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Maigret - 38 - Maigret und die Bohnenstange

Maigret - 38 - Maigret und die Bohnenstange

Titel: Maigret - 38 - Maigret und die Bohnenstange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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denen er zu tun hatte, aus der Provinz.
    »Und Ihr Gatte?«
    »Sein Vater war vor ihm schon Anwalt in der Rue de Tocqueville im 17. Arrondissement.«
    Jetzt waren es sogar drei! Kein Wunder, dass die Atmosphäre in dem Haus an der Rue de la Ferme so völlig provinziell war!
    »Wir haben fast immer zusammengewohnt, wir beide, mein Sohn und ich, und ich vermute, das hat ihn ein wenig menschenscheu werden lassen.«
    »Ich dachte, er wäre schon einmal verheiratet gewesen?«
    »Das war er auch. Seine Frau hat aber nicht lange gelebt.«
    »Wie viele Jahre nach der Hochzeit ist sie gestorben?«
    Sie öffnete den Mund; er merkte, dass ihr ein Gedanke durch den Kopf schoss und sie zögern ließ. Er hatte sogar den Eindruck, als sehe er eine leichte Röte in ihre Wangen steigen.
    »Zwei Jahre«, sagte sie dann. »Merkwürdig, nicht wahr? Jetzt fällt’s mir erst auf. Auch mit Maria hat er nur zwei Jahre zusammengelebt.«
    »Wer war seine erste Frau?«
    »Ein Mädchen aus allerbester Familie, Jeanne Devoisin, die wir während eines Sommers in Dieppe kennenlernten. Es war zu der Zeit, als wir dort noch jedes Jahr hinfuhren.«
    »War sie jünger als er?«
    »Warten Sie mal … Er war damals zweiunddreißig. Na, sie war ungefähr gleichaltrig. Sie war Witwe.«
    »Hatte sie keine Kinder?«
    »Nein. Meines Wissens hatte sie keine Angehörigen, außer einer Schwester, die in Indochina lebte.«
    »Woran ist sie gestorben?«
    »An einem Herzschlag. Sie hatte ein schwaches Herz und verbrachte die meiste Zeit bei Ärzten.«
    Sie lächelte ein weiteres Mal:
    »Ich habe Ihnen noch gar nicht gesagt, warum ich Sie aufsuche. Ich wollte Sie zuerst gestern anrufen, als mein Sohn gerade seinen gewohnten Spaziergang machte; dann habe ich mir aber gedacht, es sei korrekter, wenn ich Sie persönlich aufsuche. Ich möchte mich ausdrücklich wegen Guillaumes Benehmen Ihnen gegenüber entschuldigen und Ihnen sagen, dass seine schlechte Laune sich nicht gegen Sie persönlich richtete. Er ist eben von Natur aus ziemlich unbeherrscht.«
    »Das habe ich gemerkt.«
    »Wenn ich mir vorstelle, Sie könnten ihn einer unehrenhaften Handlung verdächtigen … Er war schon als Kind so –«
    »Hat er mich belogen?«
    »Wie, bitte?«
    Das Gesicht der alten Dame drückte ehrliches Erstaunen aus.
    »Warum sollte er Sie belogen haben? Das verstehe ich nicht. Sie haben doch sozusagen überhaupt keine Fragen gestellt. Nur um diejenigen zu beantworten, die Sie mir stellen möchten, bin ich heute hergekommen. Wir haben nichts zu verbergen. Ich weiß nicht, aufgrund welcher Vorkommnisse Sie sich mit uns befassen. Es muss ein Missverständnis sein oder der Racheakt irgendeines Nachbarn.«
    »Wann ist die Fensterscheibe kaputtgegangen?«
    »Ich habe es Ihnen schon gesagt, oder mein Sohn, ich weiß es nicht mehr: bei dem Gewitter letzte Woche. Ich war gerade oben im ersten Stock und hatte keine Zeit mehr, sämtliche Fenster zuzumachen, da habe ich schon das Splittern von Glas gehört.«
    »War das am helllichten Tag?«
    »Es muss gegen sechs Uhr abends gewesen sein.«
    »Als Ihre Haushaltshilfe schon weg war?«
    »Sie geht immer um fünf, ich glaube, das erzählte ich Ihnen auch schon. Ich habe meinem Sohn nicht verraten, dass ich zu Ihnen gehen wollte. Ich war der Meinung, Sie möchten vielleicht gern das Haus inspizieren. Das ginge einfacher, wenn er nicht da ist.«
    »Sie wollen sagen: während seines Spaziergangs am Spätnachmittag?«
    »Ja. Sie werden dann nämlich sehen, dass es bei uns nichts zu verheimlichen gibt und dass sich alles schon gestern aufgeklärt hätte, wenn Guillaume nicht diesen eigenartigen Charakter hätte.«
    »Sie sind sich klar darüber, Madame Serre, dass Sie aus freien Stücken hierhergekommen sind?«
    »Aber ja.«
    »Und dass Sie mich selbst auffordern, Ihnen Fragen zu stellen?«
    Sie nickte zustimmend.
    »Dann wollen wir mal die Ereignisse von der letzten Mahlzeit an durchsprechen, die Sie gemeinsam eingenommen haben – Sie, Ihr Sohn und Ihre Schwiegertochter. Die Koffer Ihrer Schwiegertochter waren gepackt. Wo standen sie?«
    »Im Hausflur.«
    »Wer hatte sie hinuntergetragen?«
    »Eugénie hatte die Handkoffer genommen und mein Sohn den großen Koffer, weil der zu schwer für sie war.«
    »War es ein sehr großer Koffer?«
    »Ein sogenannter Kabinenkoffer. Vor ihrer Ehe war Maria viel auf Reisen. Sie hat in Italien und in Ägypten gelebt.«
    »Was gab’s?«
    Die Frage schien sie zu amüsieren und zu überraschen.
    »Momentchen. Da ich

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