Magie und Schicksal - 2
gerade gesagt hat. Luisa ergeht es wohl ebenso, denn wir beide drehen uns nach einem Augenblick gemeinsam zu Sonia um.
»Byron!«
Sie errötet, und ich verspüre einen Anflug von Fassungslosigkeit, dass Sonia nach allem, was geschehen ist, noch
immer bei der simplen Erwähnung eines Gentlemans rot wird.
»Ich sah ihn auf einer Veranstaltung der Gesellschaft, nachdem wir von Altus zurückgekehrt waren.« Ihr Blick huscht zu Luisa. »Er ist derjenige, der mir zuerst von dem Maskenball erzählt hat.«
Ein kalter Windstoß fegt in das Innere der Kutsche, als Edmund, der in seiner formellen Uniform sehr fesch aussieht, den Wagenschlag öffnet. »Meine Damen.«
Zitternd zieht sich Luisa ihren Umhang enger um die Schultern. »Gehen wir? Es scheint, als ob Dimitri nicht der einzige Herr ist, der unsere Ankunft sehnsüchtig erwartet.«
Es ist so leicht, sie mit einem Lächeln zu beschenken. Niemand außer Luisa wäre so großzügig, um Sonia und mir unsere Amouren zu gönnen, nachdem sie ihren eigenen Liebhaber auf Altus zurücklassen musste.
Der Gedanke an die Insel ist wie eine warme Brise in meinem Herzen. Wie Blitze zucken die Impressionen durch meinen Sinn: Der Duft der Orangen, die Brandung, die sich an den Felsen unterhalb des Heiligtums bricht, Seidengewänder auf nackter Haut.
Ich schüttele den Kopf und lenke meine Sinne auf die eine Person, die mir all das näherbringen kann, obwohl mich eine ganze Welt von Altus trennt.
Wir legen noch in der Kutsche unsere Masken an, ehe wir hinaus in die Kälte treten und eilig in Richtung des großen Saals hasten. Ich schiebe mich durch die Menge, die
sich am Straßenrand versammelt hat, und habe mit einem Mal den Eindruck, mich in einer Art Kuriositätenkabinett zu befinden. Die kostümierten Gestalten ringsum kommen mir geschmacklos und grell vor, meine eigene Maske sitzt zu fest auf meinem Gesicht. Durch die Masken sind Gespräche kaum möglich, und ich bin erleichtert, als ein groß gewachsener, spindeldürrer Mann seine Verkleidung lüftet und sich als Byron zu erkennen gibt. Er verbeugt sich, nimmt Sonias Hand, und sie lächelt scheu, als er sie auf die Tanzfläche führt. Kurz darauf entschwindet Luisa mit einem blonden Herrn, der seine Augen nicht von ihr abwenden kann. Ich sehe, wie meine Freundinnen unter den bewundernden Blicken der Männer, die sie über die Tanzfläche wirbeln, erblühen, und kann es kaum fassen, dass wir uns vor gar nicht allzu langer Zeit als schüchterne Mädchen in New York kennenlernten.
Ich überlege gerade, ob ich mich auf den Weg machen soll, um mir eine Erfrischung zu holen, als ich einen Mann bemerke, der mitten in einer Menschenansammlung ein Stück weit entfernt steht. Ich weiß sofort, dass es Dimitri ist, obwohl wir einander nichts über unsere Masken verraten haben. Vielleicht sind es seine Schultern und seine ganze Haltung – als ob er jeden Augenblick angegriffen werden würde und sich (und mich) verteidigen müsste –, die mir die Gewissheit geben, dass er es ist.
Er dreht sich um und seine Augen fangen meinen Blick ein. Dann schreitet er durch die Menge auf mich zu, ohne seine Augen ein einziges Mal von mir abzuwenden.
Seine Maske ist herrlich, besetzt mit Onyx-Steinen inmitten von silbernem Flitter und tiefroten Federn.
Als ob er gewusst hätte, dass ich das blutrote Kleid wählen würde.
Als er bei mir angekommen ist, nimmt er meine Hand, aber er beugt sich nicht darüber, um sie zu küssen. Dimitri gibt nicht vor, die Regeln der Londoner Gesellschaft zu befolgen. Seine große Hand umfasst meine kleinere und er zieht mich an sich, bis ich die harten Muskeln seines Körpers spüre. Er schaut mir tief in die Augen und senkt dann seinen Mund auf meine Lippen. Sein Kuss ist leidenschaftlich und lang, und ohne nachzudenken hebe ich meine Hand und lege sie auf das dunkle Haar an seinem Nacken. Nur widerstrebend lösen wir uns voneinander. Einige der Gäste in unserer Nähe heben die Augenbrauen, ehe sie sich wieder ihren eigenen Angelegenheiten zuwenden.
Seine Stimme, die mir ins Ohr flüstert, ist nur für mich bestimmt: »Du siehst hinreißend aus.«
»Ich muss schon sehr bitten, Sir! Sie nehmen sich ja allerhand heraus!« Ich hebe das Kinn, schaue ihm in die Augen und klimpere mit den Wimpern, als wäre ich ein schüchternes Mädel vom Lande. Einen Moment später kann ich nicht mehr an mich halten; ich muss lachen. »Woher wusstest du, dass ich es bin?«
»Ich könnte dich dasselbe fragen.« Er grinst mich
Weitere Kostenlose Bücher