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Maigret und der geheimnisvolle Kapitän

Maigret und der geheimnisvolle Kapitän

Titel: Maigret und der geheimnisvolle Kapitän Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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Inhalt
    1. Die Katze im Haus     
    2. Der Nachlaß     
    3. Der Vorratsschrank     
    4. Die »Saint-Michel«     
    5. Unsere Liebe Frau in den Dünen     
    6. Der Sturz auf der Treppe     
    7. Der Drahtzieher     
    8. Die Untersuchung des Bürgermeisters     
    9. Verschwörung des Schweigens     
    10. Die drei vom Schiff     
    11. Die Sandbank der Schwarzen Kühe     
    12. Der unvollendete Brief     
    13. Das Haus gegenüber     
    1
    Die Katze im Haus
    A
    ls sie gegen drei Uhr aus Paris herausfuhren, war in der kühlen Herbstsonne noch eine Vielzahl von Menschen unterwegs. Dann, kurz vor Mantes, gingen die Lampen im Abteil an. Ab Evreux herrschte draußen völlige Finsternis, und jetzt erkannte man hinter den beschlagenen und tropfennassen Fenstern dichten Nebel, der die Lichter der Bahnstrecke in gedämpften Schein tauchte.
    Behaglich in seiner Ecke sitzend, den Nacken an die Kopfleiste gelehnt, die Lider halb geschlossen, musterte Maigret unablässig, wie unter Zwang, die beiden Personen, die ihm gegenübersaßen und so ungleich waren.
    Kapitän Joris schlief. Die Perücke, die auf seinem berühmten Schädel saß, war verrutscht, sein Anzug zerknittert.
    Julie, deren beide Hände auf ihrer Handtasche aus imitiertem Krokodilleder ruhten, starrte ins Leere und versuchte, trotz ihrer Müdigkeit Haltung zu bewahren.
    Joris! Julie!
    Kommissar Maigret von der Kriminalpolizei war es gewohnt, daß Leute wie ein Windstoß in sein Leben traten, ihn für Tage, Wochen oder Monate mit Beschlag belegten und dann wieder in der anonymen Masse untergingen.
    Das Rattern des Zuges skandierte seine Gedanken, dieselben zu Beginn jeder Untersuchung. Würde sie aufregend, banal, widerwärtig oder tragisch werden?
    Maigret blickte auf Joris, und ein vages Lächeln huschte über seine Lippen. Seltsamer Mann! »Der Mann«, so hatte man ihn am Quai des Orfèvres fünf Tage lang genannt, denn man war außerstande gewesen, ihm einen Namen zu geben.
    Ein Mann, den man auf den Grands Boulevards aufgegriffen hatte, weil er wie ein Irrer zwischen Autobussen und Autos herumlief. Man verhört ihn in französischer Sprache. Keine Antwort. Man versucht es mit sieben oder acht anderen Sprachen. Nichts. Auch die Taubstummensprache ruft keine Reaktion bei ihm hervor.
    Ein Verrückter? In Maigrets Büro wird er durchsucht. Sein Anzug ist neu, seine Wäsche neu, seine Schuhe neu. Sämtliche Herstelleretiketten sind herausgerissen. Keine Papiere. Keine Brieftasche. Fünf neue Tausendfrancsscheine lose in einer der Taschen.
    Eine denkbar verzwickte Untersuchung! Nachforschungen in den Strafregistern, in den Einwohnermeldekarteien. Telegramme innerhalb Frankreichs und ins Ausland. Und »der Mann« lächelt liebenswürdig von morgens bis abends, trotz anstrengender Verhöre!
    Ein Mann in den Fünfzigern, kleingewachsen, breitschultrig, der sich nicht wehrt, sich nicht rührt, lächelt. Manchmal unternimmt er eine Anstrengung, versucht sich zu erinnern, gibt es jedoch schnell wieder auf.
    Amnesie? Eine Perücke rutscht von seinem Kopf, und man stellt fest, daß sein Schädel vor höchstens zwei Monaten von einer Kugel durchbohrt worden war. Die Ärzte staunen: Selten hat man eine so gelungene Operation gesehen!
    Neue Telegramme in die Hospitäler und Kliniken in Frankreich, in Belgien, in Deutschland, in Holland.
    Fünf ganze Tage voller penibler Nachforschungen. Analysen von Flecken auf den Kleidungsstücken, von Staubteilchen in den Taschen ergeben lächerliche Resultate.
    Man hat Reste von Kabeljaurogen gefunden, d.h. Reste von jenen getrockneten und pulverisierten Fischeiern, die im Norden Norwegens präpariert und als Köder beim Sardinenfang benutzt werden.
    Kommt »der Mann« von dort? Ist er Skandinavier? Indizien beweisen, daß er eine lange Bahnreise hinter sich hat. Aber wie hat er allein reisen können, ohne zu sprechen, mit dieser verstörten Miene, durch die er sofort auffällt?
    Sein Foto erscheint in den Zeitungen. Ein Telegramm aus Ouistreham geht ein: Unbekannter identifiziert!
    Dem Telegramm folgt eine Frau, oder eher ein Mädchen, und es erscheint in Maigrets Büro mit einem schlechtgeschminkten, müden Gesicht. Julie Legrand, die Haushälterin »des Mannes«.
    Doch der ist jetzt nicht mehr »der Mann«! Er hat einen Namen, einen Zivilstand! Er ist Yves Joris, ehemaliger Kapitän der Handelsmarine, Hafenmeister von Ouistreham.
    Julie weint! Julie versteht nicht! Julie fleht ihn

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