Mann mit Anhang
uns vorgestern zugegangenen Aufstellung ist
er aufgeführt.«
Ronald neigte sich mit einem
verbindlichen Lächeln Jeannette zu und wies mit beiden Händen auf sie, wie ein Dirigent,
der seinen ersten Solisten herausstellt. »Weil Frau Bonnard sich erst vor ein
paar Tagen entschlossen hat, dieses ihr unantastbares Eigentum (die Beteiligung
lautet auf ihren Namen und ist mit ihrem eigenen Geld bewerkstelligt worden) in
den allgemeinen Topf der Erbschaft zu werfen. Sie möchte um jeden Preis
vermeiden, daß irgend jemand durch ihren verstorbenen Gatten geschädigt wird.
Ich glaube, daß die Beteiligung in ganz kurzer Zeit ein Vielfaches der Einlage
wert ist. Damit, meine Herren, können Ihre Forderungen befriedigt werden.«
Die Herren steckten ihre
Notizblocks ein und zogen sich ins Nebenzimmer zu einer Beratung zurück. Als
der letzte gegangen war, wandte Jeannette sich an Herrn Gabriel. »Wie werden
sie entscheiden?«
Gabriel sprach ein fehlerfreies
Englisch. »Sie werden ganz mäuschenstill warten, wieviel der Bohrturm spuckt.«
Er holte aus der Tasche seines Jacketts eine silberne Tabatiere, der er ein
Pfefferminz entnahm. Er rauchte nicht. »Das war aber wirklich ein Geschenk des
Himmels, dieses Öl.«
»Auf den Knien werden sie Sie
bitten, die Beteiligung bei der New Ibero Oil Company stehen zu lassen«,
knurrte Gabriel vor sich hin. Es kam genauso, wie er es prophezeit hatte.
Ronald gelangte nahezu reibungslos zu einem Abkommen, in dem ihm die Gläubiger
ihr volles Vertrauen aussprachen, ihn und Herrn Gabriel mit der
treuhänderischen Verwaltung der Erbmasse beauftragten und ihre Forderungen auf
unbestimmte Zeit zurückstellten. Sie rochen das Öl, sie wollten mit ihren
Profit haben und beäugten bewundernd und ungläubig zugleich Jeannette, die sich
den guten Namen ihres Mannes ein Vermögen kosten heß.
Als Ronald und Herr Gabriel
sich verabschiedeten, sprach man noch über Ronalds Abreise. Es galt viele
zeitraubende Geschäfte abzuwickeln, die Ronalds Anwesenheit verlangten. Das
Haus, für das sich mehrere Interessenten gemeldet hatten, mußte verkauft
werden, die tatsächlichen Besitzverhältnisse, was die Einrichtungsgegenstände
anging, mußten entwirrt werden. Auch mit den Finanzbehörden waren noch langwierige
Verhandlungen zu führen.
Ronald mußte mindestens noch
zwei Wochen in Rio bleiben. Er stellte überrascht fest, wie gelassen er, der
Gewohnheits- und Pflichtmensch Gutting, das Ungewohnte hinnahm. Nichts drängte
ihn weg von hier, wo er, in seinem Hotelzimmer aus dem Schlaf erwachend,
täglich als erstes nach dem Telefonhörer griff und Jeannettes Nummer wählte.
»Guten Morgen, Jeannette. Du
mußt jetzt leider aufstehen, liebste, damit du mit dem Packen fertig wirst.«
»Guten Morgen, Roni. Ich packe
jeden Tag acht Stunden. Ist das nicht genug? Hast du von mir geträumt?«
»Ja. Ich habe geträumt, wir
hätten Ibo miteinander getanzt.«
»Ibo? Was ist das?«
»Ach, so ein Tanz eben. Kommt
aus Haiti. Was für junge Leute.«
»Roni, jetzt hör mal gut zu —«
»Gib dir keine Mühe,
Jeannette.« Er legte sich behaglich zurück, den Hörer auf das kühle, feine
Leinen des Kopfkissens gebettet. »Ich weiß, was du sagen willst. Wir seien das
lächerlichste Liebespaar auf Erden. Aber ich möchte solche Sachen gar nicht
hören. Ich nehme uns als Liebespaar sehr ernst, verstehst du?«
»In fünf Tagen geht unsere
Maschine. Es wird sich herumsprechen, wann wir in Madrid ankommen, und sie
werden Abordnungen auf den Flugplatz schicken, die uns auspfeifen.«
Er betrachtete den
Telefonhörer, aus dem ihre Stimme kam, stirnrunzelnd. Dann zog er die Luft ein
und schloß die Augen. »Sag das nicht. Ausgepfiffen werden nur die Menschen, die
verlieren. Wir gewinnen. Endlich!«
Jaime, der Mann, der Ronalds
Wagen in Verwahrung genommen hatte, stand am Flugplatz von Madrid und erwartete
Ronald. Als er ihn nicht allein, sondern Arm in Arm mit einer Dame kommen sah,
verzog sich sein Gesicht zu einem breiten Grinsen.
Ronalds Wagen, den er draußen
geparkt hatte, funkelte. Jaime hatte es sich nicht nehmen lassen, ihn persönlich
zu waschen und zu polieren. Ein blühender Zweig Oleander steckte zwischen
Windschutzscheibe und Aschenbecher. Er reichte ihn mit einer graziösen
Verbeugung Jeannette. »Ich hatte keine Ahnung, Señora, daß Sie kommen würden,
sonst hätte ich einen ganzen Strauß mitgebracht.«
Ronald fühlte sich stark und
glücklich, als er sein Steuerrad wieder zwischen den Fingern
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