Malloreon 1 - Herrn des Westens
noch nicht waren.«
»Es wäre vielleicht besser, wenn du nicht weiter ins Gebirge reiten würdest«, riet sie Botschaft. »Es gibt sehr gefährliche wilde Tiere in diesen Bergen.«
Botschaft nickte. »Ich werde es mir merken.«
»Tust du mir einen Gefallen?« fragte sie geradeheraus.
»Wenn ich kann.«
»Sag Polgara, daß etwas sehr Böses auf der Welt ist, das große Gefahr birgt.«
»Zandramas?« fragte Botschaft.
»Zandramas gehört dazu, doch dahinter steckt der Sardion, und er ist das Herz des Bösen. Er muß vernichtet werden. Sag meinem Mann und meiner Tochter, sie sollen Belgarion warnen. Seine Aufgabe ist noch nicht beendet.«
»Das werde ich«, versprach Botschaft. »Aber hättet Ihr Polgara das nicht genausogut selbst sagen können?«
Die braunhaarige Frau blickte in die schattige Klamm. »Nein«, antwortete sie traurig. »Es bereitet ihr zu großes Leid, wenn ich ihr erscheine.«
»Wieso?«
»Weil es sie an all die verlorenen Jahre erinnert und den Kummer des jungen Mädchens, das ohne die Hilfe und den Rat der Mutter aufwachsen mußte. All das wird schmerzhaft wach in ihr, wann immer sie mich sieht.«
»Ihr habt es ihr also nie gesagt? Ihr nie von dem Opfer erzählt, das man von Euch gefordert hat?«
Sie blickte ihn durchdringend an. »Wie kommt es, daß du davon weißt, obgleich weder mein Mann noch Polgara es auch nur ahnen?«
»Ich bin mir nicht sicher, aber ich weiß es – genauso, wie ich weiß, daß Ihr nicht gestorben seid.«
»Wirst du das Polgara erzählen?«
»Nicht, wenn Ihr es nicht möchtet.«
Sie seufzte. »Eines Tages vielleicht, doch jetzt noch nicht. Ich glaube, es ist besser, wenn sie und ihr Vater sich dessen nicht bewußt sind. Meine Aufgabe liegt noch vor mir, und sie ist etwas, das ich ohne jegliche Ablenkung besser bewältigen kann.«
»Wie Ihr wollt«, sagte Botschaft höflich.
»Wir werden uns wiedersehen«, versicherte sie ihm. »Warne sie vor dem Sardion. Sag ihnen, sie sollen der Suche nach Zandramas keinen so großen Wert beimessen; denn das Böse kommt von dem Sardion. Und sei vorsichtig, wenn du Cyradis wieder begegnest. Sie ist dir zwar nicht böse gesinnt, aber sie hat ihre eigene Aufgabe und wird tun, was sie muß, um sie auszuführen.«
»Ich werde vorsichtig sein«, versprach Botschaft.
»Oh«, sagte sie fast, als hätte sie nicht mehr daran gedacht. »Dort droben wartet jemand auf dich.« Sie deutete zu einem steinigen Kamm, der wie eine Zunge ins grüne Tal reichte. »Er kann dich noch nicht sehen, aber er wartet.« Dann lächelte sie und schimmerte in die Gestalt des blau getönten Wolfes zurück. Ohne einen Blick zurück rannte sie davon.
Neugierig saß Botschaft wieder auf. Er ritt die Klamm hoch und südwärts, und auf seinem Weg zu dem Kamm um die höheren Berge herum, die den glitzernd weißen Gipfeln des Ulgolandes entgegenstrebten. Dann, als sein Blick suchend über den felsigen Hang schweifte, sah er das kurze Flackern von Sonnenschein, der sich auf etwas Glänzendem in der Mitte eines mit Gebüsch überwucherten Felsvorsprungs brach. Ohne Zögern ritt er in diese Richtung.
Der Mann, der zwischen den dichten Büschen saß, trug einen seltsamen Harnisch aus sich überlappenden Metallplättchen. Er war klein, hatte jedoch breite kräftige Schultern, und vor seine Augen hatte er einen Streifen hauchdünnen Stoff gebunden, der nicht als undurchdringliche Augenbinde dienen sollte, sondern als Schutz vor der grellen Sonne.
»Bist du es, Botschaft?« rief der verschleierte Mann mit rauher Stimme.
»Ja. Ich habe Euch lange nicht mehr gesehen, Relg.«
»Ich muß mit dir sprechen«, sagte der Zelot. »Können wir uns in den Schatten begeben?«
»Selbstverständlich.« Botschaft glitt von seinem Pferd und folgte dem Ulgoner durch die raschelnden Büsche zu einer Höhle. Relg bückte sich unter den überhängenden Felsen am Eingang und kroch hinein. »Ich dachte, ich hätte dich wiedererkannt«, sagte er, als Botschaft ihm ins kühle Dämmerlicht der Höhle gefolgt war. »Aber bei dem grellen Licht da draußen konnte ich mir nicht sicher sein.« Er nahm die Binde von den Augen und betrachtete den Jungen blinzelnd. »Du bist gewachsen.«
»Wir haben uns ja auch einige Jahre nicht mehr gesehen. Wie geht es Taiba?«
»Sie hat mir einen Sohn geschenkt«, sagte Relg mit beinahe staunender Stimme. »Einen ganz besonderen Sohn.«
»Das freut mich.«
»Als ich jünger und von meiner Heiligkeit überzeugt war, sprach UL in meiner Seele zu mir. Er
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