Maigret - 38 - Maigret und die Bohnenstange
Polizei von dem versuchten Einbruch benachrichtigt?«
»Ihm zufolge hat niemand bei ihm einen Einbruchsversuch unternommen.«
»Hat denn nicht eine Fensterscheibe gefehlt?«
Boissier blickte Maigret an, als wolle er ihm raten, nichts zu sagen, aber der Kommissar achtete nicht darauf.
»Eine Scheibe ist kürzlich ersetzt worden; wie es scheint, war sie vor vier oder fünf Tagen bei dem Gewitter abends in Brüche gegangen.«
»Er lügt.«
»Einer lügt ganz gewiss.«
»Glauben Sie, dass ich das bin?«
»Das habe ich nicht gesagt. Es könnte Alfred sein.«
»Warum sollte er mir diese Geschichte am Telefon erzählt haben?«
»Vielleicht hat er sie gar nicht erzählt«, schaltete sich Boissier ein und sah sie aufmerksam an.
»Warum sollte ich sie erfunden haben? Denken Sie das auch, Monsieur Maigret?«
»Ich denke überhaupt nichts.«
Er lächelte vage. Er fühlte sich wohl, fast zufrieden. Das Bier war kühl, und der Schatten strahlte einen Duft aus wie auf dem Land, vielleicht wegen der unmittelbaren Nähe des Bois de Boulogne.
Es war ein fauler Nachmittag gewesen. Sie hatten zwei Bier getrunken. Dann hatten sie die Bohnenstange, um sie nicht so weit vom Zentrum von Paris entfernt zurückzulassen, im Taxi mitgenommen und am Châtelet abgesetzt.
»Rufen Sie mich an, sobald Sie einen Brief bekommen?«
Er fühlte, dass er sie enttäuschte, dass sie etwas anderes von ihm erwartet hatte. Vielleicht sagte sie sich, dass er alt geworden sei, dass er jetzt den anderen ähnle und sich nur mit halbem Herzen mit ihrer Angelegenheit beschäftige.
»Wollen Sie, dass ich meinen Urlaub verschiebe?«, hatte Boissier vorgeschlagen.
»Ich nehme an, Ihre Frau hat schon die Koffer gepackt?«
»Sie befinden sich bereits am Bahnhof. Wir wollten morgen früh mit dem Sechs-Uhr-Zug fahren.«
»Mit Ihrer Tochter?«
»Ja, natürlich.«
»Dann reisen Sie!«
»Sie brauchen mich also nicht?«
»Haben Sie mir die Akte dagelassen?«
Als er in seinem Büro wieder allein war, hatte er ein klein wenig in seinem Sessel vor sich hin gedöst. Die Wespe war nicht mehr da. Die Sonne war zur anderen Seite des Quais hinübergewandert. Lucas befand sich seit dem Mittag in Ferien. Er rief Janvier, der als Erster seinen Urlaub genommen hatte, bereits im Juni, wegen einer Hochzeit in seiner Familie.
»Setz dich! Ich habe Arbeit für dich. Bist du mit deinem Bericht fertig?«
»Eben fertig geworden.«
»Gut. Schreib auf. Zuerst müsste im Rathaus von Neuilly der Mädchenname einer Holländerin ermittelt werden. Sie hat vor zweieinhalb Jahren einen gewissen Guillaume Serre geheiratet. Anschrift Rue de la Ferme 43a.«
»Das wird nicht schwierig sein.«
»Wahrscheinlich nicht. Sie muss damals schon einige Zeit in Paris gelebt haben. Du versuchst herauszubekommen, wo sie gewohnt hat, was sie gemacht hat, wie ihre Familienverhältnisse aussehen, wie es um ihr Vermögen steht und so weiter.«
»Verstanden, Chef!«
»Sie hat dem Vernehmen nach das Haus in der Rue de la Ferme am Dienstag zwischen acht und neun Uhr abends verlassen und den Nachtzug nach Holland genommen. Sie soll selbst ein Taxi an der Ecke Boulevard Richard-Wallace holen gegangen sein, um ihr Gepäck zu befördern.«
Janvier notierte sich Stichworte auf einer Seite seines Notizbuchs.
»Ist das alles?«
»Nein. Lass dir helfen, damit du Zeit sparst. Ich möchte, dass die Bewohner des Viertels, die Geschäftsleute und so weiter, über die Serres befragt werden.«
»Wie viele Personen sind das?«
»Mutter und Sohn. Die Mutter geht gegen achtzig. Der Sohn ist Zahnarzt. Befrag auch das Bahnhofs- und Zugpersonal!«
»Kann ich einen von unseren Wagen bekommen?«
»Kannst du.«
Was ihn betraf, so war das so ziemlich alles gewesen, was er an diesem Nachmittag erledigt hatte. Er hatte ein Ferngespräch mit der belgischen Kriminalpolizei angemeldet, die die Beschreibung des Traurigen Alfred besaß, ihn aber noch nicht gefunden hatte. Er hatte auch ein langes Telefonat mit dem Kommissar geführt, der an der Grenze in Jeumont die Pässe abstempelte. Dieser hatte persönlich den Zug kontrolliert, den Alfred genommen haben sollte, erinnerte sich aber an keinen Reisenden, der dem Tresorspezialisten ähnlich gesehen hätte.
Das hatte nichts zu besagen. Man musste abwarten. Maigret hatte dann noch eine Reihe von Schriftstücken in Vertretung des Direktors der Kriminalpolizei unterzeichnet, hatte in Gesellschaft seines Kollegen vom Erkennungsdienst seinen Aperitif in der ›Brasserie
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