Malloreon 4 - Zauberin von Darshiva
ausschlüpft. Eigentlich bedauerlich. Gethel war einer der wenigen, der vor mir Angst hatte. Jedenfalls hat inzwischen sein geistesschwacher Sohn, Nathel, den Thron bestiegen. Ich kenne Nathel. Er hat die Mentalität eines Wurmes, aber er ist ein echter angarakanischer König. Erkundigt Euch doch, ob er vielleicht mit Euch nach Mallorea reisen möchte. Ihr dürftet zwar möglicherweise etwas Mühe haben, ihm zu erklären, wo Mallorea liegt, da er glaubt, daß die Welt flach ist, aber irgendwie werdet Ihr das schon schaffen, Agachak.« Urgit schnippte mit den Fingern, während er auf den vor Wut kochenden Hierarchen blickte. »Kehrt jetzt in Euren Tempel zurück und schneidet noch ein paar Grolims die Eingeweide heraus. Vielleicht gelingt es Euch sogar, die Feuer im Allerheiligsten wieder zum Brennen zu bringen. Und wenn es auch sonst nichts leisten sollte, so wird es wenigstens Eure Nerven beruhigen.«
Agachak stürmte aus dem Saal und schmetterte die Tür hinter sich zu.
Urgit krümmte sich vor Lachen und hämmerte auf die Lehnen seines Thrones.
»Meinst du nicht, daß du vielleicht ein wenig zu weit gegangen bist, mein Sohn?« fragte Lady Tamazin aus dem dämmrigen Alkoven, von dem aus sie unbemerkt gelauscht hatte.
»Möglich, Mutter«, gab er immer noch lachend zu, »aber es hat Spaß gemacht, findest du nicht?«
Sie hinkte ins Licht und lächelte ihn liebevoll an. »O ja, Urgit. Nur treib Agachak nicht zu sehr in die Enge. Er kann ein sehr gefährlicher Feind sein.«
»Ich habe viele Feinde, Mutter«, entgegnete Urgit und zupfte an seiner langen spitzen Nase, ohne sich dessen bewußt zu sein. »Die meisten Menschen auf der Welt hassen mich, aber ich habe gelernt, damit zu leben. Es ist nicht so, als ob ich mich für eine Wiederwahl aufstellen müßte, weißt du?«
Oskatat, der Seneschall mit dem düsterem Gesicht, trat ebenfalls aus dem Alkoven. »Was sollen wir nur mit Euch tun, Urgit? Was hat Belgarion Euch eigentlich gelehrt?«
»Er lehrte mich, König zu sein, Oskatat. Vielleicht läßt man nicht zu, daß ich es sehr lange bleibe, aber bei den Göttern, solange ich hier bin, werde ich König sein. Irgendwann bringen sie mich sowieso um, also möchte ich mich amüsieren, solange ich es noch kann!«
Seine Mutter seufzte, dann hob sie hilflos die Hände. »Man kann einfach nicht vernünftig mit ihm reden, Oskatat«, jammerte sie.
»Das befürchte ich auch, Lady Tamazin.« Der Grauhaarige nickte.
»Prinzessin Prala möchte mit dir sprechen«, sagte Tamazin zu ihrem Sohn.
»Ich stehe ihr zur sofortigen Verfügung«, versicherte ihr Urgit. »Nicht nur zur sofortigen, sondern zur ständigen, wenn ich die Bedingungen des Ehevertrags richtig verstehe.« »Sei lieb!« mahnte Tamazin. »Ja, Mutter.«
Prinzessin Prala aus dem Haus der Cthan stürmte durch eine Seitentür. Sie trug ein Reitkostüm, das aus einem wadenlangen schwarzen Rock bestand, einer weißen Satinbluse und polierten Stiefeln, deren Absätze auf den Marmorboden hämmerten. Ihr langes schwarzes Haar schwang auf ihrem Rücken hin und her, und ihre Augen funkelten. Sie hielt eine Schriftrolle in den Händen.
»Würdet Ihr mir behilflich sein, Lord Oskatat?« bat Lady Tamazin und streckte dem Seneschall eine Hand entgegen.
»Selbstverständlich, meine Lady.« Er bot Urgits Mutter den Arm mit liebevoller Fürsorge. Die beiden zogen sich zurück.
»Was ist los?« fragte Urgit seine zukünftige Gemahlin mißtrauisch.
»Störe ich Eure Majestät?« fragte Prala. Sie nahm sich nicht die Mühe, einen Knicks zu machen. Die Prinzessin hatte sich verändert. Sie war keine unterwürfige Frau mehr, wie es sich für eine Murgo schickte. Die Gesellschaft von Königin Ce'Nedra und der Markgräfin Liselle hatten sie verdorben, fand Urgit. Und der ungute Einfluß der Zauberin Polgara machte sich bei jeder Bewegung und Geste bemerkbar. Allerdings war sie jetzt absolut bezaubernd. Ihre schwarzen Augen blitzten, ihre zarte weiße Haut schien ihre Stimmung zu spiegeln, und das üppige schwarze Haar entwickelte fast ein Eigenleben, so, wie es über ihren Rücken wallte. Erstaunlicher weise fand Urgit, daß er sie sehr mochte.
»Du störst mich nie, Geliebte«, antwortete er auf ihre förmliche Frage und breitete die Arme aus.
»Hör damit auf!« fauchte sie. »Du benimmst dich wie dein Bruder!« »Das liegt in der Familie.«
»Hast du das hier eingefügt?« fragte sie scharf und schwenkte die Schriftrolle wie eine Waffe vor seiner Nase. »Habe ich was wo
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