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Mafiatochter

Mafiatochter

Titel: Mafiatochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Gravano
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beunruhigende Situation auf der Farm hatten wir vergessen. Ich war so aufgeregt, meine Freunde zu sehen. Es war, als wäre nichts geschehen. Papa kam ein paar Tage später aus Cream Ridge zurück. Ich war überglücklich, ihn zu sehen, und umarmte ihn extra lange. Ich blickte zu ihm auf, als könnte uns nichts geschehen, solange er uns beschützte. Er schien wieder ganz er selbst zu sein, nannte Gerard und mich sogar »Kiddies«. Nach dem Abendessen sagte er, ich solle ihm den Kopf massieren. Wenn ich länger aufbleiben wollte, spielten wir gern Kopf-, Gesichts- und Schultermassieren. Normalerweise tat er so, als müsste er mich dazu bestechen, mich bezahlen. Diesmal jedoch willigte ich sofort ein, weil ich mich so freute, ihn wieder zu sehen. Ich war einfach nur erleichtert.
    An Frank Fiala dachte ich nicht mehr. Ich war zu jung, um zu begreifen, dass Mord zur Arbeitsplatzbeschreibung meines Vaters gehörte. Ich wusste nicht einmal, dass der Mord an Fiala gegen die Gesetze der Mafia verstieß, weil er nicht vom Boss, Paul Castellano, genehmigt worden war. Bevor man in dieser Welt einen Mord beging, musste man zuerst beim Capo der Familie anfragen. Ein nicht sanktionierter Mord kostete einen in der Regel das Leben. Papa saß tief in der Scheiße, aber ich wusste es nicht. Ich hatte noch sehr viel zu lernen.

Mein Vater war schon ein Gangster, bevor ich geboren wurde. Meine Eltern lebten in Bensonhurst, als ich am 8. Mai 1972 im Kreißsaal des St. John’s Catholic Hospital an der Fourth Avenue in Brooklyn das Licht der Welt erblickte. Meine Eltern, Debra Scibetta und Salvatore »Sammy« Gravano, hätten nicht stolzer sein können. Meine Mutter war achtzehn und mein Vater sechsundzwanzig. Sie waren noch »frisch vermählt« und erst seit etwas über einem Jahr verheiratet.
    Diane, die Zwillingsschwester meiner Mutter, hatte die beiden einander vorgestellt. Sie kannte meinen Vater aus der Nachbarschaft. In Bensonhurst, dem Little Italy von Brooklyn, kannte jeder jeden. Endlose Blöcke identischer zweistöckiger Einfamilienhäuser mit kleinen eingezäunten Höfen und Parkplätzen auf der Straße reihten sich aneinander. In den Pizzerias und Bäckereien entlang der 18th Avenue sprachen alle Italienisch und kannten die Namen sämtlicher Babys in den Kinderwagen. Die Sonntage gehörten der Kirche, ausgedehnten Mahlzeiten und der Familie.
    Meine Tante Diane war kontaktfreudiger als meine Mutter und mit mehr Leuten im Viertel bekannt. Meine Mutter war eher reserviert und sehr schüchtern und ging nicht besonders oft aus. Sie war eine hübsche Brünette, hatte eine tolle Figur und strahlte eine gewisse Unschuld aus. Mein Vater verliebte sich Hals über Kopf in sie. Kleider und Mode interessierten sie nicht, doch sie sah auf bescheidene Weise immer sehr nett aus. Was ihm am besten an ihr gefiel, war aber, dass sie nicht wie die Mädchen war, die seinen Nachtclub in Fort Hamilton besuchten, dickes Make-up trugen und sich wie Schlampen benahmen. Mein Vater fühlte sich sofort zu meiner Mutter hingezogen. Er sagte, er wisse, dass sie die Richtige für ihn sei. Er konnte sofort sehen, dass sie eine hingebungsvolle Ehefrau und Mutter werden würde. Sie gingen nicht einmal ein Jahr miteinander, dann heirateten sie.
    Als mein Vater meine Großeltern, Sandra und John Scibetta, um die Hand ihrer Tochter anhielt, waren sie zunächst nicht gerade begeistert. Sammy hatte einen Ruf als Schläger. Er war ein paar Mal mit dem Gesetz in Konflikt geraten und in zahlreiche Prügeleien verwickelt gewesen. Die Eltern meiner Mutter kannten die Eltern, Tanten und Onkel meines Vaters, und wussten, dass sie gute Leute waren. Sammy war damals jedoch ein Mitglied der Rampers, einer bekannten Straßenbande aus Brooklyn. Die Rampers begingen bewaffnete Raubüberfälle, Einbrüche, Autodiebstähle und Erpressungen. Kleine Ganoven, die eine lebenslange Verbrecherlaufbahn ansteuerten.
    Sie hatten mit »Kofferraumknacken« angefangen. Dazu brachen sie den Leuten den Kofferraum ihres Autos auf und klauten den Ersatzreifen. Was die künftigen Schwiegereltern meines Vaters nicht wussten, war, dass er seit Kurzem ein »Mitarbeiter« der Mafiafamilie Colombo war, an deren Spitze Joseph Colombo stand.
    Sammy hatte sich ihrer Tochter gegenüber jedoch stets respektvoll und charmant verhalten, also willigten sie zähneknirschend ein. Sie verlangten allerdings, dass die beiden Debras achtzehnten Geburtstag abwarteten. Sie glaubten ohnedies nicht, dass Sammy in der

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