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Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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südamerikanischen Guerillakriege überlebt hatte und nach New York zurückgekehrt war, ohne es seinen Söhnen zu sagen.
    Nikita saß wegen des Überfalls auf einen gepanzerten Geldtransporter im Gefängnis. Und ich war derart böse, dass das Gesetz mich nicht eingeholt hatte – noch nicht.
    Nachdem ich erfahren hatte, dass Tolstoy lebte und den Namen William Williams angenommen hatte, streckte ich ein paar Fühler aus, doch meine Bemühungen blieben bestenfalls halbherzig. Ich wusste nicht, ob ich meinen Vater küssen oder killen wollte, finden oder vergessen.
    Einen langen Moment war ich im Äther leidenschaftlicher Ambivalenz versunken. Tolstoy war der Joker in einem Satz Karten, die zu meinen Ungunsten gezinkt worden waren. Ich hasste ihn dafür, dass er existierte. Ich hasste ihn.
    Und dann war ich wieder im Port Authority Terminal, Sweet Lemon sah mich an und wartete auf eine Antwort.
    »Wer ist denn dieser Morgan?«, fragte ich, als ob ich einfach nur mit ihm dort stehen und nicht mein gesamtes trotziges Leben noch einmal durchleben würde.
    »Das ist meine Freundin, Morgan Lefevre. Sie kommt aus einer reichen Bostoner Familie. Die sind schon seit vor der Revolution hier.«
    »Genau wie unsere Familien höchstwahrscheinlich auch«, sagte ich, stets ein eifriger Schüler der Tiraden meines Vaters.
    »Aber diese Leute haben Papiere, die es beweisen.«
    »Hast du sie getroffen?«
    »Ich hab bei ihrer Tante in Concord, Massachusetts, übernachtet.«
    »Wissen sie Bescheid über dich?«
    »Was gibt es denn da zu wissen?«
    »Drei mir bekannte Verurteilungen wegen schwererStraftaten und mehr Kleindelikte, als ein Gelehrter zählen kann, zwölf Jahre im Bau. Und dann all die Sachen, bei denen du nicht erwischt worden bist.«
    »Ich bin jetzt ehrlich, LT .«
    »Du redest immer noch mit Luke«, wandte ich ein.
    »Da geht’s bloß um Informationen. Ich mach bei gar nix mehr mit.«
    Das musste ich ihm lassen: Egal wie viel Druck ich auf ihn ausübte, er lächelte weiterhin nonchalant.
    Aber der Beweis war erbracht, mit dem Umstand, dass unsere Sprache den Ton der Straße angenommen hatte. Wir waren beide knapp davor, den Anschein eines ehrlichen Lebens fallen zu lassen.
    »Und was machst du dann hier?«, fragte ich.
    »Wo?«
    »Hier im Port Authority Terminal.« Mit einer vagen Handbewegung deutete ich auf die unfassbar hohe Decke der Haupthalle.
    »Was ist damit?«
    »Hast du hier nicht jahrelang die Nummer mit den vertauschten Taschen abgezogen? Und beobachten uns die Bullen nicht genau deswegen?«
    »Sie beobachten dich, McGill. Sie wissen, dass ich bloß hier bin, um Werbung für die NYLT zu machen.«
    »Die was?«
    Lemon griff in sein Jackett und zog eine professionell gestaltete, dreifach gefaltete Broschüre heraus. Auf der Vorderseite war das Bild einer Alltagsszene auf dem Broadway in Höhe des Times Square abgebildet. Hier und da waren berühmte Schriftsteller in die Menschenmenge montiert. Ich erkannte Mark Twain und Langston Hughes. Aber es gab auch noch andere, meistens in Schwarzweiß, die zwischen den vierfarbigen Touristen verteilt waren. Über dem Bild stand in Reliefschrift: THE NEW YORK LITERARY TOU R.
    »Wir fahren von Djuna Barnes’ alter Wohnung am Patchin Place im Village zu Langstons Wohnhaus in Harlem. Wir decken die ganze City ab, sprechen über Dichter, Essayisten, Dramatiker und Romanciers. Es dauert drei volle Tage, alles zu sehen. Wir decken sämtliche fünf Boroughs ab. Und nicht nur literarisch, wir liefern die komplette Geschichte New Yorks – Vergangenheit und Gegenwart.«
    »Und das machst alles du?«, fragte ich, schließlich doch beeindruckt.
    »Nein, nicht ich alleine, LT «, antwortete Lemon mit seinem patentierten Grinsen. »Morgan und ihre Ex-Lover Lucian und Cindy leiten die Touren. Ich fahre dienstags bis donnerstags den Bus und verteile an meinen freien Tagen die Broschüren. Außerdem mache ich Reklame für die Lesungen, die sie veranstalten.«
    »Lucian und Cindy?«
    »Morgan ist das, was man, was man … bisexuell nennt. Sie liebt, wen sie liebt, egal wen oder was.«
    »Verdammt. Lemon. Wie lange bist du aus dem Knast raus?«
    »Ich bin seit drei Jahren nicht mehr verhaftet worden. Weißt du, Morgan hat im Gefängnis einen Lyrik-Kurs angeboten, und ich hab ihn belegt, weil alle gesagt haben, wie hübsch sie ist. Lesen konnte ich schon, und sie hat dann die Sache mit dem literarischen Kanal entdeckt. Am Tag meiner Entlassung bin ich zu ihr gegangen, undseit der Nacht sind

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