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Magische Zeiten - Ploetzlich verzaubert

Magische Zeiten - Ploetzlich verzaubert

Titel: Magische Zeiten - Ploetzlich verzaubert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Henkel
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stand jetzt auch auf. »Luna…«, begann sie tröstend.
    »Hört zu!« Marli hob das Kinn. »Ich kümmere mich darum. Ich renne zur Schule und halte sie auf!«
    »Was, wie?« Suse griff nach ihrem Arm. »Echt, Marli, das bringt doch nichts.«
    »Stimmt. Wenn du so schnell rennen kannst wie ich, brauchst du fünf Minuten. Und selbst wenn du rechtzeitig dort ankommst, was dann? Mit dem Fuß brauche ich mindestens eine Viertelstunde.«
    »Lass das mal meine Sorge sein.« Sie beugte sich vor (sie ist natürlich auch größer als ich, nicht so groß wie Suse, aber ganz eindeutig größer als ich!), blickte mir tief in die Augen und sagte: »Ich krieg das hin.«
    »Selbst eine abgebrühte Bitch aus Hell’s Kitchen wie du kann nicht alles«, scherzte ich. Aber ich merkte sofort, dass Marli das ernst meinte.
    »Vertrau mir, okay? Ich kümmere mich drum. Ihr geht jetzt einfach zur Aula, ich regle den Rest.«
    Und dann tat sie etwas, das mir fast das Blut in den Adern gefrieren ließ. Sie zerrte an dem orangenen Tapeband um ihren Ringfinger. Als es sich ratschend löste, kam darunter ein Ring zum Vorschein. Ein Ring, der exakt so aussah wie die Ringe, die Suse und ich von Ururoma Elsa bekommen hatten. Gold und darin ein Diamant. Lila wie Marlis Augen.
    Ich hörte, wie Suse neben mir nach Luft schnappte. Wo kam bloß dieser Ring her? Ich sah noch, wie Marli ihn erst fixierte und dann fest die Augen zukniff. Mich überkam so ein seltsames Gefühl, als würde die Zeit stehen bleiben, und noch bevor ich irgendetwas sagen konnte, war Marli verschwunden. Wie vom Erdboden verschluckt.
    »Wo…?«, fragte Suse.
    »Krass«, sagte ich.
    Suse schlang sich meinen Arm um ihren Hals. »Ich stütze dich. Okay, los.« Und dann, als wir uns, so gut es ging, vorwärts bewegten, fragte sie: »Hast du den Ring gesehen?«
    »Hab ich.«
    »Was hat das zu bedeuten?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht. Ich komm da nicht mehr mit.«
    Schweigend stapften wir den Weg zurück, den ich vorher gerannt war. Irgendwo entdeckte ich Mamas Hut an einem Ast, nahm ihn herunter und setzte ihn wieder auf. »Suse«, sagte ich. »Was da die letzten Wochen passiert ist…«
    »Spar dir den Atem.« Suse drückte mich seitlich an sich. »Wir gehen jetzt erst mal zurück und bringen die Sache in Ordnung.«
    Sie hatte recht. Alles andere konnten wir später klären. Das mit Marlis Ring und das mit uns.
    »Ich bin mir sicher, du hättest gewonnen«, sagte Suse.
    Als ich in die Aula humpelte, glaubte ich, meinen Augen nicht zu trauen. Marli stand auf der Bühne mit ihrem zerzausten Haar und in der orangen, schlabbrigen Jogginghose. Sie hielt ein Mikrofon in der Hand, als wäre es eine giftige Schlange, so weit von ihrem Mund entfernt, wie ihr Arm es zuließ. Und sie sang (wenn man ihr Krächzen singen nennen will) schrecklich falsch und misstönend: »I was made for lovin’ you baby, you were made for lovin’ me, and I can’t get enough of you baby, can you get enough of me?«
    Dabei zappelte sie herum mit ihren schlaksigen Beinen und stellte irgendwas mit ihrer Hüfte an. Sollte wohl ein Hüftschwung sein. Körperklaus sag ich nur. Kein Anzeichen davon, wie elegant sie sonst über Hindernisse hüpfte und Saltos schlug. Suse und ich starrten sie mit offenem Mund an, genauso wie der Rest des Publikums. Ein paar Mütter hatten sogar die Hände vor den Mund geschlagen und schüttelten den Kopf. Alenya, die mit ihrem Headset neben der Bühne stand, versuchte offenbar alles, um nicht umzufallen vor Lachen. Der Jockel schien zu überlegen, wie er dem Ganzen ein Ende setzen konnte.
    »Mann, wie peinlich«, sagte jemand neben mir. Ich drehte den Kopf. Gloria starrte mich aus aufgerissenen Augen an.
    »Komm mir jetzt bloß nicht mit irgendeinem Witz«, sagte ich nur und sah dann wieder zur Bühne. Ich dachte an Marlis Angst, vor Leuten auf der Bühne zu stehen. Dass sie sich äußerst unwohl fühlte, wie sie da krächzend auf der Bühne rumzappelte, war unschwer zu erkennen. Gerade als Marli noch mal mit dem Refrain anfangen wollte, entdeckte sie mich. Ihre Augen leuchteten auf. Sie winkte mich hektisch zu sich auf die Bühne.
    Ich brauchte einen Moment, bis ich kapierte, dass sie das alles für mich tat. Dass sie auf der Bühne diesen alten Song von sich gab, den wahrscheinlich außer Opa niemand kannte, nur um die Zeit bis zu meiner Rückkehr zu überbrücken. Und sich damit vor der kompletten Schule lächerlich machte. Meinet wegen. Suse gab mir von hinten

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