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Manhattan

Manhattan

Titel: Manhattan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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gedauert. Ein hübscher Gewinn für Forbes and Forbes, dachte Walter. Er beeilte sich auch, weil er sich noch vor Mittag die Howard-Akte vornehmen wollte.
    Die beiden nächsten Akten, beides »Standardfälle«, hatte er ähnlich schnell bewältigt, als Dietz in der Tür erschien.
    »Du bist aber früh dran«, bemerkte Walter. Es war erst 10.15 Uhr, und Dietz ließ sich normalerweise nur selten vor elf im Büro blicken.
    »Ich habe eine Matinee«, erklärte Dietz.
    In Walters Augen war Bill Dietz das, was Huckleberry Finn geworden wäre, wenn er in New York aufgewachsen wäre und bei der Polizei schon früh seinen Abschied genommen hätte. Bill Dietz war ein schlaksiger Rotschopf mit einem ewigen Grinsen im Gesicht. Freunde sagten, er habe das gleiche Grinsen im Gesicht gehabt, als er irgendeinen unbedeutenden Mafioso auf den Rücksitz seines Streifenwagens gestoßen und ihm mit der Pistole eins übergebraten hatte. Damit hatte er sichergestellt, dass er nie einen höheren Rang erreichen würde als Sergeant. Eine Woche später gab Dietz seine Dienstmarke ab und fing bei Forbes and Forbes an.
    An diesem Morgen trug Dietz außer seinem Grinsen eine karierte Sportjacke mit einem pinkfarbenen Hemd und einer schwarzen Krawatte. Sein rotes Haar war mit Haaröl glatt zurückgekämmt, und am Hinterkopf sah man die Andeutung eines Entenschwanzes. Vielleicht war es ein gemeinsamer Sinn für Frisuren, der ihre Freundschaft befördert hatte – Walter und Bill waren so gut wie die einzigen Männer bei Forbes and Forbes, die sich weigerten, den üblichen Bürstenhaarschnitt zu tragen.
    »Dieses Hemd …«, sagte Walter.
    »Der Schnitt ist gerade modern«, entgegnete Dietz.
    »Leider.«
    »Wie sieht's im Reptilienfonds aus?«, wollte Dietz wissen. »Ich kenne im ›Easy Lay‹ einen Hausdetektiv, der den Weihnachtsmann erwartet, nur weil Weihnachten ist. Der geldgierige Scheißkerl will jedes Mal fünf Dollar, wenn er mich rauffahren lässt. Ich hätte nicht übel Lust, einen Kumpel auf der Wache anzurufen, damit er wegen Parkens in der zweiten Reihe eine Abreibung kriegt.«
    »Easy Lay« war Bills Spitzname für das Hotel Elysee, das für den lebhaften Zustrom von Nachmittagsgästen berühmt war.
    »Der Fonds ist flüssig«, erwiderte Walter. Er griff in die unterste linke Schublade und zog einen braunen Umschlag voller Bargeld hervor. »Obwohl er es durchaus vertragen könnte, wieder ein bisschen aufgefüllt zu werden.«
    Walter und Bill hatten den Reptilienfonds mit Hilfe gefälschter Ausgabenbelege gegründet. Er sollte sicherstellen, dass jederzeit Bargeld für Ermittlungen zur Verfügung stand. Mit anderen Worten, er war für Bestechungen gedacht.
    In den vorgedruckten Spesenberichten gab es zwar eine Ausgabenkategorie für »Sonderzuwendungen«, doch Forbes jr. sah es nur höchst ungern, wenn in dieser Rubrik zu hohe Beträ
ge auftauchten. Er war der Meinung, dass Detektive ermitteln und ihre Informationen nicht einfach kaufen sollten. Die Detektive waren dagegen der Meinung, dass Forbes jr. eine etwas naive Weltsicht hatte.
    Es waren nicht nur Berufsinformanten, wie Walter wusste. Es waren Hotelportiers, Pagen, Zimmerkellner, Hausmeister, Bankkassierer, Hauswirte, Hauswirtinnen, Poliere auf dem Bau, Buchmacher, Wetteinnehmer, Prostituierte, Cops und Türsteher, um nur einige zu nennen. Alle mit dem Wissen des New Yorkers geboren, dass Informationen einen Marktwert besaßen.
    Und man brauchte Bargeld, um auf diesem besonderen Markt tätig zu sein. Walter überreichte Dietz den Umschlag.
    »Warum lässt du dich nicht in die Ehe-Abteilung versetzen?«, fragte Dietz. Er entnahm dem Umschlag einen Fünfdollarschein. »Da gibt es was zu lachen, und du musst nicht ständig hinter einem Schreibtisch sitzen.«
    »Ich soll meine bunten Aufkleber verlassen?«, fragte Walter.
    »Wenn du die Sachen sehen könntest, die ich zu sehen bekomme …«, sagte Dietz mit einem lüsternen Seitenblick und gab Walter den Umschlag zurück.
    Ich habe Dinge gesehen, die du nie zu sehen bekommen wirst, dachte Walter. Immer und immer wieder. Ich habe sogar genug davon gesehen. Besten Dank.
    »… und miterleben könntest, was ich miterlebe …«
    »Ach, weißt du, Bill«, begann Walter, »du bist ein robuster Mann, der mit dieser Art sexueller Stimulation umgehen kann. Ich dagegen bin der geborene Bürohengst.«
    »Du bist ja ein richtiger Angsthase.«
    »Sag ich doch.«
    Walter wusste, dass Dietz' sexuelles Draufgängertum nur eine Tarnung war,

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