Magic Park 1 - Das Geheimnis des Greifen (German Edition)
Lippen.
Der Gang war verlassen. Er eilte zur Cafeteria, vorbei an jeder Menge gelber Spinde. Als er näher kam, hörte er aufgeregte Stimmen. Vor der grünen Metalltür blieb er stehen, bückte sich und tat so, als müsste er seine Schnürsenkel binden, während er lauschte.
»Aber wie kann denn alles weg sein?«, schrie Miss McCaffrey.
»Kein Krümel ist übrig!« Diese Stimme gehörte Buck, dem Mann, der für die Küche der Cafeteria zuständig war. »Ich hab es Ihnen doch gesagt: Jemand hat die Kühlschränke und die Gefriertruhe aufgebrochen und alles aufgegessen. Das Chili, die Tortilla-Fladen, den Käse, den Wackelpudding, die Schokomilch, die Tomatenscheiben – alles, was wir heute zum Mittagessen servieren wollten! Alles weg!«
»Das muss ein wildes Tier gewesen sein«, mutmaßte Direktor Upton mit seiner schläfrigen Nuschelstimme. »Vielleicht ein Bär.«
»Ein besonders sorgfältiger Bär«, höhnte Buck. »Einer, der Türen und Dosen öffnen kann.«
»Dosen?«, hakte Miss McCaffrey nach.
»Sehen Sie!«, zeterte Buck. »Alle roten Bohnen – die Deckel hochgedrückt und leer geleckt!«
»Vielleicht hat der Bär sie mit seinen Krallen geöffnet«, überlegte der Direktor, auch wenn ihm diese Theorie offenbar selbst unglaubwürdig vorkam.
»Nur den Salat hat er übrig gelassen.« Buck klang, als wäre er am Boden zerstört. »Und dann diese roten Federn überall. Wahrscheinlich hat das Vieh irgendeinen Vogel hier reingeschleppt, um ihn auch noch zu fressen.«
»Wie auch immer. Nur Salat können wir zum Mittagessen jedenfalls nicht auftischen!«, keifte Miss McCaffrey.
»Das ist mir schon klar!«, schrie Buck.
»Schreien Sie mich gefälligst nicht an!«, brüllte sie zurück.
»Mr Wilde?«
Logan hätte vor Schreck beinahe das Gleichgewicht verloren. Er hatte völlig vergessen, weiter so zu tun, als würde er sich die Schuhe binden – oder darauf zu achten, ob sich jemand näherte.
Vor ihm stand die Schulbibliothekarin mit einem freundlichen, aber verwirrten Ausdruck im Gesicht. Ihre Haut hatte die Farbe von Karamell und ihre langen schwarzen Haare hatte sie zu einem Pferdeschwanz gebunden. Sie trug einen knöchellangen knallgrünen Rock, der mit lauter rautenförmigen Spiegelteilchen bestickt war, und eine Bluse in Hellrosa, die ganz und gar nicht dazu passte. Ihr Name wollte ihm spontan nicht einfallen. Daher war er auch mehr als erstaunt, dass sie seinen kannte.
»Äh, also … tut mir leid«, stammelte er und stand auf. »Ich war … Ich habe nur …«
Sie legte einen Finger auf ihre Lippen. »Haben sie endlich herausgefunden, was los ist?«, flüsterte sie und nickte in Richtung Cafeteria.
Logan schüttelte den Kopf.
»Weißt du es vielleicht?«, fragte sie.
»Ich? Ich weiß gar nichts. Ich hab mir nur die Schuhe zugebunden.«
»Hmmm«, machte sie und betrachtete skeptisch seine Turnschuhe. »Haben sie von Federn geredet?«
»Ja. Aber ich glaub nicht, dass ein Vogel das angerichtet hat. Vögel essen doch kein Chili«, antwortete Logan. »Ich meine – stimmt doch, oder?«
Sie starrte abwesend in die Cafeteria, als würde sie ihm gar nicht zuhören.
»Na geh schon, husch, husch!«, scheuchte sie ihn davon. Erleichtert floh er den Gang hinunter.
Als Logan zurück in die Klasse kam, hielt Mr Christopher gerade einen Vortrag über Polynomgleichungen. Logan ließ sich auf seinen Stuhl gleiten und riss einen Zettel aus seinem Block.
Irgendwas hat die komplette Cafeteria leer gefressen , schrieb er. Klang aber nicht nach einem Hund. Vielleicht ein Bär? Im Augenblick passiert nicht viel – nur ein paar Erwachsene, die sich anschreien. Er faltete den Zettel, und als Mr Christopher nicht hinsah, warf er ihn auf Zoes Tisch.
Sie las ihn, ächzte leise und ließ den Kopf auf die verschränkten Arme fallen. Nicht ganz die Reaktion, mit der Logan gerechnet hatte.
Hektisch zupfte er höchst konzentriert lose Papierstücke aus der Spiralbindung seines Blocks. Er legte ohnehin keinen besonderen Wert darauf, mit der abgedrehten Zoe Kahn befreundet zu sein. Ständig schlief sie im Unterricht ein und ließ sich die wildesten Ausreden einfallen, weil sie wieder einmal die Hausaufgaben nicht dabeihatte. Auch wenn die Lehrer nicht merkten, dass sie schwindelte – Logan wusste es.
Ihre Klamotten waren immer entweder voller Löcher oder voller Flecken und dabei schien ihr das noch nicht einmal etwas auszumachen. Sie führte andauernd Selbstgespräche und kaute an ihren Nägeln
Weitere Kostenlose Bücher