zweite Tochter, warum sie gerade ein blaues Kleid ausgewählt habe.
»Um anzudeuten,« entgegnete die Prinzessinn, »daß ich nie aufhöre, für Euer Bestes zu beten, und weil, wenn ich Euch sehe, ich den Himmel und seine goldenen Sterne zu sehen glaube.«
Diese Antwort gefiel ebenfalls dem König, und er fragte nun auch Hulda, warum sie gerade ein weißes Kleid ausgenommen habe.
»Weil ich glaube,« sagte sie, »daß mir die weiße Farbe am besten steht.«
»Wie?« rief der König etwas unwillig, »hattest du denn keine andere Absicht, als dich zu putzen?«
»Ich hatte die Absicht, Euch zu gefallen,« antwortete Hulda, »und mich dünkt, daß es mir nicht zukam, irgend eine andere zu haben.«
Mit dieser Antwort war der König zufrieden, und fuhr dann fort: »Nun sagt mir auch, was ihr die Nacht vor meiner Rückkehr geträumt habt?«
»Ich träumte,« antwortete die älteste, »Ihr brächtet mir ein Kleid mit, das von Gold und Edelsteinen, wie die Sonne, glänzte.« Die mittelste sagte: »Ich träumte, Ihr brächtet mir einen goldenen Rocken mit, um Euch Hemden zu spinnen;« und die jüngste, Hulda, sprach: »Mir hat geträumt, meine zweite Schwester mache Hochzeit, und da kämet Ihr mit einem goldenen Waschbecken mir entgegen, und sagtet: Komm, Hulda, ich will dir Waschwasser auf die Hände gießen.«
Bei diesen Worten Hulda's runzelte der König die Stirne, und ward sehr mißgestimmt. Schweigend stand er auf, und begab sich in sein Schlafgemach, und legte sich zu Bette. Aber er konnte nicht schlafen, denn der Traum seiner jüngsten Tochter lag ihm immer im Sinne. »Ja, ja,« sagte er, »sie möchte wohl gar am Ende ihren Bedienten aus mir machen! Ich wundere mich nun gar nicht, daß sie das weiße Kleid ausgewählt hat, ohne an mich zu denken. Sie denkt an niemand, als an sich. Aber ich will ihren boshaften Anschlägen zuvorkommen.«
Hierauf ließ er seinen Garde-Hauptmann zu sich kommen, und sagte zu ihm: »Ihr habt gestern den Traum gehört, den meine Tochter Hulda erzählte. Er bedeutet mir etwas Außerordentliches, und ich befehle Euch, sie auf der Stelle in den Wald zu führen, und dort um's Leben zu bringen. Zum Beweise aber, daß Ihr meinen Befehl befolgt habt, bringt mir ihre Zunge und ihr Herz; und wenn Ihr mich betrügt, so wartet die schrecklichste Strafe auf Euch.«
Der Hauptmann war erschrocken, als er diesen Befehl vernahm; aber er wagte nicht zu widersprechen, sondern antwortete, daß er die Prinzessinn sogleich wegführen, sie erwürgen, und ihm dann ihr Herz und ihre Zunge bringen wolle.
Er begab sich sogleich in das Zimmer der Prinzessinn, und meldete ihr, daß der König sie zu sprechen verlange. Da erhob sich Hulda eiligst aus ihrem Bette, denn der Tag war noch nicht angebrochen, und folgte dem Hauptmann in den Garten. Da sie aber den König im Garten nicht fanden, und der Hauptmann vorgab, er möchte vielleicht in den Wald hinaus spaziert seyn, so gingen sie auch in den Wald hinein, immer vorwärts. Endlich, nachdem sie schon über eine Stunde gegangen waren, und der Tag heraufdämmerte, blieb der Hauptmann stehen, und sagte zu der Prinzessinn: »Gnädigste Prinzessinn, mir ist von dem Könige, Euerm Vater, ein schrecklicher Befehl zugekommen, der Befehl nämlich, Euch zu erwürgen, und ihm Euer Herz und Eure Zunge zu bringen. Mein Tod ist gewiß, wenn ich ihm ungehorsam bin.«
Die arme Prinzessinn war vor Schreck ganz außer sich; sie erblaßte, und Thränen rollten über ihre Wangen. »Ach,« sagte sie zu dem Hauptmanne, und sah ihn mit Augen an, die einen Felsen hätten rühren können; »ach! solltet Ihr wohl
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