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Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Manhattan Fever: Ein Leonid-McGill-Roman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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Fotos von ihm betrachtete, fragte ich mich, wie er es geschafft hatte, so tief abzutauchen.
    Nachdem ich eine Viertelstunde über dieses Rätsel herumgegrübelt hatte, hetzte ich Bugs Suchmaschine auf Minnie Lesser. Sie war etwa zur selben Zeit wie Harry von der Bildfläche verschwunden. Das Ganze wurde immer seltsamer.
    Wenn ich nicht sicher gewusst hätte, dass ich die Ursache für Zellas Inhaftierung gewesen war, hätte ich angefangen, ihren Freund und sein Mädchen zu verdächtigen.
    Eine Durchsicht der Informationen, die Bugs Suchmaschine ausgespuckt hatte, lieferte auch keine Anhaltspunkte, wie oder wo ich die Suche nach den Verschwundenen angehen sollte. Also nahm ich den Hörer meines Festnetztelefons ab und drückte auf einen Kurzwahlknopf. Sie nahm nach dem fünften Klingeln ab.
    »Guten Morgen, Mr. McGill«, sagte Zephyra Ximenez, meine selbsternannte Persönliche Telefon- und Computer-Assistentin.
    »Z.«
    »Haben Sie mit Charles gesprochen?« Das war Bugs Taufname.
    »Seit gut einer Woche nicht mehr.«
    »Haben Sie sich mit ihm zum Abendessen getroffen?«
    »Nein, nur im Boxstudio. Er ist mittlerweile ziemlich gut in Form.«
    »Ja … ist er.«
    Sosehr ich mich über Zephyras Interesse an Bugs Aktivitäten wunderte, ich hatte wichtigere Probleme.
    »Ich schick dir gleich zwei Dateien zu Personen, über die ich nichts aus den vergangenen neun Jahren gefunden habe«, sagte ich. »Das ist äußerst merkwürdig.«
    »Charles’ Programme haben nichts zutage gefördert?«
    »Nicht einen Krümel.«
    »Wow. Glauben Sie, dass sie tot sein könnten?«
    »Wenn, hat sie keiner begraben – zumindest nicht legal. Und es hat sie auch niemand als vermisst gemeldet.«
    »Ich mach mich gleich an die Arbeit. Und wenn Sie Charles sehen, grüßen Sie ihn von mir.«
    »Wird gemacht.«

14
    Ich legte gerade auf, als Twill mein Büro betrat. Der schlanke attraktive junge Mann trug eine Seidenhose und ein T-Shirt, beides in schwarz, dazu eine offene zimtfarbene kragenlose Jacke mit Messingdruckknöpfen. Sein einziger Makel war eine kleine Narbe am Kinn – Überbleibsel eines Sturzes als Kleinkind. Seine Perfektion ähnelte stark der von Achilles.
    Seine Haut war dunkler als meine. Es schien, als hätte Katrinas DNA überhaupt keine Spur hinterlassen, während sein afrikanischer Vater seine eleganten Gesichtszüge und genetische Historie komplett geprägt hatte.
    »Hey, Pops«, sagte er und lächelte mich an. Twill lächelte meistens. In der Regel hatte er alles unter Kontrolle, zumindest glaubte er das.
    Ich hatte ihn als Detektiv-Lehrling aufgenommen, weil er in seinen Jugendjahren schon so viel Ärger bekommen hatte, dass ich fürchtete, er könnte zu weit gehen und im Gefängnis landen.
    »Wie geht’s, mein Sohn?«
    »Ich langweile mich«, sagte er und ließ sich auf einem der chrom- und kobaltfarbenen Plastikstühle vor meinem Schreibtisch nieder. »Weißt du, deine Überwachungsbänder abhören und die alten Akten lesen ist schon okay, aber ich muss irgendwas Richtiges tun.«
    »Ich weiß, Junge. Ich weiß. Es ist bloß so, dass man von den Sachen, an denen ich gerade arbeite, nichts lernen kann. Oder es sind sehr persönliche Aufträge, dieich wirklich alleine erledigen muss. Hältst du noch ein paar Wochen durch?«
    »Es geht doch seit Monaten so, LT . Und du weißt, dass ich schon in der Schule Probleme hatte, jeden Tag still an meinem Pult zu sitzen.«
    »Apropos, hast du dir den Test für den externen Highschool-Abschluss angesehen?«
    »Mardi und ich setzen uns jeden Tag nach dem Mittagessen zwei Stunden dran, wenn sie nicht zu beschäftigt ist. Wahrscheinlich mache ich die Prüfung im September.«
    Seit seinem fünften Lebensjahr, hatte er nie ein Versprechen abgegeben, das er nicht gehalten hat.
    »Ich besorg dir einen Job«, sagte ich.
    Für einen Moment wurde Twills permanentes Lächeln blasser, doch dann grinste er wieder breit.
    »Mach dir deswegen keine Sorgen, Pops. Ich weiß, dass du dein Bestes versuchst. Und wer weiß? Wenn du mich nicht angeheuert hättest, würd ich vielleicht schon in irgendeinem Gefängnis sitzen – oder schlimmer.«
    Im Gegensatz zu Achilles litt Twill (zumindest seit seinem sechzehnten Geburtstag) weder an falschem Stolz, noch hing er unrealistisch optimistischen Erwartungen nach. Er war tough und clever. Aber vor allem sah er die Welt, wie sie war. Ich habe ihn stets ohne jede Einschränkung geliebt.
    »Und wie geht’s bei dir so?«, fragte Twill mit einem seltsamen

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