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Maigret und der geheimnisvolle Kapitän

Maigret und der geheimnisvolle Kapitän

Titel: Maigret und der geheimnisvolle Kapitän Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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Gefühl vollkommener Einsamkeit hatte, war da kaum drei Meter von ihm ein Mann, von dem er kaum, selbst wenn sich anstrengte, die Umrisse sah.
    Die Warnung aber verstand er sofort. Der Steg, den er hatte betreten wollen, bewegte sich. Es war das Schleusentor, das geöffnet wurde, und das, was jetzt folgte, war die reinste Halluzination: Was da ganz nah, wenige Meter entfernt, vor ihm auftauchte, das war kein Mensch, sondern eine wahrhaftige Mauer, hoch wie ein Haus. Und oben auf dieser Mauer waren vom Nebel gedämpfte Lichter zu sehen.
    Ein Schiff, das in Reichweite an Maigret vorüberglitt. Eine Trosse fiel neben ihm zu Boden, jemand raffte sie zusammen, brachte sie zu einem Poller und machte sie fest.
    »Zurück! Vorsicht!« schrie eine Stimme oben auf der Kommandobrücke des Dampfers.
    Noch wenige Sekunden zuvor hatte alles tot und verlassen gewirkt. Doch nun wurde Maigret, während er an der Schleuse entlangging, der vielen menschlichen Gestalten gewahr, die der Nebel barg. Jemand betätigte eine Kurbel. Ein anderer eilte mit einer zweiten Trosse vorüber. Zollbeamte warteten darauf, daß das Fallreep herabgelassen würde, damit sie an Bord konnten.
    All das ohne etwas zu sehen, in dieser feuchten Wolke, die nasse Perlen auf den Barthaaren der Männer hinterließ.
    »Wollen Sie hinüber?« wurde Maigret aus nächster Nähe gefragt.
    Wieder ein Schleusentor.
    »Beeilen Sie sich, sonst müssen Sie die nächste Viertelstunde abwarten.«
    Sich am Geländer festhaltend, überquerte er die Schleuse, hörte unter seinen Füßen das Wasser brodeln und das immer noch ferne Heulen der Sirene. Je weiter er vordrang, desto mehr füllte sich dieses neblige Universum mit einem wimmelnden, mysteriösen Leben. Ein Lichtpunkt lockte ihn an. Er ging auf ihn zu und erkannte schließlich einen Fischer in einem am Kai festgemachten Boot, der ein an Stangen befestigtes großes Netz ins Wasser tauchte und wieder herauszog.
    Der Fischer sah uninteressiert zu ihm herauf und begann mit dem Verlesen kleiner Fische, die er in einen Korb warf.
    Rings um das Schiff war der Nebel heller, so daß man sehen konnte, was dort vor sich ging. Auf Deck sprach man englisch. Ein Mann mit Offiziersmütze stand am Rande des Kais und kontrollierte Papiere.
    Der Hafenmeister! Derjenige, der jetzt Kapitän Joris vertrat!
    Er war auch klein, aber dünner und behender, und er scherzte mit den Schiffsoffizieren.
    Kurzum, die Welt war zusammengeschrumpft zu einem ein paar Quadratmeter messenden relativ hellen Fleck in einem großen schwarzen Loch, in dem man festes Land und das Wasser erahnte. Da vorne links lag das Meer, das leise rauschte.
    War es nicht ein ähnlicher Abend gewesen, als Joris plötzlich wie vom Erdboden verschwunden war? Er kontrollierte Papiere wie sein Kollege. Wahrscheinlich machte er seine Witzchen. Er überwachte das Schleusenwasser, die Arbeiten in der Schleuse. Er konnte das tun, ohne etwas zu sehen. Einige vertraute Geräusche genügten ihm. So wie auch jeder hier seinen Weg wußte, ohne ihn zu sehen.
    Maigret, der sich eine Pfeife angezündet hatte, haderte mit sich, weil es ihm nicht paßte, sich so hilflos vorzukommen. Er ärgerte sich über seine Schwerfälligkeit, die ihm als Landratte anhing und die in ihm bei allem, was mit dem Meer zu tun hatte, Entsetzen oder Erstaunen auslöste.
    Die Schleusentore öffneten sich. Das Schiff fuhr in den Kanal ein, der etwas schmaler war als die Seine in Paris.
    »Verzeihung! Sind Sie der Hafenmeister? … Kommissar Maigret von der Kriminalpolizei. Ich habe Ihren Kollegen zurückgebracht.«
    »Joris ist da? Er ist es also tatsächlich? Man hat es mir heute morgen schon gesagt … Aber stimmt es, daß er …«
    Er tippte sich kurz an die Stirn.
    »Im Augenblick, ja. Bleiben Sie die ganze Nacht im Hafen?«
    »Nie länger als fünf Stunden hintereinander. Eine Flut lang, sozusagen. Während der fünf Stunden Flut haben die Schiffe genügend Wasser, um in den Kanal einzufahren oder aufs Meer hinaus. Die Zeit ist jeden Tag eine andere. Heute haben wir gerade erst begonnen und wir werden bis drei Uhr früh zu tun haben.«
    Er war ein sehr unkomplizierter Mensch. Er behandelte Maigret als Kollegen, schließlich war dieser wie er selbst Beamter!
    »Entschuldigen Sie …«
    Er blickte aufs Meer hinaus, wo es nichts zu sehen gab. Dennoch sagte er:
    »Ein Segelschiff aus Boulogne hat an der Mole festgemacht und wartet nun auf das Offnen der Schleuse.«
    »Werden Ihnen die Schiffe

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