Magische Verführung
Im Geiste sah er sie vor sich, in einem schwebenden Bett irgendwo im All oder vielleicht auf dem mysteriösen Heimatplaneten der Hüter, schlafend, träumend. Um ihm einen gesunden Körper zu geben, hatte Cass zwei Jahre lang geschlafen.
Die Zeit verging. An jedem Valentinstag pflückte Mac eine Rose und streute die Blütenblätter in den Wind. Im All gab es Winde, dachte er. Vielleicht würden die Blütenblätter Cass erreichen.
Als er zwanzig war, nahm ihn seine Mutter für ein Gespräch beiseite. »Mac, ich weiß, dass sich die Männer der Familie Tanner früh entscheiden und dann niemals von ihrem Weg abweichen, aber sie ist fort. Sie ist jetzt eine Hüterin. Die Hüter mögen die Menschen, aber sie heiraten sie nicht. Sie sind zu mächtig, zu ungewöhnlich.«
Mac machte es nichts aus, gewöhnlich zu sein. Das hatte es noch nie. Er glaubte auch nicht, dass es Cass gestört hatte -schließlich hatte sie versprochen, seine Frau zu werden. »All das war sie schon, als ich mich in sie verliebt habe.«
Seiner Mutter zuliebe willigte Mac ein, mit der einen oder anderen Frau auszugehen. Die Frauen waren sehr schön, und eine von ihnen brachte ihn sogar zum Lachen. Aber am nächsten Valentinstag lernte er für sein Aeronautik-Examen. Er vergaß auch die Rose nicht. Sie stand neben ihm, während er lernte. Und kurz vor Mitternacht fand er einen guten, starken Wind und sandte die Blütenblätter zu Cass.
Auf der Basis nannten sie ihn Mad Mac, den verrückten Mac - der einzige Mann, der sich je in eine Hüterin verliebt hatte. Aber wenn es Zeit war, die Trainingsmannschaften zusammenzustellen, wählten sie Mac immer als Ersten aus. Er war ein Ingenieur, dem ein Pilot vertrauen konnte, denn Mac überprüfte immer alles doppelt und dreifach. Er konnte sich keine Fehler leisten, nicht, wenn er Cass noch rechtzeitig erreichen wollte.
Denn inzwischen kämpfte er gegen eine andere Uhr.
Endlich, lange nachdem er auf der Basis angefangen hatte, wurde aus einer Trainingsmission eine echte. Mac wurde in die unendliche Nacht hinausgeschickt, die die Erde umgab, zu der Raumstation, auf der alles begonnen hatte. Überall hatten dort die Hüter ihre Spuren hinterlassen - in der sauberen Luft, in den Bäumen, die bei Schwerelosigkeit wuchsen, in dem blauen Himmel, der so sehr dem der Erde glich -, aber es war kein Vertreter der uralten Rasse zu entdecken.
»Sie kommen nur alle paar Jahrzehnte vorbei«, sagte man ihm. »Wahrscheinlich dauert es noch mindestens dreißig Jahre, bis sie wiederkehren.«
Mac spürte die Enttäuschung wie einen Schlag. Zu lange, das war zu lange ... denn Mac war menschlich, mit einer menschlichen Lebensdauer. Zum ersten Mal seit seinem sechsten Lebensjahr zog er die Möglichkeit in Betracht, dass er Cass Hamilton vielleicht doch nicht heiraten würde. Nicht in diesem Leben.
In jener Nacht träumte er. Cass saß auf der Brüstung eines weißen Marmorbalkons, die Beine gekreuzt. Ihre Augen strahlten hell. Sie war älter und sogar noch schöner. Und ihr hübsches weiches Haar war gewachsen, so dass es sich jetzt hinter ihren Ohren ringelte. Mac hatte immer gewusst, dass es das tun würde - es hatte nur ein bisschen mehr Zeit gebraucht.
»Hallo, Mac«, sagte sie.
Er wusste, dass sie eine Hüterin war, aber er streckte den Arm aus und barg ihre Wange in seiner Hand. »Ich vermisse dich.« Sie war in seinem Blut, in jedem Atemzug, den er tat. Dass er noch ein Kind gewesen war, als er sich in sie verliebt hatte, spielte keine Rolle. Seine Liebe war rein, seine Hingabe endlos. Die Männer der Familie Tanner entschlossen sich früh und wichen dann nie mehr von ihrem Pfad ab.
Ihre Hand legte sich über die seine, und Kummer trat in ihren Blick. »Ich kann dich nicht zu mir träumen. Ich bin zu jung.«
Alle Zweifel schwanden. »Ich werde dich heiraten, Cass.«
»Ich weiß.« Ihr Lächeln wurde so hell, dass es die Sonne überstrahlte. »Mac, du hast silberne Strähnen in deinem Haar!«
Er lachte, als sie aufstand und ihre Finger durch seine Haare gleiten ließ. »Endlich bin ich älter als du. Und ich werde mit jedem Tag noch älter.« Während sie alterslos blieb, eine Hüterin. »Wirst du mich jetzt immer noch heiraten, obwohl ich schon so in die Jahre gekommen bin?«
»Ich würde dich heiraten, selbst wenn du der älteste Mann auf der Erde wärst.« Dieses Mal vereinigten sich ihre Lippen zum Kuss. Sie war so weich, so wundervoll weiblich unter seinen Händen. Sein ganzes Leben lang hatte er darauf
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