Der Tod hat eine Anhängerkupplung: Ein Campingkrimi (German Edition)
Don’t Skip Intro
Auf dieser Buchseite steht ja sehr häufig, dass die Geschichte frei erfunden ist, dass lebende oder jüngst ins Jenseits entschwundene Personen hoffentlich keinerlei Ähnlichkeiten mit den Romanfiguren aufweisen, und sollte dem dummerweise doch so sein, dann sei das reiner Zufall und auf keinen Fall beabsichtigt.
Diesen Absatz überspringt der Leser geflissentlich. Das ist nichts Neues, das hat mit der eigentlichen Handlung nichts zu tun, also kann man auch direkt eine Seite weiter blättern und mit Kapitel eins beginnen. Der Internet-Freak kennt dieses Phänomen unter dem Fachbegriff Skip Intro . Ein Doppelklick auf die entsprechende Schaltfläche, und wochenlange Programmierarbeit für bunte Bildchen, lustige Explosionen und nervige Musik geht dem User am geneigten Arsch vorbei.
Ich möchte Sie inständig bitten, diese Seite nicht zu überlesen. Es ist mir sehr wichtig, dass Sie wissen, die Geschichte ist wirklich frei erfunden, und lebende Personen, Tote fallen mir in diesem Zusammenhang sowieso nicht ein, haben nichts, aber auch gar nichts mit dem hier beschriebenen Fall zu tun.
Möglicherweise haben Sie mich schon mal auf einem Campingplatz gesehen, oder ein Nachbar oder der Mann von der Waschstraße hat Ihnen erzählt, dass der Stelter regelmäßig auf einem bestimmten Campingplatz in Holland Urlaub macht.
Das stimmt, aber es hat mit der Geschichte nichts zu tun. Die Schilderungen des Camperalltags und die Beschreibungen der Halbinsel Walcheren entsprechen größtenteils den Tatsachen, aber seien Sie versichert: Auf meinem Campingplatz fühle ich mich pudelwohl und ausgesprochen sicher.
Das kapitalste Delikt, das jemals an unserem UrIaubsdomizil vorgekommen ist, war vor drei Jahren der Diebstahl von zwei Fahrradtachometern an einem Tag.
Dennoch gibt es einen guten Grund, warum diese Geschichte auf einem Campingplatz spielt. Was macht man denn, wenn das Frühstück verputzt und das Geschirr gespült ist? Man setzt sich mit einem Buch vor das Vorzelt, denn es gibt im Urlaub nichts Schöneres, als im Campingstuhl sitzend, den frischen Kaffee dampfend vor sich auf dem Tisch, ein paar Mörder zu jagen.
Also dann, bleibt mir nur noch eine Frage: Kennen Sie Inspecteur Piet van Houvenkamp? Nein? Ooh! Dann muss ich Ihnen den dringend vorstellen.
Samstag
1
»Die Passagiere gingen an Land. Dann wurden die Leichen von Louise Bourget und Mrs. Otterbourne von Bord der ›Karnak‹ geschafft. Zuletzt schiffte man Linnets Leichnam aus, und über die ganze Welt hin begannen die Drähte zu summen. Sie berichteten der Öffentlichkeit, dass Linnet Doyle, vordem Linnet Ridgeway, die berühmte, die schöne, die reiche Linnet Doyle, nicht mehr am Leben sei.«
Und wieder klappte Piet das abgegriffene kleine Buch zu. Er wusste selbst nicht, zum wievielten Male er das tat, zum wievielten Male er diese letzten Sätze von Tod auf dem Nil gelesen hatte.
Ja, es war brillant, wie Hercule Poirot diesen Fall gelöst hatte, so brillant, dass Piet schon damals, als er ein kleiner holländischer Junge war, ganz genau wusste, er würde auch Detektiv werden. Ein Detektiv wie Hercule Poirot, nein, ein noch besserer Detektiv, denn Hercule war ja Belgier.
Früher hatte er immer hinter der Mauer an der Gracht gelegen, und der kleine Vorsprung hinter der Mauer war gerade mal groß genug, dass der kleine, schmächtige Piet mit seinem Agatha-Christie-Roman darauf Platz fand. Seine Mutter hatte ihn nie gefunden. Sie hatte ihn oft genug gesucht, oft genug laut nach ihm gerufen, aber Piet hatte auf sein Versteck vertraut, und er verriet es ihr auch später nicht, denn ein Geheimnis, das ist etwas Besonderes. Ein Detektiv, der ein Geheimnis nicht für sich behalten kann, ist kein Detektiv.
Piet war inzwischen tatsächlich Detektiv geworden, ein guter Detektiv, er war Inspecteur am politiebureau in Middelburg. Wahrscheinlich wäre er niemals Inspecteur geworden, wenn er nicht als Elfjähriger auf dem kleinen Mauervorsprung an der Gracht Tod auf dem Nil gelesen hätte. Aber er hatte es damals gelesen, und seitdem noch unzählige Male.
Natürlich war es brillant, wie Hercule Poirot diesen Fall gelöst hatte, aber heute, mit den Augen eines Polizisten, sah er den Fall kritischer. Da wurde eine reiche junge Frau während der Flitterwochen auf einem Nildampfer umgebracht, hinterher sprangen noch zwei Tatzeugen über die Klinge. Zwar waren da jede
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