Mafiatochter
Häuser gestürmt worden waren, konnte er sich zusammenreimen, dass eine Großrazzia stattgefunden hatte. Also suchte er einen Ort, wo er erst einmal wieder einen klaren Kopf bekommen könnte. Er konnte keinem von uns helfen. Ein paar Stunden nach unserer Verhaftung stellte er sich freiwillig, als er erfuhr, dass auch er per Haftbefehl gesucht wurde.
Mama und ich waren unter den fünfundvierzig Personen, die an jenem Morgen verhaftet worden waren. In einem Streifenwagen brachte man uns zum Polizeihauptquartier in Phoenix und warf uns mit etwa dreißig anderen Gesetzesbrechern, Prostituierten und Drogenabhängigen in eine Zelle. Dort war kein Sitzplatz mehr frei.
»Kann sie sich setzen?«, fragte ich eine jüngere Person, die einen Platz hatte.
»Sie kann sich setzen, dann muss sie mir aber ihr Essen geben«, antwortete die Dame.
Mama weigerte sich. Man hatte ihr ein Paket mit einem Gefängnismittagessen gegeben.
»Mama, was willst du denn? Du wirst das sowieso nicht essen, also gib ihr einfach das Zeug«, sagte ich zu ihr. Ohnedies sollte das Essen aus der Gefängnisküche in einer Stunde kommen.
Ich wusste, dass man uns mit Mike Papas Ecstasy-Ring in Verbindung brachte, doch war mir nicht ganz klar, wie Mama und ich in dieses Schema passten. Man brachte uns für das weitere Vorgehen in einen anderen Gebäudeteil, eine Sonderbehandlung der falschen Art. Ich hörte einige Beamte sagen, wir seien die »Pyramidenspitze« der »Operation«.
Eine unserer neuen Zellengenossinnen fragte meine Mutter, warum wir verhaftet worden seien. »Ich weiß nicht«, antwortete Mama. »Sie sagen, ich sei der Finanzier eines großen Drogensyndikats.«
»Glauben Sie, ich kann einen Job bekommen, wenn ich rauskomme?«, wollte sie wissen. Sie sprach Mama wie eine alte Freundin an. Man kann dieser Scheiße nicht entkommen. Wie gesagt, eilte uns unser zweifelhafter Ruhm überall hin voraus.
Ich nahm an, dass man uns wahrscheinlich wegen des Verkaufs von Ecstasy verhaftet hatte. Das ergab jedoch keinen Sinn. Es waren zu viele Bullenautos, Helikopter und maskierte Agenten beteiltigt, angesichts der Sachlage ein totaler Overkill. Es ging ja nur um eine Handvoll Transaktionen.
Ich machte mir auch Gedanken um meinen Vater. Ich wusste, dass er Waffen besaß und sorgte mich, was er wohl tun würde. Später erzählte er mir, er sei durch Peties Gebell geweckt worden, als man ihn auch schon zu Boden geworfen hatte.
Papa war stets auf der Hut. Mir kam er vor, als wäre er schon vom Tag seiner Geburt an ein achtsamer Mensch gewesen. Einmal, als wir in Phoenix in einem Kino waren, zog er eine Pistole aus seiner Tasche und war drauf und dran, sie auf einen Typen abzufeuern, der uns zu verfolgen schien. Ich wusste nicht, was geschah. Wir verließen gerade das Kino, als er mich beim Arm nahm und sagte, ich solle weitergehen. Voller Entsetzen sah ich, wie er seine Hand auf den Revolver legte, den er in seiner Gesäßtasche stecken hatte. Es stellte sich heraus, dass unser Verfolger aus dem Kino Sammy the Bull erkannt hatte und nun wollte, dass mein Vater sein Buch, Underboss , signierte, das der Mann hinter seinem Rücken trug. Papa hatte das Buch versehentlich für eine Waffe gehalten und war bereit, zu reagieren. Gott sei Dank ließ sich die Angelegenheit gütlich regeln.
Am Morgen der Razzia waren die Bullen schneller als mein Vater und ließen ihm keine Gelegenheit, seine Waffe zu ziehen. Er versuchte, an seine Waffe zu kommen, doch die Wohnung wurde so schnell gestürmt, dass er sie nicht erreichte. Er hielt die Polizisten für Killer. Wenn ein Killerkommando käme, wollte Papa sich wenigstens nicht kampflos verabschieden.
Papa war ein verurteilter Schwerverbrecher, also durfte er eigentlich keine Waffe besitzen, doch fand er immer, dass er eine benötige, falls irgendetwas passieren sollte.
Papa wurde in dasselbe Gefängnis gebracht wie wir, jedoch in einem anderen Gebäudetrakt festgehalten, sodass wir absolut im Dunklen darüber blieben, was mit ihm geschah. Meine Mutter und ich wurden am nächsten Tag gegen Kaution entlassen. Mein Bruder hatte sich freiwillig gestellt, doch vergingen noch einige Tage, bis meine Großeltern das Geld für seine Kaution zusammenhatten. Sämtliche unserer Bankguthaben waren eingefroren worden, also musste Gerard warten, bis meine Großeltern ihr Haus als Kaution stellen konnten. Mein Vater saß in Einzelhaft in einem Gefängnis in der Innenstadt von Phoenix. Seine Kaution wurde auf fünf Millionen Dollar
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