Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)

Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition)

Titel: Mafia AG: Camorra, Cosa Nostra und 'Ndrangheta erobern Norditalien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Tizian
Vom Netzwerk:
Sternchen, Unternehmer, Finalisten der Sendung »Uomini e donne«, Jungs und Mädchen mit einem festen Vorsatz: mit der richtigen Person anzubandeln, um den Eintritt in die Welt des schönen Scheins zu schaffen. Aber selbst wenn sie es geschafft haben, hineinzukommen. In den VIP-Bereich kommen sie nicht. Dieser ist allein der Elite vorbehalten. Denn im
Hollywood
sind keineswegs alle gleich. Es gibt genau definierte Grenzen.
    In den VIP-Bereich kommt man nur, wenn man bekannt ist. Kennt man die Türsteher, ist das schon mal eine gute Voraussetzung, um hineinzukommen. Die Türen öffnen sich auch für die Sprösslinge der Mafia-Bosse. Der Wachschutz für die Mailänder Clubs, die gerade angesagt sind, befindet sich fest in der Hand der Kalabresen. Das ist die Wahrheit. Und dabei habe ich keine Drogen genommen, wie mir der Gouverneur der Lombardei vorwarf, als ich Formigoni die Frage stellte, wie er sich die starke Präsenz der ’Ndrangheta im Nachtleben der Lombardei erkläre. Gesundheitswesen oder Discotheken, das macht keinen Unterschied. Das Ziel der führenden Politiker in der Lombardei ist es, das Phänomen herunterzuspielen und die unübersehbaren Fakten zu ignorieren.
    Man kann es nicht ewig herunterspielen, rief der leitende Staatsanwalt der Anti-Mafia-Behörde von Mailand. Die übrigen Staatsanwälte der Behörde pflichteten ihm bei: Unter den Unternehmern der Lombardei gibt es eine Schweigepflicht. Die Lokalpolitik in der Lombardei, in Ligurien, in Piemont und in der Toskana bemüht sich jedoch redlich, das Phänomen in seiner ganzen Komplexität zu verstehen.
    Auch im
Hollywood
stellen Männer der ’Ndrangheta den Wachschutz. Rausschmeißer aus Platí stellen die Wächter für die Herde der Verrückten, die berühmt werden wollen. Den VIPs wiederum ist alles erlaubt. Das Ziel der Rausschmeißer ist es nicht, die VIPs zu überwachen, sondern die Bienen, die rings um die Honigstöcke des Starsystems herumfliegen. Dass der Betrieb von Wachschutzfirmen zu den Unternehmenszielen der Mafia gehört, gibt Francesco »U Nanu« (dt.: Der Zwerg) Pesce, ein hoch rangiger Mafia-Boss, zu. Während eines Gesprächs, das vom Sondereinsatzkommando der Carabinieri aufgezeichnet wurde, erklärt er, dass die Türsteher vom
Hollywood
und andere Leute aus Platì ihm behilflich waren. Dabei ging es um eine Schlägerei in einem anderen Mailänder Lokal.
    Dort, wo sich sonst Händler und Gewerbetreibende treffen, verbrachten Francesco Pesce und Andrea Fortugno den Abend. Ein Abend, der kein gutes Ende nehmen sollte, vor allem nicht für den Sprössling von Pesce. Einer seiner Leute hatte »aus Spaß« 380 Euro aus der Handtasche einer jungen Frau gestohlen. Das bemerkte jedoch der Freund der jungen Dame, ein hünenhafter Bodybuilder, der den Mafioso darauf ansprach. Anschließend verprügelte er ihn nach allen Regeln der Kunst, nahm ihm den Geldbeutel ab und gab seiner Freundin das gestohlene Geld wieder zurück. Das ist natürlich eine Beleidigung erheblichen Ausmaßes für »U Nanu«. Die Macht des Paten wurde nicht respektiert. Dabei würden natürlich echte Bosse keinesfalls auf eine so törichte Idee kommen, Taschendiebstahl zu begehen. Darüber ist sich Francesco völlig im Klaren. Aber die Sache geht natürlich längst über ein Bagatelldelikt hinaus. Es ist eine Frage der Ehre geworden. Eine Frage der Hierarchie. Eine Frage echten Mafiosotums.
    Also beginnt eine fieberhafte Suche nach dem unbekannten, knapp zwei Meter großen Muskelprotz. Sie bedrohen den Inhaber des Lokals und zwingen ihn, eine Liste der an diesem Abend Anwesenden zusammenzustellen (sofern der Wirt sie namentlich kennt). Der Wirt gehorcht und wird dann auch noch gezwungen, den Mafiosi aus der eigenen Tasche vierhundert Euro zu bezahlen. Zwanzig Euro mehr als die ursprüngliche Summe, weil der Schläger von Francesco im Getümmel weitere zwanzig Euro verloren hatte. Währenddessen treffen zusätzliche Kalabresen im Lokal ein. Der Wirt erkennt sie an ihrem Dialekt. Pesce beschreibt es etwas genauer: »Rausschmeißer vom
Hollywood
und Leute aus Platì.« Wenn »U Nanu« ruft, kommt Platì angelaufen. Unter den Angehörigen der Mafia ist die gegenseitige Hilfe eine zentrale Verpflichtung. Gegenseitige Unterstützung stärkt den Zusammenhalt, stärkt die Organisation und festigt die Strukturen.
    Der dickliche Francesco setzt alles daran, sich für die erlittene Schmach zu rächen, und zwar jetzt und hier, direkt vor dem Lokal. Er ist zutiefst beleidigt worden.

Weitere Kostenlose Bücher