Malchatun
hinein, aber ich nahm nichts wahr als Abscheu über den geplanten Verrat an dir. Die ganze Zeit vorher schon habe ich mit mir gerungen und zu Allah gefleht, so zu sein wie Nilufer, die, als Christin aufgewachsen, sich dennoch ganz unbefangen dem Gesetz unseres -Propheten beugt. Mir scheint, ich bin keine gute Moslemin . . . meine Gebete waren umsonst.«
»Glaube nicht, Malchatun, ich bitte dich, daß ich dir untreu gewesen sei!«
»Ich weiß, daß du es nicht warst. Du hättest es mir nicht verbergen können. Es ist auch nicht die Rede von Treue und Untreue. Der Koran gibt dir ein Recht auf eine zweite Frau, auf eine dritte und vierte und auf die Mägde unter deiner Hand und deren Kinder.«
»Du bist die Mutter meiner Söhne!«
»In diesen Zeiten hat ein Fürst deren nie genug. Und du bist ein Fürst - seit heule bist du es. Du werdest vom Künftigen getragen, sagte Edebali einmal, und wenn dich die Woge nicht verschlinge, werde sie dich auf das Feste werfen, und dort werdest du stehen und bleiben. Jetzt mußt du die Erbfolge sichern. Wo sind deines Vaters Söhne? Außer dir und Ghundus sind sie alle dahin.«
»Mir genügen Orkhan und Alaeddin. — Malchatun! Stellst du mich im Ernst vor eine Wahl zwischen dir und Nilufer?«
»Edebali wird mich unfromm nennen, aufsässig dem Gesetz. Aber zu Lebzeiten meiner Mutter erkannte er nie eine andere. Predigen ist eben leichter als danach leben. Du aber hast ein Recht auf jüngere Frauen, als ich es bin, du hast ein Recht auf Nilufer. Ich liebe sie. Sie ist mir wert wie eine Tochter. Nur entlasse du mich in Frieden und verlange nicht von mir, wozu Allah mir nicht die Kraft gab.«
»Daß du jemals denken konntest, ich möchte Nilufer heiraten, ist meine Schuld. Aber in Wahrheit dachte ich niemals daran. Ich will dich, Malchatun, nur dich!«
»Du tust ihr unrecht und - auch dir. Du bist kein Handwerker, kein Krämer, bedenke es wohl. Als Haupt eines Landes bedarfst du eines ansehnlichen Harems. Auch Nilufers Zeit wird kommen. Doch sie wird eine neue Frau als Schwester umarmen und um ihretwillen dich nicht, wie ich, verlassen.«
»Haupt eines Landes!« lehnte Osman sich auf. »Und wenn ich ein Kaiser wäre. Auch für einen Kaiser wärest du Glanz genug. Du allein!«
»Nilufer fühlt sich dir versprochen, Osman!« bedrängte sie ihn noch einmal. »Und du sagtest selbst, du seiest nicht ohne Schuld.«
»O Malchatun«, rief Osman, »daß auch du eine Frau bist! Nimmst du mich so beim Wort?«
»Vergiß nicht, was das Mädchen für uns getan hat. Ohne sie lägest vielleicht du erschlagen statt des Salmenikos.«
»Ganz gewiß wäre das der Fall, wenn du nicht gewesen wärst.«
»Das ist etwas anderes! Ich bin deine Frau . . .«, wollte sie einwenden.
»Das bist du und wirst du bleiben«, bestätigte er. »Bedenke auch du, Malchatun! Du entzweist mich mit mir selbst und nimmst mir mein Bestes: dich.«
»Und Nilufer? Um uns verlor sie alles. Willst du sie verstoßen und ihren Besitz behalten? Das wäre Raub. Wenn du sie heiratest, fiele er dir zu - rechtmäßig und nach dem Gesetz.«
Noch immer kämpfte Malchatun. Doch Osman merkte wohl, daß es nur noch um ihren Rückzug ging. In diesem Kampf aber wollte er Sieger sein. Auch über Malchatun!
»Du sagtest, daß ich ab heute wirklich der Bey sei - nun höre auch, wie der Bey nach dem Recht, auf das du dich berufst, entscheidet: Kir David möge sich mit Kira Apollonia nach Brussa oder wohin er sonst will zurückziehen. Für ein Jahrgeld wirst du als die Begum sorgen. Aber Nilufer heirate ich nicht. Warum nicht, willst du wissen? Weil sie mir nicht zukommt. Denn hier gilt nur das Recht des Krieges, und nach ihm gehört sie Orkhan.«
»Dem Knaben?«
»Aus Knaben werden Männer, und aus einem Kinde wie Nilufer wird eine Frau. Was das Alter anlangt, haben sich beide nicht viel vorzuwerfen. Orkhan aber nahm sie ihrem Manne auf dessen Hochzeitsritt und machte sie zur Witwe. Er möge ihr Ersatz leisten. Nilufer wird nicht deine Schwester, sondern als Orkhans Frau deine Tochter sein, Malchatun. Und später einmal - sehr viel später! - wird sie deine Nachfolgerin werden.«
Bar aller Überlegenheit, aber auch aller gewaltsamen Spannungen war jetzt Malchatuns Gesicht - wie das einer Erlösten war es.
»Willst du dich dem Spruch deines Herrn widersetzen?« fragte Osman.
»Ich dachte, du wolltest sie«, war ihre ganze Antwort.
»Mit Melkkübeln hat sie nach mir geworfen!« spielte er, um Malchatun in seine Heiterkeit
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