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Magazine of Fantasy and Science Fiction 22 - Im Angesicht der Sonne

Magazine of Fantasy and Science Fiction 22 - Im Angesicht der Sonne

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 22 - Im Angesicht der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.A.
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stieg die Temperatur der äußeren Hülle um hundertzwei Grad.
    Ich beobachtete den Bildschirm der Bugkamera. Die Sonne war jetzt ein Flammenmeer. Ein wogendes Meer, das uns mit magischer Gewalt anzog; Anfang und Ende zugleich. Sie war alles und nichts, und ihr gewaltiges Auge starrte uns unentwegt an.
    Am sechzehnten Tag schlief ich wieder.
    Am siebzehnten Tag beobachtete ich nur die Sonne.
    Am achtzehnten Tag schlief ich.
    Und am neunzehnten.
    Am zwanzigsten Tag war die Hülle kirschrot und wies bereits weißglühende Stellen auf. Ich ließ die Klimaanlage auf vollen Touren arbeiten.
    Die Sonne glühte; sie bedeckte den Himmel; sie war einfach da.
    Am zweiundzwanzigsten Tag hatten sie ein Schild aufgestellt. Ich sah es nur zufällig. Es stand vor meinem Körper. Je näher wir der Sonne kamen, desto größer wurde das Bedürfnis, einen Blick auf meinen Körper zu werfen, um zu sehen, ob er etwa angesengt war ...
    Aber dort stand ein Schild. Jessie, wir werden verrückt. Das Ding läßt uns nachts nicht mehr in Ruhe. Wir schlafen abwechselnd, während zwei von uns Wache halten. Warum hast du dich diesmal nicht gemeldet? Wir wollen nach Hause. Wir haben seit Tagen Schilder aufgestellt. Es fängt jetzt an, unsere Lebensmittel zu vernichten. Wir leben in ständiger Angst. Wir wollen nach Hause zurück.
    Ich hatte vergessen, mich zu melden. Seit wann eigentlich? Dieser Gedanke erschreckte mich. Das war mir bisher noch nie passiert. Ich überprüfte rasch noch alle Funktionen des Schiffes, bevor ich in meinen Körper zurückkehrte.
    Und ich fuhr zusammen, als ich die Sonne sah. Sie war das Universum. Von ihrer lebenden Oberfläche aus erstreckten sich lange Arme nach allen Richtungen. Auf ihrer Oberfläche bildeten sich dunkle Wolken, wanderten und vergingen wieder. Meine Augen taten weh, obwohl das Licht abgeschirmt war.
    Eine Stunde verstrich, und ich konnte mich nicht losreißen.
    Die Sonne war flüssiges Feuer. Sie lebte, und sie war gleichzeitig alle Feuer, die es je gegeben hatte. Sie war Nero in Rom. Sie war Chicago. Sie war San Francisco nach dem Erdbeben. Sie war das große Mondfeuer – tausend Kuppeln, die mit brennender Atmosphäre gefüllt waren. Sie war das größte Feuer aller Zeiten. Und sie brüllte und kreischte. Sie war das größte Feuer aller Zeiten und alle Opfer aller dieser Feuer aller Zeiten. Sie war Anfang und Ende zugleich. Sie war die lebende Hölle. Sie war der sterbende Himmel. Das Feuer wütete. Die Opfer schrien.
    Ich floh entsetzt, nahm meinen Weg durch die Klimaanlage und schaltete sie aus. Ich schlüpfte durch Kabel, durch Wände, suchte verzweifelt einen Ausweg – und wollte eigentlich doch keinen. Ich wollte nachsehen, ob mein Körper bereits verkohlt war, und warf deshalb einen Blick in den Kontrollraum. Amishi lag mit gebrochenem Genick in seinem Sessel. Malherbe war buchstäblich zerfetzt, und Alexander lag in einer großen Blutlache. Er ballte noch im Tod die Faust. Die Temperatur betrug sechsundzwanzig Grad. Die Sonne hatte sie nicht ermordet.
    Auf einem Schild stand: Jessie, hör um Gottes Willen damit auf! Du bist das Ungeheuer. Amishi ist davon überzeugt, daß du es selbst bist. Nicht in Person – aber das Ungeheuer ist ein Roboter-Mechaniker, den du dirigierst, und wir können ihn nicht aufhalten. Warum, Jessie? Das Gesicht aus Kunstgewebe, das du ihm gegeben hast – keine Augen, Jessie. Und Brandblasen und Narben. Schrecklich. Sei doch wieder vernünftig, Jessie! Mein Gott, Jessie ... Jessie, hör zu. Warum kehrst du nicht einfach um? Nicht zur Sonne, Jessie. Das wolltest du doch, nicht wahr? Nicht zur Sonne? Du mußt den Robomech aufhalten, Jessie. Jetzt! Jetztjetztjetzt! Jetzt ...
    Ich weinte. Ich wollte auf Gegenkurs gehen. Ich wollte nicht auf Gegenkurs gehen. Ich wollte beides und nichts.
    Ich raste durchs Schiff, stieg nach oben durch die Decks und näherte mich der Außenhülle, obwohl die Klimaanlage ausgeschaltet war. Die Hitze wurde stärker, noch stärker, unerträglich. Wimmernd.
    Wimmernd.
    Die Sonne ist ein großes göttliches Auge. Die Sonne nimmt, und nur die Sonne kann es zurückgeben.
    Die Hitze lähmt meine Gedanken. Mein Körper befindet sich vierzig Decks unter mir, wo die Temperatur jetzt dreiundfünfzig Grad beträgt. Die Hitze beeinflußt meine Gedanken noch stärker, wenn ich mich in die Außenhülle versetze. Sie schmerzt, sie schmerzt. Die Flammen brennen wie das Höllenfeuer.
    Bitte, Mandy ...
    Bitte, Mandy ...
    Hilf mir, daß ich wieder nach

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