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Magna Mater - Roman

Magna Mater - Roman

Titel: Magna Mater - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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ausholenden Armbewegungen, wie immer, wenn er von seinem kleinen Gott sprach: »Wir haben nicht nur den Krieg zwischen den Völkern abgeschafft, sondern auch den Krieg zwischen uns und den Bakterien. Wie konnten die Menschen nur glauben, sie könnten mit Antibiotika diesen ungleichen Kampf gewinnen!«
    Als ich mit Karras über Estragon sprach, sagte er: »Es geht ihm nicht gut.«
    »Was fehlt ihm?«
    »Schmerzen. Ist dir nicht aufgefallen, wie oft er in den letzten Tagen über Krankheiten spricht?«
    »Ja, er hat mir gerade erklärt, wie sehr er mit den Mikroorganismen in Einklang lebt.«
    »Das tut er auch. Nicht Bakterien und Viren bedrohen sein Leben, sondern die Leiden des Alters.«
    »Und was bedrückt dich?«, fragte ich Karras. »Du siehst nicht aus wie einer, der gerade ein Liebesfest gefeiert hat. Was fehlt dir?«
    »Nichts.«
    Er log. Ich sah es ihm an. Als wenig später Jakaranda im Hof erschien, wusste ich, woran er litt. Jakaranda strafte den Freund mit Missachtung, und zwar so offensichtlich, dass es nicht zu übersehen war.
    »Was hat er?«
    »Er ist eifersüchtig«, sagte Karras.
    »Auf wen?«
    »Auf die Frauen.«

36. KAPITEL
    A m Nachmittag fand ich Karras am Meer. Er lag nackt auf dem Strand und genoss die Sonne: »Komm, leg dich zu mir.«
    Ich zögerte, ließ mich dann aber doch in einiger Entfernung von ihm nieder.
    »Komm ruhig näher.« Er lachte. »Ich bin zahm wie ein Robbenbaby.«
    Ich fragte: »War es schön?«
    »Was?«
    »Na, du weißt schon.«
    »Wie kannst du fragen?«
    »Estragon hat mir versichert, das Lupernicare sei mehr Pflicht als Liebe.«
    »Liebe? Was hat Sex mit Liebe zu tun? Muss ein Durstiger das Wasser lieben, mit dem er seinen Durst stillt? Sex und Liebe sind zwei verschiedene Dinge, und keiner verwechselt ungestraft das eine mit dem anderen.«
    »Das hört sich so an, als wäre dergleichen schon passiert.«
    Er schwieg, und ich bat ihn: »Erzähl! Oder unterliegt das wieder eurer Geheimhaltung?«
    »Hast du dich nie gefragt, warum ich im Meer trieb, als du mich in dein Boot gezogen hast? Ich war damals noch jung und hatte vermutlich mehr Testosteron im Blut als die anderen. Du hast es ja am eigenen Leib erfahren.« Er zeichnete mit dem Zeigefinger Figuren in den Sand und sagte, so als spräche er zu sich selbst: »Sie hieß Aminura und war die schönste Frau, die ich bis dahin gesehen hatte. Sie kam mit dem Frühlingsmond auf die Insel. Ein Kind im reifen Körper einer Frau, scheu und schamlos zugleich. Schlangen umschlingen, verschlingen sich so lustvoll.
    Drei Tage und drei Nächte währte der Rausch. Das Erwachen war schmerzvoll. Ich wollte, konnte nicht von ihr lassen. Natürlich blieb das den anderen nicht verborgen. Die Strafe entsprach der Schwere des Vergehens. Ich wurde bei Sturm auf dem Meer ausgesetzt. Den Rest der Geschichte kennst du.«
    Wir schwiegen beide eine Weile. Karras betrachtete mich und sagte: »Sie hatte große Ähnlichkeit mit dir.«
    »Liebst du sie noch?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Als ich dich aus dem Meer gezogen habe, hast du sie geliebt. Und als du, noch verwirrt vom Fieber, in meinem Bett zu dir gekommen bist, hast du geglaubt, du lägst bei der Geliebten. Du hast mit der Frau, die du liebtest, ein Kind gezeugt, das ich ausgetragen habe. Du hast mich genommen, während ich ohne Besinnung bei dir lag. Ich habe ein Kind empfangen, ohne mitzuerleben, wie es in meinen Leib gelangte. Ich fühle mich um eine lebenswichtige und lustvolle Erfahrung betrogen. Keine Angst, ich will nicht, dass du es mir noch einmal machst, aber ich will wenigstens wissen, womit du mich zur Mutter gemacht hast.«
    Mein Anliegen kam so unerwartet und war wohl auch unter Männern so ungewöhnlich, dass es ihm die Sprache verschlug. Er saß da und blickte mich wortlos an, nackt und mit ausgestreckten Beinen. Ein paar Atemzüge lang. Dann legte er sich mit geschlossenen Augen langsam zurück, bis er mit beiden Schulterblättern auf dem Sand lag und ich Gelegenheit fand, ihn aus der Nähe in Augenschein zu nehmen. Sein männlichstes Stück Fleisch war schlaff und faltig wie eine welke Dattel und auch nicht viel größer, empfindsam weich wie die Haut neugeborener Katzen, verletzlich wie Augenlider oder Lippen. Ich dachte an die steil aufgerichteten Ruten der Hengste, mit denen sie die Stuten besteigen. Wie wollte dieser Winzling seiner Aufgabe gerecht werden? Wie schafft er es, dass die Frauen beim Lupernicare so lustvoll stöhnten? Meine Neugier war nicht befriedigt

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