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Manchmal muss es eben Mord sein

Manchmal muss es eben Mord sein

Titel: Manchmal muss es eben Mord sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frida Mey
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Geschmack zu lang. Als er ausstieg, stellte sie fest, dass er mindestens 1,95 Meter groß und muskulös war. Und einen knackigen Hintern hatte er obendrein. Na, der war mit Sicherheit kein Weichei und Warmduscher.
    Sie warf einen letzten Blick auf ihre Notizen. Dann war es auch schon Zeit für ihren Termin.
    Im Sozialzentrum roch es seltsam, wie in einer Kirche. Der schäbige Linoleumboden im Flur löste sich an einigen Stellen vom Untergrund. Alex hörte Musik, die sie an Schalmeien denken ließ – wobei ihr auffiel, dass sie gar nicht so genau wusste, was Schalmeien eigentlich waren. Sie würde Hubert fragen, der wusste das bestimmt.
    Sie folgte den sphärischen Klängen bis zu einer offenen Tür am Ende des Flurs. Sie klopfte und hörte ein melodiöses »Herein«. Das war unverkennbar die salbungsvolle Stimme des Therapeuten. Wie er es nur schaffte, sämtliche Klischees über seinen Berufsstand schon mit zwei kleinen Silben zu bestätigen? Ob man am Klang ihrer Stimme wohl auch erkannte, dass sie Polizistin war?
    Alex trat ins Zimmer – und wäre vor Überraschung fast wieder rückwärts hinausgegangen. Auf einem niedrigen Bänkchen, das im Vergleich zu seiner athletischen Figur wie aus der Puppenstube wirkte, saß der Fahrer des VW-Bussesund zog sich gerade Birkenstocksandalen an. So konnte man sich täuschen.
    »Herr Hünlein?«, fragte sie zögerlich.
    Er nickte, und damit war der letzte Zweifel ausgeräumt. Dann erhob er sich zu seiner vollen Größe, machte einen Schritt auf Alex zu und ergriff ihre Hand.
    Instinktiv wollte sie zurückweichen, doch da war schon die Tür. Dieser Mann hatte eine unglaubliche Präsenz und dominierte den kleinen Raum völlig. Die Schalmeien hatten sich zu einem Crescendo gesteigert. Alex wurde es warm.
    »Ich bin der Rüdiger«, sagte er und schüttelte ungewöhnlich lange ihre Hand. »Und du musst die Frau von der Polizei sein.«
    »Kommissarin Lichtenstein«, stellte Alex sich vor und fragte sich irritiert, ob dem Mann wohl das Gen für eine höfliche Anrede fehlte oder ob das bei Therapeuten so üblich war. Ohne ihre Hand loszulassen, führte Rüdiger Hünlein sie zu einer winzigen Sitzecke und drückte sie sanft auf einen lila Knautschsack. Himmel, auf so etwas hatte sie zuletzt als Teenager gesessen.
    Er selbst nahm auf einem großen grünen Ball Platz und begann damit zu kreisen. Sonst gab es keine Sitzgelegenheiten. Alex versuchte, sich möglichst gerade hinzusetzen, um den Größenunterschied wenigstens ein bisschen auszugleichen, scheiterte jedoch kläglich. Und die Schalmeien frohlockten.
    »Du musst dich entspannen, einfach loslassen, dann wird alles gut«, sagte Hünlein bedächtig, zog ein Haargummi aus der Hosentasche und band sich einen Pferdeschwanz. Nun kam sein attraktives Profil noch besser zur Geltung.
    Alex konnte keine bequeme Stellung finden und ließ sichschließlich einfach zurücksinken. Entspannt fühlte sie sich trotzdem nicht.
    »Herr Hünlein, ich bin wegen Jenny Lehmann hier. Wie ich schon am Telefon sagte, brauche ich für unsere Ermittlungen ein paar Hintergrundinformationen.«
    »Ach ja, die Jenny – unser liebes Blümchen. So eine zarte Seele. Sie ist verletzt, sehr verletzt. Das braucht seine Zeit. Sie muss lernen, auf ihre innere Stimme zu hören und sich im Sozialraum zu behaupten.«
    »Was meinen Sie mit Sozialraum?«, fragte Alex und hatte  das Bild des Aufenthaltsraums bei der Sekuranz vor Augen.
    Hünlein hob erstaunt die Augenbrauen. Wahrscheinlich klang die Frage in seinen Ohren absurd. Sollte er sich doch gefälligst allgemeinverständlich ausdrücken.
    »Der Sozialraum ist die Struktur eines Ortes, an dem Subjekte agieren und interagieren. Demgegenüber steht die persönliche Lebenswelt …«
    Alex unterbrach ihn, bevor er noch weiter dozieren konnte. Dieses Fachchinesisch brachte sie nicht weiter.
    »Kommen wir zurück zu Jenny Lehmann«, sagte sie. »Was hat sie Ihnen über ihre Arbeit erzählt?«
    »Nun, da gab es eine unglückliche Liebe zu einem älteren Mann in ihrer Firma. Daher rührt der eine Teil ihrer seelischen Verletzungen.«
    Hünlein machte eine Pause und sah Alex prüfend an. »Und du, woher stammen deine Verletzungen?«
    Abrupt verstummten die Schalmeien. Hünlein nahm ihre Hand, legte einen Stein hinein und schloss ihre Finger darum.
    »Das ist ein Rauchquarz. Er passt zu deiner Aura und gibt dir Energie. Fühlst du schon, wie sie fließt?«
    Alex versteifte sich. Der Mann sollte sie in Ruhe lassen. Es ging

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