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Manhattan

Manhattan

Titel: Manhattan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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eine Fabrik für Personalüberwachung. Die Lebensgeschichten anderer Menschen wurden hier verarbeitet und anschließend mit einem von drei Etiketten versehen wieder ausgespien: ein grünes Fähnchen für »sau
ber«, ein gelbes Fähnchen für »fraglich« und ein rotes für »Alarm«.
    »Hier sollte es ein schwarzes Fähnchen sein«, hatte Dietz zu Walter gesagt, »der arme Kerl ist nämlich tot.«
    Walter erfuhr auch, dass die Agentur von den meisten ihrer Unternehmenskunden fallweise bezahlt wurde, nämlich pro Bewerber, und nicht nach Stunden. Folglich war es für die »Rentabilität« (Forbes' jr. Lieblingswort) wichtig, dass die Maschine schnell und reibungslos lief.
    »Es funktioniert so«, sagte Forbes jr., der seine Pfeife mit zusammengepressten Kiefern festhielt, »die Akten gehen erst an ›Aufnahme und Zuteilung‹ – das macht der alte Charlie DeWitt –, wo sie mit ›normale‹ oder ›besondere Aufmerksamkeit‹ klassifiziert und dann einem Detektiv zugeteilt werden. Die Besonderen haben einen blauen Aufkleber auf dem Aktendeckel. Ein besonderer Fall liegt immer dann vor, wenn leitende Angestellte eingestellt oder befördert werden oder es sich um Personen handelt, die zu den vertraulichen Informationen oder Geheimnissen des jeweiligen Unternehmens Zugang haben werden.
    Wir müssen eine Standardbewerbung billiger abwickeln, als es ihre eigenen Personalabteilungen könnten. Machen Sie sich also wegen dieser Sachen nicht verrückt. Prüfen Sie nur die Adresse, rufen Sie beim letzten Arbeitgeber und vielleicht noch bei ein oder zwei Referenzen an. Wenn der Bewerber dumm genug ist, einen Strafregistereintrag zuzugeben, prüfen Sie ihn nach. Diebstahl, Drogen oder Sexualdelikte bekommen ein rotes Fähnchen.
    Es liegt auf der Hand, dass die besonderen Fälle auch besondere Aufmerksamkeit erhalten. Diese Überprüfungen stellen wir bei den Kunden stundenweise in Rechnung, also seien Sie gründlich. Ein bisschen Beinarbeit kann nicht schaden. Über
prüfen Sie die Finanzen. Wenn die fragliche Person über ihre Verhältnisse lebt, möchten wir wissen, woher das Geld kommt. Prüfen Sie die politische Einstellung und die private Lebensführung. Keine Kommunisten, keine Homos. Unsere Kunden wollen wissen, wem sie die Schlüssel zum Waschraum für leitende Angestellte geben, falls Sie wissen, was ich meine.
    Wenn Sie mit einer Überprüfung fertig sind, versehen Sie sie mit einem Farbcode. Bei den normalen Bewerbern genügt das. Die besonderen Fälle erfordern einen zusätzlichen Bericht, besonders dann, wenn Sie ihn mit einem roten Fähnchen versehen wollen.
    Büroboten gehen zweimal am Tag herum – um zehn und um drei –, um die fertiggestellten Akten aus Ihrem Ausgangskorb zu holen. Nur so kommen Ihre Akten wieder ins System. Übergeben Sie sie also nicht persönlich. Kommen Sie auch nicht zu mir, um darüber zu diskutieren oder so, denn dann geht die Rentabilität zum Teufel. Schreiben Sie einfach gute Berichte und füttern Sie die Maschine damit.«
    An diesem Morgen des Heiligen Abends tippte Walter zwei besondere Berichte über harmlose künftige leitende Angestellte, deren Lebensführung den anerkannten Maßstäben farbloser Konformität entsprachen, und legte sie in den Ausgangskorb. Inzwischen war es fast neun. Er zündete sich eine Zigarette an, als er aus dem Fenster blickte und sah, wie in 16 C das Licht anging. Er winkte hinüber, formte mit dem Mund ein »Fröhliche Weihnachten« und machte sich dann über den Aktenstapel im Eingangskorb her.
    Dort lagen vier neue Akten, die DeWitts »Fledermäuse« von der Nachtschicht hingelegt hatten.
    »Wieso ›Fledermäuse‹?«, hatte Walter Dietz gefragt.
    »Weil sie nachts herumfliegen und Scheiße auf dich fallen lassen«, hatte Dietz erklärt.
    Die erste Akte war eine normale Bewerbung für einen Vorarbeiter-Job in einem Kunststoff-Unternehmen. Walter rief die Hauswirtin an und fand heraus, dass der Mann seine Miete pünktlich zahlte und weder schwer trank noch seine Frau verprügelte. Dann rief er die erste Referenz an. Wie sich herausstellte, war es der Football-Coach des Bewerbers von der High School. Walter entschuldigte sich, weil er ihn weckte, und erfuhr, dass der Bewerber Teamgeist besaß und ein erstklassiger Abwehrspieler war. Walter beendete das Gespräch mit einer Plauderei über das Spiel der Giants gegen die Colts am Sonntag, klebte ein grünes Fähnchen an die Akte und legte sie in den Ausgangskorb. Das Ganze hatte siebzehn Minuten

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