Malloreon 1 - Herrn des Westens
Javelin nennt. Möchtest du etwa, daß der Chef des drasnischen Geheimdiensts hinter dem Thron sitzt und Befehle erteilt?«
Anheg schauderte. »Ein schrecklicher Gedanke. Aber was ist mit Fürst Kheldar?«
Garion starrte ihn ungläubig an. »Das kann doch nicht dein Ernst sein, Anheg? Silk als Regent?«
»Nun ja, er ist vielleicht nicht so geeignet«, gab Anheg nach kurzer Überlegung zu. »Er ist wohl ein bißchen unzuverlässig.«
»Ein bißchen?« Garion lachte.
»Dann sind wir uns also einig?« fragte Cho-Hag. »Porenn wird Regentin, richtig?«
Anheg brummelte, erklärte sich jedoch schließlich einverstanden.
Der algarische König wandte sich an Garion. »Du wirst wahr scheinlich eine Proklamation abgeben müssen.«
»Ich? Ich habe keine Amtsgewalt in Drasnien.«
»Du bist der Kaiser des Westens«, erinnerte ihn Cho-Hag. »Du brauchst ja lediglich zu verkünden, daß du Porenns Regentschaft anerkennst und daß sich jeder, der sie in Frage stellt oder ihre Grenzen verletzt, vor dir verantworten muß.«
»Das wird Drosta in die Schranken weisen.« Anheg lachte boshaft. »Er hat vor dir fast noch mehr Angst als vor 'Zakath. Vermutlich werden ihn bald Alpträume von deinem Flammenschwert quälen, das ihm in die Rippen dringt.«
In einem anderen Korridor stieß Botschaft auf General Varana und Sadi, den Eunuchen. Sadi war in die gesprenkelte schillernde Seide der Nyissaner gehüllt, und der General trug einen tolnedrischen Rock aus Silbertuch mit breiten Goldborten an den Schultern.
»Dann ist es also offiziell«, sagte Sadi mit seiner merkwürdigen Altstimme und beäugte des Generals Rock.
»Was?« fragte Varana. Der General war stämmig, hatte eisengraues Haar und einen leicht belustigten Gesichtsausdruck.
»Wir hörten Gerüchte in Sthiss Tor, daß Ran Borune Euch als Sohn adoptiert hat.«
»Aus Zweckdienlichkeit.« Varana zuckte die Schultern. »Die großen Familien des Reiches zersplitterten Tolnedra in ihrem Streit um den Thron. Also sah Ran Borune sich gezwungen, Schritte zu ergreifen, die die Ruhe wieder herstellen würden.«
»Ihr werdet doch den Thron besteigen, wenn er stirbt, nicht wahr?«
»Warten wir ab«, antwortete Varana ausweichend. »Beten wir, daß Seine Majestät noch viele Jahre lebt.«
»Ja, natürlich«, murmelte Sadi. »Aber ich muß schon sagen, General, der Silbermantel des Kronprinzen steht Euch gut.« Er strich mit einer langfingrigen Hand über seinen glattgeschabten Kopf.
»Danke«, sagte Varana mit einer knappen Verbeugung. »Und wie stehen die Dinge an Salmissras Hof?«
Sadi lachte ironisch. »Wie immer. Wir schmieden Ränke und intrigieren gegeneinander, und jeder in unserer Küche zubereitete Bissen ist mit Gift angereichert.«
»Ich hörte von dieser merkwürdigen Sitte«, bemerkte Varana. »Wie überlebt man in einer so tödlichen Atmosphäre?«
»Mit Hängen und Würgen.« Sadi verzog das Gesicht. »Wir sind sehr vorsichtig, was unsere Nahrung betrifft. Und wir nehmen regelmäßig Gegenmittel gegen jedes bekannte Gift ein. Einige der Gifte sind übrigens recht schmackhaft, während die Gegenmittel alle grauenvoll schmecken.«
»Der Preis der Macht, würde ich sagen.«
»Wahrlich. Übrigens, was war die Reaktion der Großherzöge von Tolnedra, als der Kaiser Euch zu seinem Erben bestimmte?«
Varana lachte. »Man konnte ihr Wutgebrüll vom Wald der Dryaden bis zur arendischen Grenze widerhallen hören.«
»Wenn es soweit ist, werdet Ihr wohl einige Köpfe ins Rollen bringen müssen.«
»Möglich.«
»Natürlich sind die Legionen Euch alle treu ergeben.«
»Ja, sie sind mir eine große Hilfe.«
»Ich glaube, ich mag Euch, General Varana«, sagte der kahlgeschorene Nyissaner. »Ich bin sicher, wir werden zu einigen für beide Seiten lohnenden Abmachungen kommen.«
»Ich stehe immer gern auf gutem Fuß mit meinen Nachbarn, Sadi«, erklärte Varana souverän.
In einem weiteren Korridor fand Botschaft eine seltsam gemischte Gruppe. König Fulrach von Sendarien in düsterem Braun unterhielt sich leise mit dem purpurgewandeten König Korodullin von Arendien und mit dem räudig aussehenden Drosta lek Thun, der ein edelsteinbesetztes Wams in abscheulichem Gelb trug.
»Hat einer von Euch was über einen Beschluß wegen der Regentschaft gehört?« fragte der ausgemergelte Nadrak mit seiner schrillen Stimme. Drostas schon normalerweise vorstehende Augen drohten aus dem pockennarbigen Gesicht zu quellen. Er war sichtlich nervös.
»Nun, ich könnte mir
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