Magierlicht (Mithgar 08)
Masten, Segel, der Rumpf, die Männer, all das verschwand in dem donnernden Strom.
Im Hafen von Adeo, gut fünfundzwanzig Meilen entfernt, schwangen die gewaltigen Schiffe der Gothonier an ihren Ankerketten herum, und einige zerrten ihre riesigen Schleppanker eine ganze Strecke weit über den Meeresboden, bevor sie sich irgendwo verhakten und das Schiff festhielten.
Eine weitere gigantische Felsplatte des Schildwalles fiel nach innen und noch mehr Seewasser strömte in den Schlund.
Das Wasser bedeckte den gesamten Boden der Kluft und drang durch alle Spalten, Löcher, Ritzen in den gewaltigen Abgrund, bis hinab zu der brennenden Lava, die darunter kochte. Als die beiden Elemente aufeinandertrafen, verdampfte das Wasser explosionsartig und schoss in gewaltigen Fontänen empor, bis hoch in die Luft. Immer noch spien Geysire ihr kochendes Wasser in das eiskalte der hereindringenden Avagon-See, wahrend die blubbernden Schlammlöcher mit dem schwefeligen Magma weggerissen wurden und sich in dem eiskalten Wasser zu einem dunklen, widerlichen Brei verwandelten, der immer und immer langsamer floss.
Zertrümmerte Brocken des schwarzen Gesteins wurden ebenso von den Fluten nach Nordwesten mitgerissen wie Splitter und Scherben der kristallinen Strukturen und auch die Leichen der ertrunken Rukhs und Hlöks und Ghûls mit ihren Hèlrössern – und ebenso Trolle und Gargons. Das Wasser schob sie über den Boden, zertrümmerte sie an den Steinen, zerfetzte die Leichen zu unerkennbaren Kadavern, während sie den Hang hinab und in die unergründlichen Tiefen unter der Kluft gerissen wurden.
Unter einer gewaltigen Felsplatte des Schildwalles ersoff Daagor, wütend und Flammen spuckend, noch während er starb.
Und im Osten kippte noch eine Felsplatte in den Schlund hinab. Jetzt war der Schildwall beinahe vollständig zerstört, und die Avagon-See rauschte voller Triumph, als sie sich in die gesamte Kluft ergoss.
Nach wie vor strömte Wasser durch die Spalten und Ritzen und Krater und Löcher in den Abgrund, und immer wieder stieg Qualm aus der Tiefe empor. Detonationen erschütterten den Boden.
Der Hochkönig musterte diese Apokalypse. Modru und sein gewaltiger Schwarm waren nicht mehr, Daagor war abgetaucht, die Hyrinianier, Chabbaner, Kistaner, die Fäuste von Rakka, der Stamm von Jûng, alle waren ausnahmslos ertrunken.
Jedoch auch viele der Verbündeten hatte dieses Schicksal ereilt: Zwerge, Menschen, Elfen, Baeron … all jene, die nicht weit genug oben am Hang gewesen waren, als die ungeheure erste Welle zugeschlagen hatte. All diese zählten zu den Verlusten in jener Schlacht. Hochkönig Blaine richtete seinen Blick auf eine Stelle, wo vier vom Kleinen Volk um einen fünften herumstanden, der regungslos auf dem Boden lag. Bei diesem Anblick schlug Blaine die Hände vor das Gesicht, sank auf die Knie und weinte, als Trauer und Verlust ihn überkamen, denn er hatte so viele Freunde verloren, so viele Kameraden waren gefallen und so viele Verbündete gestorben. Dennoch mischten sich auch Tränen der Erleichterung dazwischen, denn durch diesen unerwarteten Schlag war die Schlacht beendet worden …
… und damit auch dieser große und schreckliche Krieg.
21. Kapitel
Acht Tage später war das Heer bereit, die Umgebung von Hèlofen zu verlassen. Die Wasser der Avagon-See strömten immer noch durch den Spalt, wo einst der Schildwall gewesen war. Doch ihr Brausen hatte immer mehr abgenommen, je weiter sich der große Schlund gefüllt hatte. Tipperton, Beau, Rynna und Linnet standen jetzt in der Nähe der Stelle, an welcher sich einst die gewaltige Barriere getürmt hatte, und blickten hinab.
»Himmel«, rief Beau, »ich hätte nie gedacht, dass ich einmal Zeuge werden würde, wie eine See entsteht. Wie wird man sie wohl nennen, was meint ihr?«
»Hèlozean. Würde mich jedenfalls nicht wundern«, erwiderte Tipperton und deutete auf eine Stelle, wo eine gewaltige Wassersäule aufstieg, verursacht durch eine unterseeische Explosion.
»Farrin hat gesagt, dass die Utruni sich daran machen, das Land wieder zu beruhigen«, meinte Rynna. »Sie arbeiten tief unten im lebenden Gestein, um es zur Ruhe zu bringen. Das tun sie ohnehin die ganze Zeit, wisst ihr?«
»Da unten lodert Feuer und dort schmelzen Steine«, knarrte jemand hinter ihnen. Es war Bekki. »Die Steingiganten werden Schwierigkeiten haben, an einem Ort zu arbeiten, der sich kaum von den Eingeweiden eines Feuerberges unterscheidet. Es ist ein lebensgefährlicher
Weitere Kostenlose Bücher