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Manhattan

Manhattan

Titel: Manhattan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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Plötzlich versperrt einem jemand unabsichtlich den Weg, mögliche Angreifer kommen
einem entgegen, und so muss man geschickt, schlau und geschmeidig sein, und ich bin all das. Ich habe möglicherweise nicht genug auf die Waage gebracht, um bei Loomis anzufangen, und auch nicht das Talent besessen, für Yale zu spielen, bin aber trotzdem der König der Bürgersteige.
    Michael Howard war allerdings auch keine Niete, wie Walter bemerkte, als er sich abmühte, mit ihm Schritt zu halten. Was ihm an Stil fehlt, macht er durch seine Schritte wieder wett, der athletische Scheißkerl.
    Walter hatte gegen Leute wie Michael Howard Tennis gespielt, hochgewachsene, muskulöse Typen ohne Finesse, aber mit großer Reichweite. Grundlinienspieler mit wunderschönen Aufschlägen und sauberen Returns. Wenn man ihnen aber einen Topspin vor die Füße knallt, fällt ihr Spiel auseinander – die geschickte Beinarbeit beherrschen sie nicht.
    Bei Michael Howard ging es heute nur unbeirrt vorwärts. Kein Stehenbleiben vor einem Schaufenster, kein Auge für einen leeren Restauranttisch, kein Seitenblick auf die eleganten Frauen. Michael Howard hatte ein Ziel auf der geraden Linie, der kürzesten Verbindung zweier Punkte; eine einfache Strategie auf dem Straßennetz von Midtown Manhattan.
    Ist es die Zielstrebigkeit des Unschuldigen oder die Hast des Schuldigen?, fragte sich Walter, dem die Volksweisheit durch den Kopf schoss, dass der Weihnachtsabend für die Ehefrauen da ist und der Weihnachtsnachmittag für die Geliebten. Oder mit den Worten von Dietz aus der Abteilung für Eheangelegenheiten: »Um Weihnachten herum flitze ich mehr durch die Gegend als die Rockettes.«
    Aus diesem Grund hatte Walter es sich auch so angelegen sein lassen, schon lange vor der Mittagszeit in der Halle des Midtown gelegenen Hauptsitzes von American Electronics herumzulungern.
    Es hatte wie immer in den Akten gestanden. Detektivarbeit findet zu neunzig Prozent am Schreibtisch statt, die mühselige, peinlich genaue, ausführliche Prüfung von Dokumenten. Und genau dort, in Howards Dokumenten, in der auf den jüngsten Stand gebrachten Zusammenfassung, fand sich der erste kleine Riss in dem sonst so makellosen Gewebe.
    Es war nicht der Umstand, dass Howard Mitglied in einem Fitnessclub war. Das war zwar ein wenig ungewöhnlich, jedoch nicht verdächtig, und überdies war Howard ganz gewiss ein Sportlertyp. Was Walter auffiel, war der Standort des Fitnessclubs. Das kleine, etwas obskure Gramercy Gym lag Ecke 23. und Park, und Walter hatte sich gefragt, wie ein vielbeschäftigter, ehrgeiziger leitender Angestellter etliche bessere, prestigeträchtigere und näher gelegene Clubs außer Acht ließ, wenn er sich während der Mittagspause nur kurz mal fit machen wollte.
    Und als Howard ihn auf der Fifth Avenue in einem stürmischen Tempo in Richtung Gramercy führte, schoss Walter der Gedanke durch den Kopf, dass niemand, nicht einmal der fanatischste Bodybuilder, an Heiligabend eine Stunde opferte, um Gewichte zu stemmen. Folglich war Walter nicht überrascht, als Howard in die 23. einbog und direkt am Gramercy Gym vorbeiging.
    Und jetzt sind wir auf dem offenen Feld, dachte Walter, als sie ein Wohnviertel abseits der belebten Hauptstraße erreichten, und ließ den Abstand zwischen sich und seiner Zielperson etwas größer werden. Jetzt wird es schwierig, ihn zu beschatten, denn wenn Howards Ziel nicht koscher ist, wird er sich umsehen, bevor er hineingeht, dachte Walter, und ich darf mich keinesfalls kalt erwischen lassen.
    Als Howard sich auf der Lexington nach Süden wandte, ging Walter folglich auf die Ostseite der Straße hinüber, bevor
er in Richtung Downtown weiterging. Er stellte sich vor, parallel zu seiner Zielperson weitergehen zu können, zumindest zwei Straßenblocks, bis der Gramercy Park ihm das Blickfeld versperren würde.
    Der Park wird ein Problem sein, dachte Walter. Wenn Howard sich in die Büsche schlagen will, wird er es genau dort tun. Wenn er einmal herumgeht und dann wieder zurück, muss der Verfolger sich entweder zurückziehen oder sich festnageln lassen. Also, triff eine Entscheidung. Geh zum Südende und bleib dort, selbst wenn er wieder in Richtung Uptown Manhattan zurückgeht. Lass ihn gehen und warte auf einen anderen Tag.
    Beruhige dich, sagte sich Walter. Dein Mann ist Amateur, vielleicht ein Geschäftsmann, der einen Deal wittert, aber kein Profi, der sein Handwerk versteht. Vielleicht ist er auch nur zu einem romantischen

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