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Magical Mystery

Magical Mystery

Titel: Magical Mystery Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regener
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als ich da neben den picknickenden Multitoxikern im Gras lag und die Wolken betrachtete.
    Das war das Versprechen gewesen.
    Am nächsten Morgen ging ich zum Bahnhof Altona. Gudrun verabschiedete mich mit den Worten, ich könne das ja wohl gut alleine schaffen, den Zug nach Uelzen könne ja wohl »jeder Döspaddel« kriegen, das hätten schon ganz andere geschafft, da brauche sie ja wohl nicht mitzukommen. Dabei hatte ich sie gar nicht darum gebeten, aber sie ging wohl zu Recht davon aus, dass Werner mitgegangen wäre, und da wollte sie wohl gleich mal ihren abweichenden, auf die Eigeninitiative und die Eigenverantwortlichkeit ihrer Schützlinge vertrauenden Standpunkt klarmachen. Sie war eine gute Seele, die alte Charityhaubitze, und ich verabschiedete mich von ihr mit einem schlechten Gewissen.
    Der Bahnhof Altona war ein Sackbahnhof. Von ihm gingen alle Züge los und in ihm endeten alle Züge. Der nach Uelzen stand auf Gleis 12. Auf Gleis 10 stand der nach Berlin. Den nahm ich dann.

TEIL 2
    2. Teil
Mitte

10. Alles leer
    Ich atmete erst auf, als wir hinter Büchen waren, also in der DDR oder dem, was davon noch übrig war, die Grenzkontrolle war ja weg, unfassbar eigentlich, dass die Uniformfreaks mit ihren aufklappbaren Umhängetäschchen nicht mehr ihre Formular- und Stempeloperette abzogen. Aber der Zug war noch so eine alte Reichsbahngurke und die Zuggeschwindigkeit stimmte auch noch, ab Büchen zuckelten wir mit dreißig Sachen über die Betonschwellen. Bis Büchen hatte ich noch Angst gehabt, dass ich es mir anders überlegen könnte, von Büchen aus hätte man noch einen Schienenbus nach Uelzen kriegen und die St.-Magnus-Sache durchziehen können, erst danach, als der DDR-Kram begann, der seit einigen Jahren ja wohl keiner mehr war, entspannte ich mich ein bisschen und ging in den Speisewagen, der immer noch Mitropa hieß und auch noch genauso aussah. Nach zwei Kännchen Kaffee und einer halben Schachtel Zigaretten hatte ich mich so weit beruhigt, dass ich aus dem Fenster gucken und darüber nachdenken konnte, was jetzt eigentlich Sache war. Viel kam dabei nicht heraus: Clean Cut 1 lag hinter mir, und alles, was mir noch blieb, war ein bisschen Geld bei der Haspa und ein Jobversprechen von zwei Ravern, die einen Club und ein Label betrieben und denen es offenbar gut genug ging, einem Klapsmühlenzausel wie mir viertausend Mark für zehn Tage Arbeit anzubieten.
    Bis Wittenberge war das durchdacht, danach war alles leer. Die alten Sachen waren Vergangenheit und die Zukunft war offen. Keine Richtung, kein Plan. Das gefiel mir ganz gut.

11. Ihr Fahrplaner
    Der Zug hielt in Nauen, und als er da wieder abfuhr, roch es schon irgendwie nach Berlin. Ich wurde unruhig, an Nauen konnte ich mich nicht erinnern, ich kannte das gar nicht, wusste gar nicht, wo das lag, aber es roch nach Berlin, als wir da rausfuhren, wobei riechen das falsche Wort ist, es war etwas Elektrisches, wahrscheinlich bloß Einbildung, eine Unruhe, die mich erfasste, jetzt geht’s los, dachte ich, jetzt geht’s los, aber viel ging da erstmal nicht, da kamen erst noch kleine Häuschen und kleine Straßen und dazwischen Felder und Gewerbe, das sah alles noch ziemlich nach Othmarschen aus, wenn auch in einer DDR-Version, also etwas abgeschabter, aber dann hörte das mit den Feldern und Wäldern ganz auf und wir fuhren nach Berlin rein, irgendwie Spandau oder sowas, und dann durch Charlottenburg und zwischen Kudamm und Kantstraße, und als wir uns dem Bahnhof Zoo näherten, kriegte ich Angst und überlegte, einfach sitzenzubleiben und gleich weiter bis Hauptbahnhof zu fahren, was immer das sein sollte, Hauptbahnhof, seit wann hatten die hier einen Hauptbahnhof, richtig schlau wurde man da nicht aus dem IC-Fahrplanblättchen, in dem ich die ganze Zeit zwischen Wittenberge und Nauen sinnlos herumgeblättert hatte, ein Umstand, dem ich wohl auch die Ahnung der Nähe Nauens zu Berlin zu verdanken hatte, wie mir jetzt auffiel, an dieser Ahnung war ja wohl nichts Mystisches und nichts Elektrisches gewesen, wenn man sich erstmal klarmachte, dass im Faltblatt »Ihr Fahrplaner«, das ich die ganze Zeit zwischen Wittenberge und Nauen völlig enthirnt von hinten nach vorne und von vorne nach hinten durchgeschmökert hatte, der Abstand zwischen Nauen und Berlin-Zoologischer Garten mit 34 km angegeben war, das war ja wohl das verdiente Ende jeder esoterischen elektrischen Vorahnungsbehauptung, aber Hauptbahnhof kam mir genauso esoterisch vor, deshalb fragte

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