Malerische Morde
kletterte aus dem Zug und schloss sie in die Arme. »Herbie!«, rief sie herzlich. »Oh, Mann, das war ja eine Ewigkeit!«
Es tat gut, jemanden zu umarmen. Herbie genoss diesen kurzen Moment außerordentlich.
»Was macht Julius?«
»Ach, was soll er machen«, sagte Herbie mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Er hat mich in Bad Münstereifel nicht halb so herzlich empfangen, wie du gerade.«
Undank, wohin man sich auch wendet!
»Und Nina? Wie geht’s der?«
»Gut, hoffe ich … Ja, ich denke, es geht ihr gut. Aber lass uns von was anderem sprechen. Von Köbes zum Beispiel.«
Ulrike blieb stehen und runzelte die Augenbrauen. »Köbes hat schon viel, viel Scheiße gebaut in seinem Leben, aber diesmal …«
»Du glaubst doch nicht, dass er’s getan hat, oder?«
Ulrike blieb ihm die Antwort schuldig. Sie stiegen in ihren Twingo, der auf dem Parkplatz wartete. Während sie startete, murmelte sie: »Für Köbes sieht es finster aus. Wochenlang ist er immer um die Altburg rumgelungert.«
»Altburg?«
»Das ist die Suchtklinik, in der ich arbeite. Sie liegt oben auf dem Berg. Ist eine richtige alte, kleine Burg, umgeben von dichtem Wald, und ringsherum liegen die Maare. Der Graf, oder wer auch immer das Ding erbaut hat, der hat sich schon ein herrliches Plätzchen ausgesucht. Später war sogar mal ein Puff in dem Gebäude. Schön abgelegen eben. Also, seit ich da arbeite, hing Köbes dauernd da rum. Du kannst dir vielleicht vorstellen, wie meine Kollegen mich angeguckt haben.«
Julius rückte unbehaglich auf dem Rücksitz des kleinen Fahrzeugs hin und her.
Sternhagelvoll wird der Gute gewesen sein. Hart daran arbeitend, so schnell wie möglich als Patient in ihre Nähe zu kommen
.
»Einige von denen haben mich schon drauf angesprochen. Er hat manchmal unten am Eingang gewartet, bis ich zur Arbeit erschien. Ich glaube, der hat nicht zum ersten Mal auf diesem Parkplatz da übernachtet. Du weißt schon, der, auf dem man ihn gefunden hat. Und morgens hat er dann stinkend und verkommen vor dem Tor rumkrakeelt. Bei der Gelegenheit ist er dann auch der Nati zum ersten Mal begegnet. Und die hat mich auf ihn angesprochen, weil er sie beschimpft hat, und …«
»Entschuldige bitte, wer ist Nati?«
»Renate. Die Tote.« Ulrike hauchte ihren Namen ganz leise, während sie sich ins Gedächtnis zurückrief, was sich da Fürchterliches zugetragen hatte.
Der Wagen rollte durch Dockweiler. Es war ein sonniger Tag, und die Eifel hatte alles aufgeboten, was sie zu bieten hatte, um den Leuten vorzugaukeln, dass der Sommer jetzt tatsächlich bald da sei. Am Straßenrand sah man von Zeit zu Zeit junge Mädchen auf Fahrrädern, die mit gefährlich knapper Oberbekleidung unterwegs waren. Das junge Grün schäumte zwischen den dunklen Nadelwäldern hervor, und Herbie dachte für einen Moment daran, dass möglicherweise all das nur ein Traum sei, dass er jetzt gleich aufwachen und in Tante Hetties Mietwohnung von einem Bauarbeiter mit der Gartenliege zusammengeklappt würde. Es war alles zu schön!
»Habe ich das richtig verstanden? Die Tote hat bei euch gearbeitet?«
»Stimmt. Die Nati. Renate Zalfen. Die hat bei uns geputzt. Und jetzt ist sie tot«, sagte Ulrike finster.
»Und der Mann, von dem du am Telefon erzählt hast? Der andere Tote? War das auch einer von euch?«
»Ein Maler. Ein alter Knacker aus Kronenburg oder Jünkerath oder so. Ich weiß nur, dass die Polizei Köbes’ Auto auf dem Waldparkplatz am Holzmaar gefunden hat. Und Köbes saß hinterm Steuer und schlief seinen Rausch aus. Wie gesagt, er hat oft irgendwo hier in der Gegend gepennt. Nur um ›in meiner Nähe zu sein‹.« Sie blies verächtlich die Luft aus den Backen. »Hätte er sich mal besser früher einfallen lassen. Und direkt neben seinem Auto fanden sie einen Knüppel. Neben der Fahrertür. Und an diesem Knüppel klebte Blut. Und Haare. Weiße Haare. Und dann haben sie begonnen, die Gegend zu durchkämmen, und dann haben sie die zwei gefunden. Den Maler und die Nati. Nati war splitternackt und schwamm im Wasser, und der Maler hat vor seiner Staffelei gelegen. Direkt am Ufer. Beide mit eingeschlagenem Schädel.«
»Wer weiß denn Genaueres über diese Nati oder den Maler?«, fragte Herbie.
»Was den Maler angeht, da habe ich keinen blassen Schimmer, nur dass er Delamot hieß. Die Nati, die hatte natürlich ein paar Bekannte in der Klinik, aber ich werde den Teufel tun, die darauf anzusprechen. Das mit meinem besoffenen Ex war mir peinlich genug,
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